1722 - Abrutians Boten
ertragen.
Saedelaeres Blick fiel auf Ouidane, die wimmernd am Boden lag.
Genau wie er saugte die Immune jedes Gedankenbild begierig in sich auf.
Doch an der Heftigkeit ihrer Reaktionen erkannte er, daß mit jedem Wort ein kleines Stück ihres Weltbildes zerbrach.
Nein, Piior, nein!
Ruhig, Ouidane...
Piior! Du lügst! Du lügst!
Saedelaere konnte Ouidane nicht helfen. Ihm wurde bewußt, daß er allein und auf sich gestellt wieder angreifbar war; er hoffte aber auf die Angst des Geisteslenkers. Die Unversehrtheit seiner sogenannten Matrix schien für ihn von höchster Bedeutung.
Ouidane interessierte ihn dagegen wenig. Anders der ehemalige Maskenträger - der allerdings bei einer Barrayd völlig hilflos war.
Saedelaere kniete neben ihr nieder. Die fremdartige Gestalt fühlte sich alles andere als vertraut an.
Ich kann es nicht ertragen...
Vor seinen Augen verwandelte sie sich in eine bewegungslose Gestalt, in den Schatten eines lebendigen Slowmotion-Körpers.
„Laß ihr Ruhe, Fremder! Sie wird es nicht überstehen."
„Du meinst... sie wird sterben?"
„Nein. Ich glaube, daß ihr Geist zerbricht. Ich wollte diese Dinge nicht berichten, aber von diesem Punkt an mußte ich es. Du hast mich dazu gezwungen."
Vorsichtig berührte Saedelaere ihren haarlosen Kopf. Die Fingerspitzen seiner Handschuhe leisteten über Rezeptoren jeden Eindruck weiter. Ihre Lederhaut war warm, und ein sachtes Pulsieren zeugte vielleicht von Ohnmacht, immerhin aber von Leben. Saedelaere beschloß, sich später um sie zu kümmern.
„Wir haben etwas zu bereden, Piior. Ich bin gekommen, um dir klarzumachen, daß wir Terraner keine Bedrohung darstellen. Wir sind ausschließlich zu eurer Unterstützung hier. Um euch als Verbündete zu gewinnen."
„So? Und weshalb habt ihr die Flotte von Kristallschiffen hierhergelockt?"
„Wie bitte?"
„Jetzt erzähl mir nur, du weißt nichts davon."
Saedelaere entwickelte eine schreckliche Ahnung. Diese Explosionen, die er ständig im goldenen Himmel des Hyperraums erkennen konnte - sie waren nichts anderes als die Bilder einer Schlacht!
*
Piior sandte ein abfälliges geistiges Lachen. „Was glaubst du, weshalb ich all diese Geschichten erzähle? Du bist naiv. Die Barrayd haben vielleicht noch eine einzige Stunde zu leben. Das ist alles."
Saedelaere schwieg ein paar Sekunden. Draußen auf Yolmor hatten sich ein paar Dinge ereignet, von denen er nichts wußte.
„Die genaue Lage ist mir unbekannt", sagte er dann. „Wenn du aber sagst, in einer Stunde ist alles vorbei, dann könnten wir Terraner euch vielleicht helfen."
„Weshalb sollte ich euch trauen? Die Wahrscheinlichkeit, daß ihr zu Abrutians Truppen gehört, ist hoch."
„Du bist ein Narr, Piior. Beweisen nicht alle unsere Handlungen das Gegenteil?"
„Vielleicht. Ich bin sehr ängstlich."
„Du wirst dich entschließen müssen. Wenn ich den Anblick von draußen korrekt interpretiere, steht Yolmor kurz vor dem Sturz. Und ich allein wäre durchaus imstande, die Matrix des Turms zu vernichten. Das hast du selbst gesagt... Du hast nichts mehr zu verlieren, Geisteslenker. Allein bist du am Ende."
Piior nahm die Aussage mit einem Gefühl der Überlegenheit hin, von dem der ehemalige Maskenträger nicht begriff, wie es zustande kommen konnte. Verhielt sich so jemand, dem der Tod bevorstand? Der sich selbst als „sehr ängstlich" bezeichnete?
Saedelaere entwickelte einen fürchterlichen Verdacht.
Wenn er sich darauf konzentrierte, spürte er deutlich Piiors Geist.
Ebenso deutlich wie den von Ouidane, nur wesentlich fragiler, anfälliger.
Mit brutaler Gewalt überfiel er den Geisteslenker. Und ganz zu oberst stieß er auf genau den Gedanken, den er befürchtet hatte. Der Untergang der Barrayd war aus Piiors Sicht nicht mehr aufzuhalten. Die Quesch jedoch hofften, den Untergang trotz allem zu überstehen. Mit der Matrix ihres Turms wollten sie sich selbständig machen, im körperlosen Zustand den Angriff der Abruse ins Leere gehen lassen.
Was dabei mit ihren Artgenossen geschah, war Piior letztlich egal. Für ihn waren sie kein Leben, sondern lediglich eine Masse, über die er Macht ausüben konnte.
„Alaska Saedelaere! Laß das sein!" schrie der Geisteslenker.
Saedelaere lockerte urplötzlich den Griff um Piiors Geist. Der blinde Barrayd-Mutant schwankte, fiel auf die Knie, rappelte sich wieder hoch.
„Was soll das, Alaska Saedelaere?"
„Laß unsere Schiffe frei. Dann können wir vielleicht allen helfen. Den
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