1713 - Carlotta und die Vogelmenschen
sich möglicherweise in der Nähe befanden und urplötzlich an der Lok erschienen.
Und jetzt auch wieder!
Er hatte nicht gesehen, woher sie gekommen waren, aber sie waren plötzlich da, und diesmal erschienen sie direkt vor der Scheibe und nahmen ihm die Sicht.
Der Zug fuhr trotzdem weiter. Durmott duckte sich auch nicht weg. Er wollte sehen, was passierte, und er richtete seinen Blick auf die Flattergestalten, die lange Beine und Flügel hatten und ungewöhnlich helle Köpfe. Aber waren das Vogelköpfe?
Es sah beim ersten Hinsehen so aus. Dann erkannte er aber, dass diese Köpfe ein gewisses menschliches Aussehen hatten, als wären die Gestalten eine Mischung aus Mensch und Riesenvogel.
Das war zu viel für ihn!
Mit einem Schrei auf den Lippen zuckte er zurück. Der Zug bremste wenig später automatisch. Da hockte der Lokführer schon am Boden, als wäre er angegriffen worden.
Es war schlimm. Er litt. Die Angst war wie ein Feuer, das in ihm fraß und immer höher stieg. Seine Kehle war eng geworden. Er hatte Mühe, Luft zu holen.
Er wollte nichts mehr sehen, nichts mehr sagen, nicht mehr handeln müssen und wurde doch durch das Telefon zurück in die Wirklichkeit geholt.
Zuerst wollte er das Läuten ignorieren. Sekunden später dachte er anders darüber. Da griff er zu und hob ab.
»Valentin?«
»Ja, Edwin, was ist?«
»Ich habe sie auch gesehen! Verdammt noch mal. Was sind das für Geschöpfe?«
»Vögel wohl.«
»He, so große?«
»Hast du eine andere Erklärung?«
»Nein, habe ich nicht. Aber es ist verdammt blöd.«
»Und sie hindern mich am Weiterfahren, verflucht noch mal. Die verdecken mir die Scheibe.«
»Okay, ich steige jetzt aus!«, erklärte Edwin.
»Was willst du?«
»Aussteigen. Ja, man muss was tun. Wir müssen weiter und können uns nicht von diesen Geschöpfen fertigmachen lassen.«
»Willst du sie vertreiben?«
»Mal sehen.«
»Das kann gefährlich werden.«
»Ja, ich weiß. Aber das packe ich schon. Du kannst ja auch aussteigen, dann sind wir zu zweit.«
»Nein, ich bleibe auf der Lok.«
»Gut. Aber fahr nicht ohne mich weiter.«
Die Verbindung wurde unterbrochen, und Valentin Durmott fragte sich, während seine Hände allmählich nach unten sanken, ob sein Kollege lebensmüde war.
Er hockte noch immer auf dem Boden. Nur langsam stand er zitternd auf. Dabei wusste er nicht, aus welchem der Wagen Edwin ihn angerufen hatte. Er hätte jetzt eine der Türen öffnen und aussteigen können, aber das traute er sich nicht. So brachte er sein Gesicht dicht an die rechte Scheibe und versuchte, in der Dunkelheit so viel zu sehen wie eben möglich.
In den ersten Sekunden sah er nichts. Dann hatte er Glück. Sein Kollege war auf der rechten Seite ausgestiegen und bewegte sich jetzt vom Zug weg, um bessere Sicht zu haben.
Von den Flugwesen war nichts zu sehen, selbst Edwin sah sie nicht, bis zu dem Zeitpunkt, als er seine Arme in die Höhe riss, um sich zu schützen. Zugleich wollte er auf den Wagen zulaufen, was ihm nicht mehr gelang.
Die andere Seite war schneller.
Und sie bestand nicht aus normalen Menschen, sondern aus irgendwelchen Wesen, die sich von drei Seiten her auf den Mann stürzten. Irgendwelche fliegenden Monster, von denen einer aus der Höhe auf ihn herabstieß.
Den sah Edwin zuletzt. Der Vogel oder was immer es war, rammte ihn und schleuderte ihn auf den Schotter neben den Gleisen. Genau das hatten die Angreifer gewollt.
Jetzt stürzten sie sich zu dritt auf ihn und ließen ihm nicht den Hauch einer Chance. Die Greifer schienen aus dem Gefieder zu springen, und zu sechst packten sie den Mann und zerrten ihn vom Boden hoch, während sie mit den Flügeln wild um sich schlugen.
Valentin Durmott zweifelte an seinem Verstand. Er konnte nicht glauben, was er da zu sehen bekam. Diese Tiere waren verrückt. Sie hatten einen Menschen angegriffen, als wollten sie sich Futter holen.
Eisern hielten die Krallen fest, und so wurde Edwin in die Höhe gerissen. Er wehrte sich nicht mal. Kein Schlagen seiner Arme und Beine. Wahrscheinlich war er zu geschockt.
Sie hatten sich ihre Beute geholt, und sie flogen mit ihr weg. Ob sich noch andere Vogelwesen zu ihnen gesellten, das bekam der Lokführer nicht mit.
Er war einfach nur fertig, und er wusste jetzt, dass er nicht mehr weiterfahren konnte. Er musste Dundee informieren und rechnete damit, dass sie ihn auslachen und irgendwo einsperren würden, weil er nicht mehr alle Tassen im Schrank hatte …
***
Johnny war wieder
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