1704 - Teuflische Abrechnung
es nicht geschafft, ihn dazu zu bringen. Die Gründe waren mir nicht klar, ich nahm sie aber als positiv hin.
Wir parkten dort, wo unser Auto schon mal gestanden hatte, und stiegen aus. Schneeflocken legten sich auf unsere Gesichter und schmolzen sofort. Sie blieben als Tropfen auf der Haut liegen, was uns nicht weiter störte.
Dafür gab es ein anderes Problem. Wir kannten den Zahlencode nicht, um in das Haus zu gelangen. Wahrscheinlich mussten wir gegen die Tür donnern, aber diesmal hatte das Schicksal mit uns ein Einsehen, denn die Tür wurde von innen geöffnet.
Mario stand auf der Schwelle. »Also doch.« Er lachte. »Ich habe mich nicht getäuscht. Als ich aus dem Fenster schaute, habe ich den Wagen gesehen.«
»Ja«, sagte ich, »wir sind wieder da.« Ich drängte mich an Mario vorbei und betrat das Haus. Dort stellte ich die Frage, die mir auf dem Herzen lag. »Wo finden wir den Professor?«
Mario hob die Schultern. »Ich habe ihn seit Ihrer Abfahrt nur kurz gesehen und denke, dass er sich noch in seinem Büro aufhält. Gegangen ist er jedenfalls nicht.«
»Danke.«
Wir schoben uns an ihm vorbei. Den Weg kannten wir, und Mario schloss sich uns an.
Ich sprach Tanner an, der neben mir ging. »Wie ist dein Gefühl?«
»Nicht gut.«
»Geht das genauer?«
»Nein, noch nicht. In mir steckt eine starke Unruhe. Ich weiß nur nicht, ob das an mir liegt oder an etwas anderem.«
»Hast du wieder Kontakt?«
»Nein, im Moment nicht. Und ich kann auch liebend gern darauf verzichten.«
Das war nachvollziehbar. Zum Glück war es in der Klinik ruhig. Wir hörten keine weiteren Geräusche, die uns abgelenkt hätten. Auch ich war inzwischen davon überzeugt, dass wir genau das Richtige taten. Aber wir waren erst auf dem Weg. Bis zum Erfolg war es noch ein weites Stück.
Wir brauchten nicht lange, um das uns bekannte Büro zu erreichen. Die Tür war geschlossen, und Tanner öffnete sie, ohne zuvor anzuklopfen.
Mario hatte sich geirrt. Sein Chef befand sich nicht im Büro. Es war leer, und wir wussten nicht, ob wir es als ein gutes oder schlechtes Omen ansehen sollten.
Bevor wir etwas fragen konnten, sagte Mario: »Gegangen ist er nicht, das kann ich beschwören. Wäre es der Fall gewesen, hätte er sich mit mir in Verbindung gesetzt. Das ist so zwischen uns beiden abgesprochen.«
Darauf gab keiner von uns eine Antwort. Wir dachten nach, und bevor Suko oder ich eine Bemerkung machen konnten, übernahm Tanner das Wort. Er stand in der Mitte des kleinen Büros, ohne sich zu bewegen. Seine Augen waren verengt. Er machte den Eindruck eines Menschen, der über etwas nachdachte.
»Sie waren hier!«
Suko fragte nach. »Die vier Geister?«
»Ja!«
Mario, der an der Tür stand, meldete sich. »Ehrlich, ich habe nichts gesehen.«
»Das ist wohl klar«, sagte ich und wandte mich wieder an den Chiefinspektor. Ich wollte ihn etwas fragen, ließ es aber bleiben, als ich seine angespannte Haltung sah. Er stand zwar zwischen uns, wirkte jedoch, als ob er ganz woanders wäre.
Er hatte sich zur Tür umgedreht. Seine Hände waren zu Fäusten geballt, und mit leiser Stimme gab er schließlich einen Kommentar ab.
»Ich weiß, dass er das Haus nicht verlassen hat. Sie sind alle noch da – alle.«
»Und wo?«
Er schaute mich an. »Die Geister haben nicht aufgegeben. Sie wollen noch immer seinen Tod, das weiß ich genau. Wir müssen zu ihm.«
Einen Namen musste uns Tanner nicht sagen. Jetzt ging es um den Killer Larkin, und es war durchaus möglich, dass die andere Seite einen Ersatz für Tanner gefunden hatte.
Lange blieben wir nicht mehr im Büro. Wir verständigten uns mit Blicken und waren schon Sekunden später unterwegs …
***
Wer von seinen Mitarbeitern Professor Warwick jetzt gesehen hätte, der hätte ihn zwar erkannt, hätte sich aber über sein Verhalten sehr gewundert, denn er bewegte sich nicht mehr normal durch das Haus, sondern schritt steif wie eine Holzfigur, die an irgendwelchen Fäden hing. Auch der Ausdruck in seinem Gesicht hatte sich verändert. Seine Züge wirkten eingefroren, und nicht einmal die Augen bewegten sich. Alles an ihm war starr.
Man konnte ihn als ein willenloses Geschöpf ansehen, das seinen Weg ging, der ihm vorgeschrieben war. Er stierte nach vorn, und seine rechte Hand hielt den mit dünnen Leder bezogenen Griff des Brieföffners umklammert.
Warwick war bereit, zum Mörder zu werden.
Und er war nicht allein, auch wenn sich seine Begleiter zurückhielten. Ihre Stimmen
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