1725 - Hängt die Hexe höher
stand.
Wären es nur die Halbvampire gewesen – auch in der Überzahl – hätten Jane und ich uns ihnen entgegenstemmen können. Wir beide zusammen besaßen genügend Munition, um sie aus dem Weg zu schaffen. Aber da gab es noch jemanden, eben die blonde Bestie Justine Cavallo, und sie konnte man als einen Joker bezeichnen.
Erst einmal musste ich mich um die sechs Halbvampire kümmern. Sie gingen weiter, es gab nichts, was sie hätte aufhalten können. Weder Bäume, Sträucher noch sonst etwas. Und sie traten immer deutlicher hervor, weil sie näher kamen.
Ich hatte nicht mehr darauf geachtet, was sich hinter mir abspielte. Dafür tippte mir jemand auf die Schulter, und ich hörte Janes Stimme.
»Erschrick nicht …«
»Ist schon okay.«
»Aber das da vorn nicht, oder?«
»Das kannst du laut sagen.« Ich wies hin. »Siehst du, was jeder von ihnen in den Händen hält?«
Jane nickte und antwortete mit belegter Stimme: »Wie es aussieht, sind es Schlingen, durch die man Köpfe stecken kann, oder liege ich da falsch?«
»Nein, liegst du nicht. Sie wollen das Blut der Frauen trinken und sie danach hängen.«
»Mist.«
»Du sagst es.«
»Was können wir tun?«
Ich berichtete ihr von meinem Plan, den ich mir ausgedacht hatte. Jane hörte aufmerksam zu, holte anschließend tief Luft und sagte nur zwei Sätze.
»Das ist wohl die einzige Möglichkeit, die wir haben. Wir müssen es machen wie auf dem Schießstand.«
»Genau.«
Sie warf mir einen Blick von der Seite zu. »Fühlst du dich dabei wohl?«
»Nein, aber ich sehe im Moment keine andere Möglichkeit.«
»Dann lass uns in den sauren Apfel beißen.«
Dass die Halbvampire aussahen wie Menschen, machte die Sache für uns nicht einfacher. Beide atmeten wir schwer, als wir unsere Waffen hervorholten.
»Welche nimmst du, John?«
Ich entschied mich sofort. »Die linke Seite.«
»Okay, dann nehme ich die andere.«
Die sechs Gestalten waren noch zu weit entfernt, als dass wir einen sicheren Schuss hätten anbringen können. Deshalb mussten wir warten. Wir wussten beide, was auf uns zukam. Die Spannung stieg von Sekunde zu Sekunde. Ich konnte mir zudem nicht vorstellen, dass sich die Halbvampire einfach so abschießen lassen würden.
Das Licht begünstigte unser Vorhaben nicht eben. Der Himmel war mit tief hängenden Wolken bedeckt, die kaum noch Lücken aufwiesen.
»Gibst du das Kommando?«, fragte Jane.
»Ja. Aber lass sie nahe genug herankommen. Wir haben alle Zeit der Welt. Und dann müssen die Kugeln sitzen. Fehlschüsse können wir uns nicht leisten.«
»Alles klar.«
Wir durften auf keinen Fall verkrampfen, mussten locker bleiben. Nur dann würden wir erfolgreich sein.
Wir waren darauf konzentriert, uns den Weg freizuschießen. Wir rechneten auch mit dem einen oder anderen Problem, aber nicht mit dem, was wirklich passierte.
Hinter uns gellten Rufe und Schreie auf. Und dazwischen hörten wir das Lachen der blonden Bestie …
***
Es war für Justine Cavallo ein Spiel, das sie liebte. Selbst erst mal im Hintergrund bleiben und von dort aus die Fäden ziehen und die Fallen stellen.
Sie wusste, dass Sinclair und auch Jane Collins nicht aufgeben würden. Um etwas zu erreichen, mussten sie die Feinde der Hexen aus dem Weg räumen. Das waren eben die Halbvampire. Sie waren in der Überzahl, doch das hatte bei einem Mann wie Sinclair nichts zu sagen. Da musste man schon mit härteren Bandagen kämpfen.
Aber sie kamen. Es war ihr Ziel, die Hexen zu vernichten. Deshalb mussten sie in deren Nähe sein. Sie hatte ihnen genaue Anweisungen gegeben, und Justine hoffte, dass sie sich daran hielten.
Sie musste nur warten. Das tat sie zwischen den nahen Bäumen, wo die Dunkelheit sie schützte. Von diesem Platz aus war es ihr möglich, die Bewegungen ihrer Gegner zu verfolgen.
Es trat genau das ein, was sie erwartet hatte. Ihr Plan klappte nicht nur, es war sogar perfekt. Ihre Augen leuchteten auf, als sie die beiden beobachtete, wie sie sich den Halbvampiren in den Weg stellten.
Sie nickte. Es lief zu ihrer Zufriedenheit. Ihre Helfer setzten ihren Weg fort. Sie kamen immer näher und lenkten durch ihr Verhalten Sinclair und die Collins ab.
Besser konnte es nicht für sie laufen. Einige Sekunden wartete die Cavallo noch, dann setzte sie sich in Bewegung und schlich am Waldrand entlang so weit vor, bis sie die Höhe der beiden Wohnmobile erreichte.
Sie standen nebeneinander. Aber zwischen ihnen befand sich ein genügend großer Raum, um agieren zu
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