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1721 - Utiekks Gesandte

Titel: 1721 - Utiekks Gesandte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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sie es auch versuchte. Ouidane vergaß den Vorfall, schlief wieder ein und erwachte am nächsten Morgen mit noch heftigeren Schmerzen im Leib als am Morgen davor.
    Die Feuerzeichnung in ihrem Gesicht hatte eine Farbe angenommen, die echten Flammen immer ähnlicher sah.
    Zitternd stand sie vor dem Spiegelfeld. Vielleicht war das der Grund, warum sie den geheimnisvollen Immunen niemals begegnet war, obwohl sich doch ein paar immer in der Schule Utiekks aufhielten. Immune hatten möglicherweise eine vollständig rötlich gefärbte Lederhaut. Aber was war so schlimm daran?
    Sie tastete lange Zeit an ihrem linken Handgelenk entlang. Nicht einmal eine Narbe konnte sie finden. Aber Ouidane erinnerte sich sehr genau ihrer langsamen Reaktion, als es an der Packmaschine darauf ankam.
    Semiodd und Tje Minas behaupteten stets, sie sei eine überaus intelligente, fähige junge Barrayd. Ein solcher Unfall war unter normalen Umständen ausgeschlossen. Etwas stimme also nicht.
    In ihrer Unterkunft befand sich ein kleiner Computeranschluß. Semiodd hatte ihr gezeigt, wie man damit umging. Sie schaltete den Maschinenanschluß ein und bat um einen Reaktionstest, an Ort und Stelle. Ouidane bekam die Aufgabe, bei Aufleuchten einer roten Holokugel mitten im Zimmer in die Hände zu klatschen.
    Zuerst sah sie mit einem mulmigen Gefühl ihr Handgelenk an, hatte dann aber keine Bedenken. Die Kugel erschien. Sie klatschte,, so schnell es möglich war.
    Die Reaktionszeit betrug etwas unter einer Sekunde. Das war nicht schlecht, fand sie; sie mußte jedoch vom Computer hören, daß vergleichbare Artgenossen im selben Alter denselben Test in der Hälfte der Zeit absolvierten. Für Ouidane war das ein harter Schlag. Seit sie in der Schule Utiekks wohnte, traf sie kaum mit Gleichaltrigen zusammen. Sie wäre niemals auf die Idee gekommen, schlechter zu sein.
    Semiodd verweigerte jeden Kommentar. An diesem Tag zog der Lehrer verschärften Unterricht durch, dem sie kaum zu folgen vermochte.
    Wahrscheinlich, um sie vom Kummer abzulenken - was allerdings voraussetzte, daß er von diesem Kummer wußte.
    Semiodds Rechnung ging auf.
    Sie war froh, als sie abends nicht mehr denken mußte.
    Der nächste Morgen begann schmerzvoll, so wie der vorhergegangene, wie der folgende und viele danach. In ihrem Körper veränderte sich etwas. Sie klagte oft über nachlassende Energie, über mangelnde Kräfte, über zu wenig Konzentration. Den Reaktionstest absolvierte sie später noch mehrfach, jedesmal mit einem schlechteren Ergebnis als zuvor. Zuletzt, als sie bei einer Reaktionszeit von drei Sekunden angekommen war, gab sie diese Sorte Test für immer auf.
    Inzwischen war sie etwas über drei Jahre alt, von einer erwachsenen Barrayd nicht mehr weit entfernt. Dabei hatte sie das Gefühl, als sei jeder Tag nur noch mit dem halben Inhalt gefüllt, bald mit einem Viertel, am Ende noch weniger. Allein die Mahlzeiten nahmen die Hälfte des Tages ein, weil jede Bewegung so lange Zeit benötigte.
    „Was geschieht mit mir, Semiodd?" fragte sie. „Ich fühlte mich krank, und davor habe ich Angst."
    „Du brauchst dir keine Gedanken zu machen, Ouidane. Alles läuft normal. So ist es, .wenn das Leben in dir verlischt... Wenn du dich bewegst, das Feuer jedoch keine Nahrung mehr findet..."
    „Du meinst die Flammen in meinem Gesicht?"
    „Nein. Die in deinem Inneren! Es wird bald keine mehr geben. Dann bist du immun."
    Immun gegen was?
    Semiodds Worte rauschten wie eine Kaskade aus Wasser an ihr vorbei. Sie hatte alle Mühe, zunächst dem Klang nachzulauschen und dann erst den Sinn zu erfassen.
    Manchmal, wenn sie Tje Minas und Semiodd im Gespräch belauschte, wurde ihr klar, daß der Lehrer bereits große Rücksicht nahm. Den Worten dieser beiden vermochte sie längst nicht mehr zu folgen. Die Silben vermengten sich zu einem unidentifizierbaren, komprimierten Rauschen.
    Auch mit Tageslicht und normaler Raumbeleuchtung bekam Ouidane Schwierigkeiten. Je mehr ihre Lederhaut eine rötliche Färbung annahm, je weniger man weiße Stellen am Körper entdecken konnte, desto weniger vertrug sie weißes Licht. Der helle Schein blendete sie.
    Vor ihren Augen huschten oftmals Schemen vorbei, blitzschnell bewegt, kaum zu identifizieren. Sie wußte jedoch, daß es sich um normale Barrayd handelte.
    Es war eine seltsame Slowmotion-Welt, die sie entdeckte. Wie ein neues Universum, in das einzutauchen sie sich mit allen Kräften sträubte.
    Denn wenn sie das zuließ, so überlegte Ouidane,

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