1727 - Der Schrecken von Dartmoor
schrie Jason Flint.
»Geh ins Haus!«, rief ich zurück. »Wir kümmern uns um die Legende!«
Bisher hatten wir nicht viel zu tun gehabt. Hinzu kam, dass wir nicht in Lebensgefahr schwebten. Aber keiner wusste so recht, wie wir einen Angriff starten sollten.
Der Reiter hatte sein Ziel erreicht. Obwohl sein Schädel sich verändert hatte und jetzt zerplatzte, stellte diese Legende noch immer eine Gefahr dar.
Tatsächlich hatte er hier das Kommando übernommen. Er hatte sein Pferd gezügelt, aber er stand nicht still. Er ritt im Kreis, wobei er immer wieder mal einem von uns den Rücken zudrehte.
Mir fiel auf, dass Suko seine Peitsche schlagbereit in der Hand hielt, aber noch nicht eingriff. Irgendetwas hatte der Reiter noch vor, das sagte uns unser Gefühl.
Tatsächlich passierte es. Auch das war harmlos, denn die Gestalt beugte sich tief über den Pferderücken vor. Seine dunkle Flatterkleidung verbarg fast alles an ihm, besonders die Stelle, an der der Kopf sitzen musste.
Den gab es nicht mehr.
Oder doch?
Ich war mir plötzlich unsicher geworden, als er aus seiner gebückten Haltung wieder in die Höhe kam. Er war noch auf dem Weg nach oben, da bekam ich große Augen, denn er hatte einen neuen Kopf bekommen oder sich einen geholt.
Wieso das passiert war, wusste wohl keiner von uns. Die Pläne der Hölle waren oft genug mehr als rätselhaft und oft sehr, sehr grausam, so wie auch jetzt.
Es gab keinen kopflosen Reiter mehr. Er hatte sich einen neuen geholt, aber das war bestimmt nicht seiner, denn auf seinen Schultern saß der Kopf unserer Kollegin Angela Fox…
***
Manchmal gibt es Momente, da ist man wie vor dem Kopf geschlagen, und das war auch hier der Fall. Den Boden verloren wir zwar nicht unter den Füßen, aber so ähnlich fühlte es sich schon an, denn dieses Bild hatte keiner von uns erwartet.
Wir standen da und taten nichts. Nur starren, nur die Köpfe schütteln, mehr konnten wir nicht. Mit allem hatten wir gerechnet, aber nicht mit einer derartigen Wendung. Wieder einmal zeigte uns der Teufel, welche Macht er besaß.
»O Himmel, das ist…«
Weiter kam ich nicht. Dieses Bild machte mich sprachlos. Der Fluch hatte die Familie Fox voll getroffen. Die Eltern waren tot, doch damit hatte sich die Hölle nicht zufriedengegeben, sie machte einfach weiter.
Jetzt hörten wir das Lachen. Es war ein Gelächter, das wir kannten, denn unsere Kollegin hatte es ausgestoßen.
Aber war sie das wirklich noch?
Nein, daran konnte keiner von uns glauben. Es war einfach grauenhaft, was wir hier durchlitten. Die Hölle hatte uns gezeigt, wie stark sie letztendlich war, und wir konnten uns nur als Verlierer fühlen. Wir hätten besser auf Angela aufpassen müssen. Das war jetzt zu spät. Wir hatten das Nachsehen.
Suko und ich standen näher am Geschehen. Jetzt aber kam auch Jason Flint zu uns. Er ging wie ein alter Mann, schlurfte über den Boden und schlug dabei Kreuzzeichen.
Das Lachen war verstummt.
Aber es war auch keine Stille eingetreten. Das schwarze Pferd scharrte unruhig mit den Hufen, als wollte es im nächsten Augenblick losgaloppieren.
Ich wartete darauf, dass es geschah, aber der Reiter hielt die Zügel mit beiden Händen fest. Wobei es nicht mal seine Hände waren. Hier ging es einzig und allein um den Kopf. Er war das Steuerpult, das der Teufel lenkte.
Wer den Reiter vernichten wollte, der musste auch unseren Schützling töten. Es war eine grausame Vorstellung für uns, aber leider eine Tatsache. Sie stand voll und ganz auf der anderen Seite. Ich wollte auch nicht danach fragen, wie es der Teufel geschafft hatte, den Reiter so zu verändern. Er konnte es eben. Seine Macht war so gut wie unbegrenzt, wenn man ihm nicht rechtzeitig genug in den Weg trat, und das hatten wir leider versäumt.
Von der Seite her schlich Jason Flint auf uns zu. Seine Stimme zitterte, als er sprach.
»Ihr müsst was tun, verdammt! Das kann doch nicht so bleiben.« Seine Stimme klang schrill.
Wir gaben ihm ja recht. Nur, was sollten wir tun? Sie erschießen? Kugeln in ihren Kopf jagen?
Ja, das war eine Möglichkeit. Aber sie war auch eine Kollegin, und da fiel die Entscheidung nicht leicht.
Und der Reiter hatte seinen Spaß. Er lachte uns zunächst aus, dann fing er an zu reden.
»Ich bin der Sieger. Ich habe gewonnen. Ich bin wieder da und stärker als zuvor…«
Ja, jemand hatte gesprochen. Aber wer war es gewesen? Der Schrecken oder Angie Fox?
Wir konnten es nicht sagen, denn die Stimme war neutral
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