1727 - Der Schrecken von Dartmoor
weiß nicht mal, was damit passiert ist. Ich wollte es auch nicht wissen.«
»Es wäre dein Erbe gewesen.«
»Klar, das wäre es. Aber damals hatte ich andere Sorgen, das kannst du dir vorstellen. Für mich brach eine Welt zusammen. Ich wollte nur noch weg. Hier hat mich nichts mehr gehalten. Überhaupt gab es nur einen Menschen im Ort, der mich in meinem Glauben an eine gute Zukunft bestärkt hat. Das ist Jason Flint gewesen.«
Wir wussten über ihn Bescheid. Auf dem Weg hatte uns Angela davon berichtet, und er war es auch, den wir aufsuchen wollten. Sie war davon überzeugt, dass nur er uns weiterhelfen konnte.
»Hättest du ihm nicht Bescheid geben sollen?«, fragte ich.
»Nein.« Angela lächelte. »Es ist besser, wenn man überraschend erscheint. Und noch etwas. Er weiß nicht, was mit mir los ist. Als ich Dunstone verließ, war ich noch nicht verändert, wenn man das so sagen darf.«
»Kannst du.«
»Und wohin muss ich fahren?«, fragte Suko.
»Noch ein Stück geradeaus, dann rechts. Die Flints haben nicht an der Hauptstraße gewohnt.« Sie atmete tief durch. »Was mich auch interessieren würde, ist Folgendes: Wo halten sich meine Eltern auf? Aus der Klinik sind sie geflohen. Und ich glaube fest daran, dass sie sich einen Platz aussuchen, den sie kennen. Und das ist Dunstone. Oder seht ihr das anders?«
Das sahen wir ebenso. Allerdings konnten wir uns nicht vorstellen, dass sie in ihr altes Haus zurückgekehrt waren, in dem jemand anderer leben musste.
Das würde uns alles Jason Flint sagen können. Der Mann, zu dem Angela Vertrauen hatte.
***
Wir mussten abbiegen. Der Untergrund wurde leicht uneben und weiter vor uns sahen wir eine Weide, auf der eine Handvoll Schafe standen.
Auch hier gab es die üblichen Häuser, aber die Abstände zwischen ihnen waren größer. Freie Flächen mit fettem Gras bewachsen.
»Wir müssen uns rechts halten«, erklärte Angela.
Ich hatte sie im Innenspiegel beobachtet. Ihre Haltung war nicht mehr so locker. Den Oberkörper hatte sie nach vorn geschoben. Sie schaute aus dem Fenster. Ihr Gesicht war zu einer Maske geworden, und dann hob sie einen Arm und streckte den Zeigefinger aus. Sie wies auf ein Haus, dessen Dach mit einer grünen Schicht auf den Pfannen bewachsen war. Wie ein grauer Stummel ragte der Kamin hervor. Auch der Garten vor dem Haus war zu sehen. Hier empfingen bunte Blumen den Gast.
»Wo soll ich halten?«, fragte Suko.
»Dort wo der Zaun beginnt.«
»Okay.«
Es war nur wenige Meter, die wir noch fahren mussten, dann stand der BMW. Ich schnallte mich los und drehte mich um. Einige Worte wollte ich noch sagen, die allerdings verschluckte ich, als ich mir Angela genauer anschaute.
Sie bewegte sich nicht. Hinzu kam ihre Blässe und der starre Ausdruck im Gesicht. Kein Wort drang über ihre Lippen, aber sie hatte ihre Lässigkeit verloren.
»Was hast du?«
Auf meine Frage hin schüttelte sie nur den Kopf. Die Antwort gab sie durch eine Geste. Sie hob ihren linken Arm und schob dabei den Ärmel zurück, damit die nackte Haut sichtbar wurde.
Sie war nicht mehr nackt.
Etwas passierte.
Nicht nur ich hielt den Atem an, als sich plötzlich das Zeichen auf der Haut abmalte. Was es genau darstellte, war nicht zu erkennen. Aber es leuchtete in einem violetten Licht oder einer Farbe, und das war schon ungewöhnlich.
»Was hat es zu bedeuten?«, fragte ich.
Angela atmete schnell und heftig. Dann sagte sie: »Er ist da. Ich spüre es. Er hat mich übernommen. Er hat mir wieder die Kraft gegeben. Er hat mir gezeigt, dass ich zu ihm gehöre. Er hat unsere Familie schon unter Kontrolle.«
»Und jetzt?«
Sie wartete mit ihrer Antwort. »Ich weiß nicht, was das zu bedeuten hat. Aber wir sind nahe dran.«
»Denkst du an das Haus?«
»Ja, das muss ich. Aber eigentlich hat Jason Flint nichts damit zu tun. Das ist es, was mir Sorgen bereitet. Wenn ich ehrlich bin, dann befürchte ich, dass sich bei ihm auch etwas verändert hat.«
»Was schlägst du vor?«
Die Kollegin hatte sich wieder gefangen, ihre Stimme klang normal bei der Antwort. »Ich werde aussteigen und auf das Haus zugehen. Bleibt ihr bitte im Auto. Jason kennt euch nicht. Ich bin ihm bekannt, und ich weiß auch, dass er mir nicht negativ gegenübergestanden hat. Ich muss mit ihm reden.«
»Ja, aber sei vorsichtig.«
Sie warf mir einen schnellen Blick zu. »Darauf kannst du dich verlassen.«
Es war ihr Spiel, und Suko meinte, dass nichts darauf hinwies, dass dieser Jason Flint Besuch
Weitere Kostenlose Bücher