1724 - Die Heilige der Hölle
der sich in das Lager geschmuggelt hatte. Und er bewegte sich auch so seltsam. Als er die Mitte des Lagers erreicht hatte, blieb er stehen.
Er bewegte seine rechte Hand. Etwas zuckte in die Höhe, und genau dieser Gegenstand wurde sichtbar, weil er von einem schwachen Glühen umgeben war.
Godwin sah, dass es sich um eine Lanze handelte, die unterhalb der Spitze mit Widerhaken versehen war.
Sekunden danach erlebte er das große Grauen. Die dunkle Gestalt stach mit dem Speer zu. Die Spitze fuhr in einen Körper, der urplötzlich in Flammen stand und innerhalb weniger Momente zu Asche verbrannte.
Danach wurde es wieder dunkel. Der Unheimliche ging weiter. Er nahm sich die Nächsten vor und rammte seine Waffe erneut nach unten. Sie stieß in die Körper hinein, die kurz aufleuchteten, aber es war ein Feuer, das vernichtete.
Alles geschah lautlos. Niemand erwachte. Nicht ein Schrei zerstörte die Stille.
Die Grausamkeit der düsteren Gestalt ging weiter. Und erneut brannten die Menschen. Godwin hatte wegschauen wollen, doch wie unter Zwang starrte er nur in eine Richtung. Er war in Schweiß gebadet. Er war der Zeuge, der mit ansehen musste, wie seine Kameraden getötet wurden.
Einer nach dem anderen musste daran glauben. Der Adept fand ebenfalls den Tod und auch seine beiden Begleiter.
Einer war noch übrig. Es war Wolfram von Stadinger. Warum er erwacht war, wusste Godwin nicht. Er war aufgestanden und hatte die letzten beiden Morde mitbekommen.
Der Mörder drehte sich dem letzten Opfer zu. Wolfram tat nichts, er streckte dem Grausamen nur seine Arme entgegen, was nichts einbrachte, denn die Waffe war schneller.
Wolfram von Stadinger starb im Stehen. Es war deutlich zu sehen, wie sein Körper in dem leicht grünlichen Feuer aufglühte und noch in dieser Haltung zu Asche verbrannte.
Godwin musste mit ansehen, wie sein Freund ineinander fiel und sich seine Asche auf dem Boden verteilte, auf dem auch schon die Asche der anderen Männer lag.
Dem Templer war schwindlig geworden. Er hatte nur Blicke für den mehrfachen Mörder, der jetzt wie der große Sieger über das Schlachtfeld schritt, auf dem er die einzige lebende Person war.
Godwin stand auch nicht mehr auf dem Fleck. Ohne dass es ihm bewusst geworden wäre, hatte er sich geduckt und sich dann auf den Boden gesetzt. Er fürchtete sich davor, dass der unheimliche Mörder die Umgebung absuchte. Durch die Lücken zwischen den Zweigen starrte er auf den Ort des grausamen Geschehens und musste seinen Kopf nach links drehen, um den Weg des Mörders weiter zu verfolgen.
Er hatte ein Ziel!
Um besser beobachten zu können, richtete sich Godwin auf. Ja, der Massenmörder hatte sich tatsächlich den Brunnen als Ziel ausgesucht, wo er stehen blieb.
Er beugte sich über den Rand, und es sah aus, als wollte er sich ins Wasser stürzen. Aber das tat er nicht. Was er tat, sah der Templer nicht, weil die Szene zu weit entfernt war und sich auch die Dunkelheit nicht zurückgezogen hatte.
Nach einer Weile richtete sich der Mörder auf. Seine Aufgabe war beendet. Er sah sich nicht einmal um. Dafür löste er sich vom Rand des Brunnens und lief hinein in die Dunkelheit der Nacht, die ihn verschluckte …
***
Godwin de Salier wusste nicht, wie lange er am Bachrand gestanden und ins Leere gestarrt hatte.
Vieles ging ihm durch den Kopf, ohne dass er einer Erklärung näher gekommen wäre. Eines stand fest. Von seinen Gefährten lebte niemand mehr. Aber wer hatte sie getötet?
Die Antwort war leicht und doch so furchtbar schwer. Er hatte den Mörder gesehen und alles genau beobachtet. Aber er wusste nicht, wer sich dahinter verbarg. Eine Gestalt ganz in Schwarz gekleidet. Bewaffnet mit einer Lanze. Das war kein Mensch mehr, auch wenn er ausgesehen hatte wie ein Mensch. Er war ein Ungeheuer, ein Teufel …
Bei diesem Gedanken erschrak der Templer. Der Begriff Teufel gab ihm einen Stich, und an diesem Gedanken blieb er hängen.
Ja, es konnte sein, dass der Teufel seinen Platz in der Hölle verlassen hatte, um seine grausamen Taten zu vollbringen. Wenn das stimmte, dann gab es den Teufel wirklich.
Godwin war es heiß geworden. Bei diesem Gedanken jedoch schauderte er zusammen, als hätte jemand mit eiskalten Händen über seinen Rücken gestrichen.
Und er dachte daran, dass er von hier weg musste.
Godwin ging. Seine Füße schleiften über den Boden. Die Beine waren ihm schwer geworden.
Der grausame Mörder hatte sich nur auf die Menschen konzentriert. Die Pferde
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