172 - Der Spinnenfürst
altes Lied von Cliff Richard und bürstete ihr Haar, während sich der Würger aufmerksam umsah.
Auf dem Bett saß eine Porzellanpuppe, und kleine Plüschtiere bevölkerten die Kommode. Sie entstammten einer Zeit, der Megan noch nicht lange entwachsen war.
Sie legte die Bürste an ihren Platz und betrachtete sich bei aufgeklappten Seitenteilen ringsherum.
William durfte sie nicht weiter daran hindern, ihr Glück zu machen, sie war schließlich schon bald erwachsen. Sie hatte sich einige gute Argumente zurechtgelegt, die zu entkräften ihm sehr schwerfallen würden.
Megan war entschlossen, auf gar keinen Fall klein beizugeben. Wenn William erkannte, wie ernst es ihr damit war, würde er vielleicht zur Einsicht kommen und sich ihr nicht länger in den Weg stellen.
Sie schloß die Spiegelschranktüren und wandte sich um.
Einen tiefen Seufzer ausstoßend, verließ sie das Bad und löschte das Licht.
Leon Hogg stand hinter der Tür.
Jetzt erschien das Mädchen in seinem Blickfeld, und er zitterte vor Erregung. Langsam löste er sich von der Wand und hob die Hände.
Das Geräusch, das er dabei verursachte, war kaum zu hören, aber Megan hatte gute Ohren. Sie nahm es war und drehte sich verwirrt und überrascht um.
Als sie den Würger erblickte, wich das Blut aus ihrem Gesicht, und ihre Augen weiteten sich in panischem Entsetzen.
Sie wollte schreien, doch das ließ Hogg nicht zu.
Blitzschnell legten sich seine Hände um Megans Hals, und über ihre bebenden Lippen kam nur noch ein dünnes Röcheln.
Sie griff nach seinen großen Händen und versuchte sich verzweifelt aus dem mörderischen Würgegriff zu befreien.
Unmöglich. Hogg war zu stark, und seine Finger glichen Stahlklammern, die Megan nicht aufbiegen konnte. In ihrer grenzenlosen Angst schlug sie mit den Fäusten in Hoggs Gesicht. Obwohl die Treffer schmerzhaft sein mußten, ließ Hogg das Mädchen nicht los. Er spürte im Moment überhaupt nichts. Die wahnsinnige Erregung machte ihn völlig gefühllos.
Sein Adamsapfel hüpfte, und er verdrehte die Augen so weit, daß nur noch das Weiße zu sehen war. So war es immer.
Ein wilder Sturm durchtobte ihn und raubte ihm den letzten Funken Verstand, und wenn er hinterher wieder einigermaßen zu sich kam, lebte sein Opfer nicht mehr.
Megan schlug und trat nach ihm.
Sie entwickelte in ihrer Todesangst mehr Kräfte, als er ihr zugetraut hätte. Er hatte fast Mühe, sie festzuhalten, fiel mit ihr gegen die Kommode, die einen halben Meter zur Seite ratterte.
Eine leere Blumenvase fiel zu Boden und zerbrach klirrend.
Das hörte William Marshall im Wohnzimmer und sprang erschrocken auf. »Megan!« rief er.
Mit großen Schritten verließ er den Raum. Vor der Treppe blieb er stehen, blickte nach oben und rief den Namen seiner Schwester erneut.
Sie hätte geantwortet, wenn es ihr möglich gewesen wäre.
»Verdammt, was ist dort oben los?« stieß William beunruhigt hervor.
Er verzichtete darauf, sie ein drittesmal zu rufen, sondern hastete die Stufen hinauf. Als er gleich darauf die Tür zu Megans Zimmer aufriß, fuhr ihm das eiskalte Entsetzen bis ins Knochenmark.
Ein unbekannter Mann mit schwarzen Lederhandschuhen und einem schwarzen Umhang über den breiten Schultern würgte Megan!
***
Hogg war bisher noch nie gestört worden, deshalb irritierte ihn William Marshalls Erscheinen. Er fing wieder an zu denken, und das war schlecht, denn die Gedanken minderten seine unbeschreiblichen Empfindungen.
Hier das Mädchen – noch nicht tot.
Dort der Mann, der ihm sein Opfer entreißen wollte.
Das verwirrte Leon Hogg so sehr, daß sich sein Würgegriff lockerte, ohne daß er es wollte, und dadurch kam Megan irgendwie frei. Sie ließ sich einfach fallen und blieb röchelnd, hustend und würgend liegen, während sich ihr Bruder in maßlosem Zorn auf den Unbekannten stürzte.
William war für gewöhnlich die Güte in Person, und es war sehr schwierig, ihn aus der Fassung zu bringen, doch in diesem Augenblick war er so wütend und empört, daß er wie von Sinnen auf Hogg einschlug.
Dieser Mann hatte versucht, Megan umzubringen!
Mit diesem Irrsinn wurde William nicht fertig. Er haßte den Fremden so sehr, daß es ihm nichts ausgemacht hätte, ihn mit bloßen Fäusten zu erschlagen.
Es zeigte sich, daß Leon Hogg im Grunde seines Herzens ein Feigling war. Schwache, von panischer Furcht gelähmte Mädchen zu töten war etwas anderes, als mit einem wütenden Mann zu kämpfen.
Hogg war nicht gewillt, sich diesen
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