1724 - Die Heilige der Hölle
hatte er leben lassen. Sie standen sogar ruhig zusammen. Niemand störte ihn dabei, als er in den Sattel eines Tieres stieg.
Wenig später klopften die Hufe über den Boden. Von seinen Gefährten hatte er keinen Abschied nehmen können. Er hatte sich nur bemüht, nicht in die Asche zu treten. Jetzt aber saß er auf dem Pferderücken und jagte in die Nacht hinein. Immer mit dem Gedanken beschäftigt, dass er eine Begegnung mit dem Teufel gehabt hatte …
***
In der Gegenwart
Die Maschine, die uns von London aus nach Deutschland brachte, war pünktlich auf dem Frankfurter Flughafen gelandet. Dort besorgten wir uns zunächst einen Leihwagen. Es war ein silberner Ford Focus, den Suko steuern wollte.
Außer ihm war noch eine Person mitgeflogen. Eine Frau, die Sarah Winter hieß und die uns erst auf die Spur eines rätselhaften Falls gebracht hatte. [1]
Sarah Winter hatte durch eine Rückführung erfahren, dass sie schon mal gelebt hatte. Vor vielen Jahrhunderten, als Bettina, die so etwas wie eine Heilige gewesen sein sollte. Wir waren durch einen Hypnotiseur darauf aufmerksam gemacht worden und hatten auch erfahren, wo sie zu Hause gewesen war. In Deutschland, im Schwarzwald, einer wunderschönen Gegend, die auch mir nicht ganz unbekannt war.
Aber nicht nur wir waren am Ball. Auch unser Freund, der Templer Godwin de Salier, war nach Deutschland gerufen worden und das aufgrund einer Vision, die ein in einer Klinik liegender Pater gehabt hatte. Man hatte ihn aus dem Klosterleben ausgeschlossen und in die Klinik gebracht, weil er diese seltsamen Visionen hatte und seine Mitbrüder nicht länger damit belästigt werden wollten.
Mit Godwin hatte ich telefoniert. Wir wollten uns in der Klinik treffen.
Ich war auf die Begegnung zwischen ihm und Sarah Winter gespannt, die zu Kreuzritterzeiten als Bettina gelebt hatte und diesen Albtraum nicht mehr loswurde.
Wir mussten die A 5 in Richtung Basel nehmen, später aber abbiegen, um kurz nach Karlsruhe in den nördlichen Schwarzwald fahren zu können. Dort würden wir die Klinik finden.
Sarah Winter saß auf dem Rücksitz. Sie verhielt sich recht still und schaute immer wieder aus dem Fenster, um etwas von der Landschaft mitzubekommen.
Suko und ich saßen vorn. Auch wir redeten nicht viel und konnten nur hoffen, dass wir das Richtige taten. Noch hatten wir nur Informationen sammeln können. Ob die ausreichten, stand in den Sternen.
Das Wetter spielte mit. Über uns spannte sich ein blauer Himmel mit weißen Wolken, hinter denen immer wieder die Sonne hervorlugte und für Wärme sorgte.
Die nächste Station hieß Bad Herrenalb. Von dort war es nicht mehr weit. Da ging es dann in die Höhe, und dort lag die Klinik inmitten einer waldreichen Gegend.
Die Zeit saß uns nicht im Nacken, und deshalb stellte ich die Frage an unsere Mitfahrerin.
»Möchten Sie etwas essen oder einen Schluck trinken?«
»Nein, ich habe ja eine Flasche Wasser bei mir. Und Hunger verspüre ich auch keinen.«
»Okay, dann fahren wir weiter.«
»Bitte, tun Sie das. Ich möchte so schnell wie möglich Gewissheit über mein Schicksal bekommen.«
»Das werden Sie«, versprach ich, »da bin ich mir sicher …«
***
Es war vorbei, es wurde wieder anders. Die Normalität kehrte zurück, und Godwin sah sich wieder in der Gegenwart. Er stand im Zimmer des Paters, der im Bett hockte, ihn mit einem ungläubigen Blick anschaute und nach Worten suchte. Schließlich stellte er flüsternd eine Frage, die an den ungläubigen Thomas erinnerte.
»Darf ich dich anfassen?«
»Wenn du willst …«
»Ja, das muss ich. Ich will dich berühren, sonst kann ich es nicht glauben.«
»Bitte.« Godwin lächelte. »Dagegen habe ich nichts.« Er trat dicht an das Bett heran, und Gerold strich über seinen Unterarm, wobei er flüsterte: »Ja, es stimmt. Du bist es. Du bist es in Fleisch und Blut.«
Der Templer nickte. »Sicher, ich bin wieder da. Zurück aus der Vergangenheit. Aber dieser Übergang existiert nicht mehr, ich habe ihn schließen können.«
»Und du hast etwas Schlimmes erlebt.«
»Das stimmt.«
»Willst du darüber reden?«
Godwin überlegte. »Ja, das werde ich. Du hast ein Recht darauf, es zu erfahren.« Er nickte und zog seinen weißen Kittel aus, in dem er sich etwas unwohl fühlte. Die Bilder aus der Vergangenheit standen noch immer plastisch vor seinen Augen. Dem eigenen Ich zu begegnen, das war schon etwas Besonderes.
Dann schaute er aus dem Fenster. Es war dunkel geworden. In der Klinik
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