1721 - Verschwunden in der Höllengruft
Finsternis, die es zweimal gibt, das ist doch Wahnsinn.«
»Ist es wohl nicht«, sagte Suko.
Das war auch für mich eine Überraschung. Ich hatte gedacht, die Kreaturen der Finsternis zu kennen, doch jetzt war ich eines Besseren belehrt worden.
»Dann hat dein Zwillingsbruder in der Höllengruft gelebt, wie?«, fragte Jane.
»Ja, in einem Schacht. In einer uralten Masse, die es seit Urzeiten gibt. Sie hat sich hier ein Reservat geschaffen, und darüber bin ich sehr froh, denn hier konnte ich mich etablieren und kann nun meine Fäden ziehen.«
»Hat er auch einen Namen?«
»Nein, er ist einfach nur da. Er ist ein ES. Er ist ein Wunder und mein Schutz.«
Ich hatte alles gehört und wartete darauf, dass die Gestalt vor mir weiterging. Das geschah auch. Nach wenigen Sekunden ruckte sie und hob ihr rechtes Bein an, um den Fuß auf die nächste Stufe zu setzen, und so ging sie weiter.
Es war mir klar, dass ich nicht zu lange warten durfte. Wenn die Kreatur die Treppe hinter sich gelassen hatte, würde sich die Luke wieder schließen, und ich hatte keine Lust, noch mehr Zeit hier im Keller zu verbringen.
Sie ging vor, ich ließ sie gehen und bewegte mich dann schneller, als ich an der Plattform vorbei war. Jetzt hätten mich meine Freunde sehen müssen, sie allerdings schauten nicht mehr nach unten, waren zur Seite getreten und sahen zu, wie die Gestalt aus der Höllengruft das Zimmer betrat.
Ich beeilte mich jetzt und war sicher, dass mich auch Ruben Goya nicht gesehen hatte.
Und dann tauchte ich auf wie der Geist aus der Flasche. Ich hörte Jane und Suko meinen Namen rufen, aber es gab auch jemanden, der sich über mein Erscheinen nicht freute.
Der Verleger stieß einen Fluch aus und zischte dann: »Warum hat die Höllengruft dich nicht geschluckt, verflucht?«
»Weil ich wohl unverdaulich bin«, erwiderte ich und fügte hinzu: »Es gibt immer wieder etwas Neues, aber Zwillinge bei den Kreaturen der Finsternis, das ist fast schon sensationell.«
»Und auch eine doppelte Gefahr«, bemerkte Suko trocken.
»Du sagst es.«
Ab jetzt war es unser Spiel, und das wollten wir uns auch nicht aus der Hand nehmen lassen. Nach einer Gefahr roch es noch nicht, wir konnten uns also Zeit lassen und abwarten, was das Zwillingspaar vorhatte. So wie es gelaufen war, musste sich auch Ruben neu einstellen, was ihm bestimmt nicht passte. Denn er hatte damit gerechnet, dass ich bereits in der Höllengruft verglüht war.
Noch hatte ihn sein Zwillingsbruder nicht erreicht, aber Ruben hieß ihn willkommen und streckte ihm seine Hände entgegen. Wir waren plötzlich nicht mehr interessant.
Ich begrüßte meine Freunde durch ein knappes Nicken, ging aber nicht zu ihnen, sondern baute mich so auf, dass sich die Zwillinge praktisch in der Mitte zwischen uns befanden.
Wie würden sie sich verhalten?
Das war die große Frage, und ich sah, dass Suko schon seine Dämonenpeitsche in der Hand hielt. Es war damit zu rechnen, dass sie uns angreifen würden, denn wir gehörten nicht zu ihnen, und wir hatten ihr Geheimnis entdeckt.
Nebeneinander standen sie. Wie zur Präsentation aufgebaut. Und doch gab es einen Unterschied zwischen ihnen. Der eine Zwilling war angezogen, der zweite nicht, und trotzdem glichen sie sich.
Diesmal übernahm ich das Wort. »Eine Kreatur der Finsternis in zweifacher Ausfertigung. Wirklich ungewöhnlich. So wie der weiße Wolf, den ich in Atlantis kennengelernt habe. Aber ich muss auch sagen, dass die Kreaturen der Finsternis zu den Dämonen gehören, die ich hasse. Ich weiß, dass das Böse schon zu Beginn der Zeiten war und in vielschichtiger Form überlebt hat. Ich aber bin angetreten, um es zu bekämpfen, und das werde ich jetzt tun.«
Der Verleger lachte. »Gegen uns beide?«
»Ja.«
»Wen nimmst du?«, fragte Suko.
»Meinen Freund aus der Höllengruft. Ich bin gespannt, ob er meinem Kreuz tatsächlich standhält. Er hat es gesehen, er muss es auch gespürt haben, aber ich will wissen, wie er es verkraftet, wenn ich ihn damit berühre.«
Es war eine Szene, wie wir sie eigentlich noch nie erlebt hatten.
Ich fühlte mich trotz des Kreuzes ein wenig unsicher. Bisher war es die ultimative Waffe gegen die Kreaturen der Finsternis gewesen, und ich setzte darauf, dass sich dies auch nicht geändert hatte.
Nicht er kam, sondern ich ging.
Beide blieben stehen, beide Gesichter starrten mich an. Ja, sie glichen sich, und es gab keinen Tropfen dieser roten Masse mehr. Sie war farblos geworden und in die nackte
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