1708 - Geheimsache Gender
Es war ein glitzerndes, undefinierbares Etwas gewesen, wie ein kleines Trümmerstück von etwas Größerem, wirklich und wahrhaftig direkt aus dem Himmel.
Vielleicht ein abgestürzter Wettersatellit? Oder in großer Höhe war ein Gleiter explodiert. Solche Dinge passierten manchmal. Nur nicht gerade über der Garsten-Farm.
Er und die Angestellten rotteten sich in sicherer Entfernung vom Krater zusammen. Aus dem Haus kamen Candeye und die Kinder. Der Collie hatte die Flucht ergriffen.
„Pettar, was war das?"
„Ich hab' keine Ahnung, Candeye." Er warf ihr einen flüchtigen, besorgten Blick zu. Sie war eine sehr autoritäre, etwas füllige Frau mit dunklen Haaren und einem breiten Gesicht. Es war ihm nicht recht, daß sie herauskam, aber er konnte sie schlecht wieder ins Haus schicken.
„Mir ist schlecht, Pettar", klagte sie. Merkwürdig.
Warum sagte sie das? Gerade jetzt? Einer der Angestellten, ein vierschrötiger Kerl namens Balbo, behauptete: „Mir geht's auch nicht gut.
Was ist da bloß los?"
Er schaute den anderen voller Mißtrauen an. Gerade Balbo war es zuzutrauen, daß er diesen Meteor nur ausnutzte, um sich vor der Arbeit zu drücken. Für plötzliche Übelkeit war er zu robust gebaut.
„Das ist nichts als Unsinn", stellte Pettar mit lauter Stimme fest.
Nach einer Weile war er sicher, daß das Ding vom Himmel nicht mehr explodieren würde. „Ich sehe mir das gute Stück mal genauer an."
Er schob sich langsam, geradezu schrittchenweise an den Krater heran. In seinem Inneren erwachte unerklärliche Nervosität.
Als ob mir übel würde ... Kaum noch Kraft in den Beinen. Weniger mit jedem Schritt.
Aber das war unmöglich, und deshalb ignorierte Pettar Garsten das Gefühl.
Neugierig starrte er ins Loch.
Und plötzlich sah er eine scheinbar kristalline Masse, die sich trotzdem bewegte. Nein, sie wucherte aus dem Loch hervor!
Mühevoll drängte er die Übelkeit zurück.
„Pettar! Komm da weg!" schrie Candeye.
Er starrte wie hypnotisiert auf das wuchernde Zeug. Es war, als werde sein Geist in den wirbelnden, schäumenden Prozeß hineingezogen, als zehre die Substanz seine körperlichen und geistigen Kräfte allein durch den Blickkontakt vollständig auf.
Pettar Garsten vermochte keinen Finger mehr zu rühren.
Er wollte sich entfernen, wollte weglaufen, zumindest kriechen oder um Hilfe rufen.
Aber er konnte es nicht mehr. Die Kristallsubstanz berührte seine Füße.
*
Candeye Garsten hielt sich für sehr viel schlauer als ihren Mann. Als sie sah, wie fahrlässig Pettar an den Krater heranging, konnte sie nicht umhin, sich diesen Umstand zu bestätigen.
Männer waren Dummköpfe. Und ihrer ganz besonders.
Sie schrie, aber er hörte nicht.
Die Übelkeit in ihrem Inneren nahm mit jeder Sekunde zu. Es war wie ein schwarzes Loch, das sich direkt in ihrem Innersten auftat. Eine saugende Schwäche..., deren Ursache ganz klar im Krater zu suchen war.
Sie schaute in regloser Trance zu, wie aus dem Loch sehr schnell eine Art kristalline Masse wucherte. Wieder schrie sie, aber Pettar rührte sich nicht von der Stelle.
„Helft ihm! Beeilung!"
Jetzt, da es nötig war, erwachte zumindest ihre Kommandostimme wieder zur alten, durchdringenden Stärke.
Fünf der Angestellten sprangen vor. In diesem Augenblick berührte die Kristallmasse Pettars Füße.
Exakt im selben Augenblick fühlte Candeye Garsten etwas, von dem sie geglaubt hatte, daß es niemals eintreten könnte. Sie fühlte, daß Pettar starb. Der Kristall brachte ihn um, saugte jeden Funken Leben aus seinem Körper.
Hätte sie ihn nur weggerissen, ihn angeschrien, egal was. Sie hätte sein Leben gerettet.
Nun war es zu spät.
Die fünf Angestellten packten Pettars Arme, zerrten, brachten ihn aber keinen Zentimeter von der Stelle. Pettars Füße verwandelten sich in Kristall. Dann seine Waden, seine Beine, der Unterleib ...
Ihre Bemühungen wurden sichtbar schwächer. Keiner der fünf schaffte es noch zu entkommen. Sie gerieten in denselben Strudel wie Pettar Garsten. Immer mehr erlahmten ihre Bewegungen, dann brachen sie in die Knie, schlugen lang zu Boden.
Und immer weiter wucherte der Kristall aus dem Loch hervor.
Neben Candeye ergriffen die Ange stellten schreiend die Flucht.
Tödliche Gefahr, vom Himmel gefallen.
Sie dagegen konnte nicht anders, als wie gebannt dem Vorgang zuzusehen. Ihr Mann wurde vollständig in Kristall verwandelt und schien dabei im Boden zu versinken. Die fünf übrigen Leichen endeten auf
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