1733 - Tempel der Unsichtbaren
eine heiße Kartoffel. Möglicherweise hat sie ihm das nicht verziehen und ihn deshalb gekillt.«
Tanner sprach nicht dagegen. »Gut, ich nehme das mal als ein Motiv hin. Aber dieser Mann muss doch etwas bemerkt haben, ich meine, die beiden waren zusammen. Möglicherweise ist sie auch mal unsichtbar geworden...«
»Ja, möglicherweise, aber wir haben nicht darüber gesprochen.«
In Tanners Gesicht arbeitete es, bis er die Schultern anhob und Jane erklärte, dass er sich ab jetzt um seine Arbeit kümmern müsste.
»Heißt das, dass ich gehen kann?«
»Klar. Ich weiß ja, wo ich dich finde. Und ich denke, dass du mit einem Anruf bei John Sinclair nicht so lange warten willst. Oder sehe ich das falsch?«
»Bestimmt nicht.«
»Dann hören wir wieder voneinander.«
»Darauf kannst du dich verlassen.«
Beide erhoben sich und verabschiedeten sich mit einem Händedruck.
Jane Collins bewegte sich in Richtung Ausgang, zahlreiche Augenpaare starrten sie an, und bestimmt waren die meisten Menschen froh darüber, nicht an ihrer Stelle zu sein, denn wer saß schon gern neben einer Leiche?
So hatte sich die Privatdetektivin den Abend nicht vorgestellt. Sie verließ das Lokal und ging zu ihrem Golf, der auf einem Parkplatz neben dem Restaurant stand.
Sie ließ sich auf den Fahrersitz fallen und musste sich erst mal beruhigen. Zeugin eines Mordes zu sein passierte auch Jane Collins nicht jeden Tag, und diesen Vorgang musste sie erst mal verkraften.
Der Abend war noch nicht sehr weit fortgeschritten. Auch hier in London waren die längsten Tage zu spüren, denn der Himmel zeigte noch eine graue Helligkeit.
Die Privatdetektivin holte ihr Handy hervor und rief die Festnetznummer des Geisterjägers an. Es stand nicht fest, ob John überhaupt zu Hause war, und sie hatte auch Pech, denn er war nicht da.
Der nächste Versuch galt seinem Handy. Es war ihr egal, ob sie ihn störte, dieser Fall war zu wichtig, aber auch da erreichte sie nichts. Nur die Mail-Box war eingeschaltet. Jane hinterließ keine Nachricht. Sie wollte es später noch mal versuchen, wenn sie sich in ihrem Haus befand.
Nachdem sie den Vorsatz gefasst hatte, startete sie den Wagen und rollte auf den Ausgang zu. In ihrem Kopf wirbelten die Gedanken durcheinander, die sie erst mal ordnen musste.
Auch als ihr das gelang, fühlte sie sich nicht besser. Jane wusste genau, dass ein Horror auf sie zukommen würde, aber sie dachte nicht daran, von diesem Fall die Finger zu lassen...
***
Knapp zwanzig Minuten später hatte Jane den Wagen in der Straße abgestellt, in der sie wohnte. Sie stieg aus und blickte sich um. Was sie sah, war normal. Da gab es nichts Verdächtiges zu entdecken. Aber das war auch nicht möglich. Wenn eine Unsichtbare gelauert hätte, dann hätte sie die Person sowieso nicht gesehen.
Die Luft war lau und nicht mehr so schwül wie in den vergangenen Tagen. Es ließ sich gut im Freien aushalten, was auch zwei Nachbarn taten und sich unterhielten.
Jane kannte die beiden Männer, grüßte freundlich, sprach ein paar Worte mit ihnen und ging dann den Rest der Strecke bis zu ihrem Haus.
Dass eine unsichtbare Person die Täterin gewesen war, das ließ sie nicht los. Jane wurde auch jetzt den Eindruck nicht los, von unsichtbaren Mächten beobachtet zu werden, doch dafür hatte sie keinen Beweis. Es brachte auch nichts, sich verrückt zu machen. Sie musste sich dem Schicksal stellen. Das hatte sie schon immer so gehalten.
Das Haus war leer. Manchmal wünschte sich Jane, dass es jemanden gab, der auf sie wartete, aber sie war ehrlich genug gegen sich selbst, um zuzugeben, dass so etwas nicht für sie infrage kam.
Sie zog ihre Kostümjacke aus und hängte sie unten an die Garderobe. Dann ging sie eine Etage höher, wo sie sich ihre kleine Wohnung eingerichtet hatte.
Auch hier war alles normal, es gab nichts, was sie hätte misstrauisch machen können. Seit einiger Zeit lebte sie wieder allein in dem Haus. Die Vampirin Justine Cavallo hatte es vorgezogen, Jane wieder zu verlassen, was diese wirklich nicht bedauerte.
Es war noch keine zweiundzwanzig Uhr, wie sie feststellte. Die Nacht lag noch vor ihr, und sie hatte nicht vergessen, wen sie anrufen wollte.
Nachdem sie sich einen Kaffee gekocht und in ihrem Wohnzimmer den Platz im Sessel eingenommen hatte, griff sie wieder zum Telefon, um John Sinclair anzurufen.
Es blieb beim Versuch, denn plötzlich trat das ein, was sie befürchtet hatte.
Hinter ihr und auch nicht weit von ihrem rechten Ohr
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