1712 - Verflucht bis in den Tod
glauben. Ja, du hast deine Anhänger und stehst nicht allein in dieser Welt.«
Rasputin nahm es hin, ohne eine Miene zu verziehen. Danach hob er den rechten Arm an und strich über sein schwarzes langes Haar, das an den Seiten seines Kopfes herabhing. Es war strähnig und sah aus, als wäre es mit Fett eingeschmiert worden.
»Wer bist du?«
»Ich heiße Chandra.«
»Und weiter?«
»Ich will deine Dienerin sein. Ich habe die Menschen zusammengeholt, die an deiner Seite stehen werden. Du kannst dich auf mich verlassen, und ich schwöre dir, dass die alten Zeiten zurückkehren werden, auch wenn sie sich geändert haben. Aber deine Machtfülle bekommst du mehr als zurück.«
Wer gedacht hätte, dass Rasputin jetzt vor Freude an die Decke gesprungen wäre, der irrte sich. Seine Reaktion bestand aus einem Nicken, dem eine Frage folgte.
»Ich bin hier. Ich lebe wieder. Aber ich weiß, dass ich nicht allein mein Elixier getrunken habe. Es gibt noch jemanden, den ich davon habe kosten lassen, damit es ihm so ergeht wie mir.«
»Du denkst an Sobotin, den Mönch?«
»Nur an ihn.«
Chandra deutete so etwas wie eine Verbeugung an. »Wir haben ihn nicht vergessen. Dein Trank hat sich bewährt, denn es ist ihm gelungen, zu überleben.«
»Wo ist er?«
Sie winkte ab. »Nicht weit entfernt.«
Wladimir sah, dass Chandra die Antwort schwergefallen war. Ihr Gesicht hatte sich dabei verzogen. Es wäre ihr lieber gewesen, den Mond-Mönch präsentieren zu können, aber das war nicht möglich.
»Ich will ihn sehen!«
»Ja, das wirst du und …«
Rasputin unterbrach sie. »Ich weiß, dass er nicht weit weg ist, denn ich spüre ihn. Er ist nicht tot, das stimmt, und er kann nicht weit sein.«
»Er ist sogar auf dem Weg«, flüsterte die Mörderin. »Ja, er ist auf dem Weg …«
Rasputin war nicht dumm. Diese Antwort ärgerte ihn. Er wollte so schnell wie möglich mit seinem Getreuen in Kontakt treten und fragte knurrend: »Wo kann ich ihn finden?«
»Ich werde ihn kommen lassen.«
»Warum ist er nicht hier, wenn du so gut über ihn Bescheid weißt? Er hätte längst hier stehen müssen, zum Henker.«
Chandra wusste, dass sie Rasputin nichts vormachen konnte. Sie musste schon bei der Wahrheit bleiben. »Es hat einige Probleme gegeben.«
»Welche?«
»Man ist uns auf der Spur. Deshalb diese Verzögerung. Aber ich werde das wieder einrenken.«
»Wer ist uns auf der Spur?«
»Feinde. Ja, sie gibt es auch noch.«
Rasputin drehte sich halb um, sodass er Wladimir anschauen konnte. »Gehört er auch dazu?«
»So ist es.«
»Dann werden wir ihn töten! Das habe ich früher so gehalten, das werde ich auch heute tun.« Es sah so aus, als wollte er sich auf Wladimir stürzen, was Chandra nicht zulassen konnte. Deshalb sprach sie schnell auf ihn ein.
»Nein, nein, nicht töten. Zumindest nicht jetzt, verstehst du? Wir werden ihn später vernichten. Er muss noch für eine Weile am Leben bleiben, das ist wichtig.«
»Weshalb ist das so wichtig?«
»Weil es Probleme mit der anderen Seite gab.«
»Gehört er zu unseren Gegnern? Dieser Krüppel?«
Wladimir durchschoss ein heißer Strom, als er dieses Wort hörte. Er hasste es, doch er wusste auch, dass Rasputin im Prinzip recht hatte.
»Er ist eine Geisel.«
Jetzt musste der Erwachte erst mal nachdenken. Dann wollte er wissen, warum der Mann im Rollstuhl eine Geisel war.
»Wir haben ihn gefangen, um ihn austauschen zu können, denn unsere Feinde haben ebenfalls eine Geisel. Du kennst diese Person.«
»Wer ist es?«
»Sobotin!« Chandra hatte sich vor dieser Antwort gefürchtet, denn die Reaktion konnte sie nicht einschätzen.
Aus Rasputins Mund fauchte es förmlich hervor. »Warum habt ihr ihn nicht beschützt? Das hättet ihr tun müssen. Ich habe ihm nicht grundlos diesen Trank gegeben, der uns den langen Schlaf brachte. Ich will nicht, dass er vernichtet wird.«
Chandra streckte die Arme vor. »Keine Angst, das musst du nicht. Es wird alles normal ablaufen. Er wird hergebracht werden, das habe ich alles eingeleitet. Ich werde einen Anruf tätigen, um mit einer bestimmten Person Kontakt aufzunehmen. Sie muss bereits in der Nähe sein, denn ich habe ihr das Ziel genannt.«
»Dann hol sie her!«
Chandra schüttelte den Kopf. »Nein, Rasputin, ich bleibe bei dir. Falls du sie nicht schon selbst gesehen hast, so kann ich dir sagen, dass am Eingang zwei deiner Freunde warten. Ich werde sie losschicken, um Sobotin zu holen.«
Rasputin überlegte. Dabei ließ Wladimir
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