1713 - Carlotta und die Vogelmenschen
Tür wurde geöffnet.
»Ist bei Ihnen alles okay?«, fragte Johnny.
Valentin Durmott schaute in das Gesicht eines noch jungen Mannes. »Haben Sie das auch gesehen?«
»Ja, man hat einen Menschen entführt.«
»Es war mein Kollege.«
»Stimmt.«
Der Lokführer zitterte am ganzen Leib. »Ich begreife das nicht. Das waren doch keine Menschen – oder?«
»Ja.«
Durmott beugte sich vor. »Und was haben Sie gesehen? Diese fliegenden Monster wie ich auch?«
»Ja, Sir.«
»Dann bin ich ja nicht allein.« Er hielt sich an einem Griff fest, sonst wäre er gefallen. »Sagen Sie Ihren Mitreisenden, dass wir erst mal nicht weiterfahren. Ich bin dazu nicht in der Lage. Ich habe bereits mit Dundee telefoniert. Man wird einen Kollegen schicken, der den Zug übernimmt. Ich kann es nicht.«
Dass Johnny für einen Reisenden gehalten wurde, war ihm ganz recht. Er wollte auch seinen Namen nicht sagen und lieber im Hintergrund bleiben.
»Wie heißen Sie denn, Sir?«
»Durmott. Valentin Durmott.«
»Danke. Ich werde jetzt …«
»Moment noch«, hechelte der Mann.
»Ja …?«
»Und Sie haben wirklich genau gesehen, dass diese Monstervögel meinen Kollegen geholt haben?«
»Das habe ich.«
»Sie bleiben auch dabei?«
»Darauf können Sie sich verlassen.«
Dem Lokführer fiel ein Stein vom Herzen. »Das ist gut, dann wird man mich wohl nicht für verrückt halten, wenn ich der Polizei erzähle, was wirklich vorgefallen ist.«
»Das wird man nicht, Sir.« Johnny nickte dem Mann noch mal zu und verschwand dann. Er ging in Richtung der Wagen.
Als Durmott wieder in seiner Lok verschwunden war, änderte Johnny die Richtung. Er lief auf den Wald zu, der am Rand noch recht licht war. Wo Carlotta genau auf ihn wartete, wusste er nicht. Er hoffte nur, dass die andere Seite sie nicht entdeckt hatte. Für Johnny stand fest, dass er auch hier in einen Fall hineingeschlittert war, und so kam ihm eine bestimmte Erklärung in den Sinn, die alle drei Conollys akzeptiert hatten.
Es war der Fluch der Conollys. Einer Familie eben, die kein normales Leben führte, was nur nach außen hin so aussah. Aber immer wieder gerieten sie in Fälle, die mit dem normalen Verstand nicht zu erklären waren.
Wie auch hier.
Johnny hielt an, als er ungefähr fünfzig Meter weit gelaufen war. Er nahm sich die Zeit, zum dunklen Himmel zu schauen, sah dort aber nichts. Keine Riesenvögel, die sich dort bewegten, nur die Schwärze, mit der die dicken Wolken gefüllt waren.
»Bleib ruhig da stehen, wo du bist, Johnny.«
»He, du bist es.«
»Ja.« Carlotta tauchte in einer Lücke zwischen den mit Schnee bedeckten Ästen auf.
»Und? Was sagt der Lokführer?«
»Er hat wahnsinnige Angst.«
»Das kann ich verstehen.«
»Er will auch nicht mehr fahren. Ein Kollege wird aus Dundee kommen und ihn ablösen. Ich sage dir eines, Carlotta. Diese Sache hier wird noch immens viel Staub aufwirbeln.«
»Das befürchte ich auch.«
»Und ich frage mich schon jetzt, wer dahinterstecken könnte. Hast du eine Idee?«
»Nein, Johnny.« Sie schüttelte den Kopf. »Ich will auch keine haben, wenn ich ehrlich sein soll. Ich möchte erst mal nur weg. Dann sehen wir weiter.«
»Bitte, nimm es mir nicht übel. Ich habe dich nur gefragt, weil du ja auch verändert bist.« Er hob die Schultern. »Da dachte ich, dass du vielleicht eine Idee hättest.«
»Nein, überhaupt nicht. Ich kann mir auch nichts vorstellen, wenn ich ehrlich bin. Für mich zählt nur, dass man mich nicht entdeckt. Dann sehen wir weiter.«
»Okay.«
»Komm mit.«
Johnny folgte dem Vogelmädchen, das sich bereits einen guten Startplatz ausgesucht hatte. Es war eine kleine Lichtung zwischen den Bäumen. Da hatte der Sturm einiges zur Seite geräumt.
»Maxine wird große Augen machen, wenn wir ihr erzählen, was wir erlebt haben«, sagte Carlotta. »Sie ist eine tolle Frau, aber auch jemand, die sich immer kümmern will und sich so viele Gedanken über andere Menschen macht.«
»Das kenne ich von meiner Mutter.«
»Dann weißt du ja Bescheid, und ich bin gespannt, wie sie auf unser Erlebnis reagiert.«
Das war Johnny auch. Zugleich dachte er an seine Eltern, und an das, was sie sagen würden, wenn sie erfuhren, dass das Schicksal oder der Fluch der Conollys mal wieder zugeschlagen hatte.
Sekunden später starteten sie und machten sich auf den Rückweg …
***
Maxine Wells trug einen cremefarbenen Hausmantel. Vor ihr stand eine Tasse Kaffee, und auch ihre beiden Gegenüber nippten an diesem
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