1723 - Das Templer-Trauma
kaum zu fassen«, flüsterte sie.
»Genau das meine ich auch. Nur müssen wir uns den Tatsachen stellen und dürfen die Augen nicht verschließen. Du weißt selbst, dass Godwin vor einigen Monaten von der Vergangenheit eingeholt wurde. Du hast selbst im Zentrum gestanden, und ich denke, dass jetzt etwas Ähnliches passiert ist.«
»Das kann man so sagen«, erwiderte sie leise. »Aber die beiden Frauennamen, die du genannt hast, sind mir unbekannt.«
»Es muss zumindest zwischen dieser Bettina, die als Heilige bezeichnet wurde, und Godwin eine Verbindung geben, die aus der Vergangenheit stammt, als er und viele andere Menschen unterwegs ins Heilige Land und damit nach Jerusalem waren.«
»Das sehe ich jetzt auch so. Aber was können wir unternehmen?«
»Es ist wichtig, dass ich Kontakt mit deinem Mann aufnehme. Er hat doch sein Handy mit – oder?«
»Das schon.«
»Gut. Dann werde ich ihn in Deutschland anrufen, und wenn mich nicht alles täuscht, werden Suko und ich morgen zu ihm stoßen.«
»Das wäre wirklich auch in meinem Sinne.«
»Danke für die Auskünfte. Noch sind wir hier in London und reden mit der Frau, die schon mal gelebt hat. Ich rechne damit, dass sie ebenfalls mit nach Deutschland kommen wird.«
»Das wird wohl richtig sein.«
»Dann bis später, Sophie.«
»Passt auf euch auf.«
Das würden wir schon. Klar, dass sich Sophie Sorgen machte, denn die Hüter der Apokalypse waren nicht vergessen.
Ich ließ mein Handy verschwinden und ging die wenigen Meter zurück zum Café. Suko würde mehr als große Augen kriegen, wenn er hörte, was ich herausgefunden hatte.
Er saß noch zusammen mit Sarah Winter am Tisch und schaute hoch, als ich zwischen ihnen stehen blieb.
»Was ist denn passiert, John? Du siehst so komisch aus.«
Ich ließ mich auf den freien Stuhl sinken. »Und genauso fühle ich mich auch.«
»Dann lass mal hören.«
Den Gefallen tat ich den beiden. Suko war nicht überrascht, dass ich in Alet-les-Bains angerufen hatte, und meinte, dass er ebenso gehandelt hätte.
Sarah Winter aber staunte. Sie wusste nicht alles, konnte sich aber aus dem Wenigen einen Reim machen.
»Und diesen Menschen gibt es tatsächlich? Ich meine den aus der Vergangenheit, den ich als Bettina kennengelernt habe.«
Ich nickte.
Sie schüttelte den Kopf und flüsterte, während ein kalter Schauer sie überlief: »Wie ist das möglich?«
»Das zu erklären ist wirklich kompliziert. Vielleicht später mal, Mrs Winter.«
Sie leerte ihre Tasse. »Ja, später. Falls es dann ein Später für mich gibt …«
***
Godwin de Salier war mit der Krankenschwester losgefahren. Sie gab den Weg vor und saß dabei steif wie eine Puppe neben ihm, den Blick starr nach vorn gerichtet. Wenn sie mal sprach, hörte es sich monoton an.
Der Templer lächelte sie an. »Seien Sie doch etwas locker. Das tut gut.«
Sie winkte ab. »Das kann ich nicht. Es ist zu viel auf mich eingestürmt. Da hat sich die Welt zwar nicht auf den Kopf gestellt, aber viel hat nicht gefehlt.«
»Stimmt. Was wir hier erlebt haben, gehört nicht eben zum Alltag.«
Sie waren einem Phänomen auf der Spur, von dessen Gefahr sie noch nichts Genaues wussten. Alles konnte passieren.
Die Kräfte der Hölle waren in der Lage, blitzschnell und ohne Vorwarnung zuzuschlagen, und doch musste er sich fragen, ob sie wirklich dahintersteckten.
Sicher war, dass es um die Templer ging. Um etwas, das in der Vergangenheit seinen Ursprung hatte, wobei auch er offenbar involviert war. Damals, als er noch als Kreuzritter unterwegs und Mittelpunkt in einem wilden und abenteuerlichen Leben gewesen war.
Und jetzt?
Völlig verändert hatte sich sein Leben nicht. Es war kein ruhiger Fluss. Eine Gruppe wie die der Templer zu führen hieß auch die Auseinandersetzung mit Kräften, die den Templern feindlich gesinnt waren. Und davon gab es leider genug. Da musste Godwin nicht noch unbedingt die Probleme mit der Vergangenheit auf sich laden. Aber das Schicksal nahm darauf keine Rücksicht.
Hin und wieder warf ihm die Krankenschwester einen Blick zu. In der Regel neutral, aber hin und wieder auch skeptisch, sodass Godwin sich gezwungen sah, ihr eine Frage zu stellen.
»Worüber denken Sie nach?«
Sie musste lachen. »Worüber wohl? Über Sie.«
»Und warum?«
»Wie soll ich sagen? Ich halte Sie für einen ungewöhnlichen Menschen.«
»Ist das ein Kompliment?«
»Irgendwie schon. Ich spüre, dass Sie anders sind als die meisten Männer. Ohne dass ich einen Beweis
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