1735 - Haus der Verfluchten
deshalb mit Flüsterstimme: »Willst du wirklich morden?«
Benny legte den Kopf in den Nacken. »Ich muss es tun. Ich will ein Verfluchter werden und ich will meinem Vater nahe sein. Das solltest du verstehen. Du hältst doch auch große Stücke auf deinen Alten. Oder etwa nicht?«
»Das stimmt.«
Benny kicherte. Er drehte sich auf der Stelle. Er war ganz in seinem Element. »Es ist doch fantastisch. Es ist wunderbar, ich fühle mich sauwohl. Ich habe meinen Weg gefunden, denn ich weiß, dass sie um mich sind.«
»Die Verfluchten?«
»Wer sonst?«
Johnny wollte seinem Freund einen guten Rat geben. »Dann geh. Bleib nicht länger hier. Du musst deine Chance nutzen. Noch bist du ein normaler Mensch, noch hast du dich nicht schuldig gemacht, doch das kann sich schnell ändern. Und dann gibt es kein Zurück mehr. Das habe ich schon öfter erlebt. Deshalb lass es sein. Komm wieder zu dir!«
Benny hatte Johnny reden lassen. Aber es gab keine Veränderung bei ihm. Der harte Glanz in seinen Augen blieb und unterstrich seine Entschlossenheit. Da wusste Johnny, dass sein Versuch vergeblich gewesen war.
»Ich weiß, was ich tue, Johnny. Ich stehe dicht davor, ein Verfluchter zu werden. Mein Vater ist es schon. Er hat seine Prüfung bestanden, und das wird bei mir auch der Fall sein. Ich mache hier mein Meisterstück.«
Es war klar, was Benny damit gemeint hatte. Er musste ebenfalls einen Mord begehen, und der Mensch, der sterben sollte, lag vor ihm.
Es war schwer für Johnny, diese Veränderung nachzuvollziehen.
Benny war nicht mehr er selbst. Nie hätte Johnny gedacht, dass aus seinem Kumpel so etwas werden konnte. Die Verfluchten hatten ihn bereits unter ihre Kontrolle gebracht.
Aber wer waren sie genau?
Auch darüber dachte Johnny nach. Bestimmt Geister. Nur besondere in diesem Fall, denn er ging davon aus, dass es Geister waren, die keine Ruhe finden konnten. Die sich zwischen den Dimensionen aufhielten und in einen bösen Kreislauf geraten waren. Als Menschen mussten sie etwas Grauenvolles getan haben, und sie waren in der Lage, normale Menschen zu manipulieren.
Noch immer lag Johnny auf dem Boden. Er fühlte sich hilflos, obwohl man ihm keine Fesseln angelegt hatte. Aber möglicherweise konnte das seine Chance sein, denn Benny Ross war waffenlos. Zumindest hatte Johnny noch keine bei ihm entdeckt.
Und er dachte an seinen Vater und an John Sinclair. Sie würden längst erfahren haben, dass er verschwunden war, aber das Ziel war ihnen unbekannt.
Johnny richtete sich ein wenig auf. Er hatte die Arme dabei angewinkelt, und so konnte er sich auf seine Ellbogen stützen. Benny sah es und schüttelte den Kopf.
»Bleib liegen!«
»Klar. Ich will nur etwas fragen.«
»Nein!«
Daran hielt sich Johnny nicht. »Wer will mich denn umbringen? Du oder die Verfluchten?«
»Was fragst du so dumm? Nicht die Verfluchten. Ich werde dich töten. Ich mache mein Meisterstück, wie es mein Vater getan hat. Ist das klar?«
»Ich denke schon.« Die Haltung wurde Johnny allmählich zu anstrengend. Er wollte sie ändern, bewegte sich zur Seite und hatte vor, auf die Füße zu kommen.
»Bleib liegen!«
Johnny kümmerte sich nicht um den Befehl. Er machte weiter und hörte ein fast quiekendes Geräusch. Benny hatte es in seiner wilden Wut ausgestoßen, dann trat er zu.
Damit hatte Johnny gerechnet und sich auch darauf einstellen können. Der Tritt hatte sein Gesicht erwischen sollen, doch er hatte den Kopf zur Seite gedreht. Der Fuß verfehlte ihn und streifte nur sein Haar.
Benny war sauer.
Johnny hörte ihn fluchen und sah, dass er erneut ausholte. Noch einmal würde Benny ihm das Ausweichen nicht so leicht machen, und gleichzeitig musste er zum Angriff übergehen.
Er warf sich dem Fuß entgegen. Zudem hatte er beide Hände vorgestreckt. Und er schaffte es, Bennys Fuß zu packen. Zwar rammte die Sohle gegen seine Hände, aber er war in der Lage, den Knöchel zu umfassen und ließ ihn auch nicht mehr los.
Johnny drehte am Bein.
Er hörte einen Schrei, dann sah er den Körper, wie er vom Boden abhob und sich noch in der Luft drehte, bevor er hart aufschlug.
Johnny spürte, wie der Boden erzitterte. Er hatte sich einen Vorsprung verschafft, den er nicht aus der Hand geben wollte. Noch immer saß er am Boden, was ihm nicht gefiel. Denn jetzt war es Johnny Conolly, der das Heft in die Hand nahm...
***
Wir hatten Gary Ross die Handschellen nicht abgenommen. Wenn er den Blick senkte, konnte er auf seine gefesselten Hände
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