1735 - Haus der Verfluchten
keinen Zweifel. Aber er war ihr auch fremd. So hatte sie ihn noch nie gesehen. In den Tagen seines Verschwindens musste etwas Schlimmes mit ihm geschehen sein.
Fiona Ross hatte sich noch nicht entschieden. Allerdings wollte sie ihren Mann auch nicht vor dem Haus stehen lassen, das brachte sie nicht fertig. Wenn wenigstens Benny, ihr Sohn, im Haus gewesen wäre, dann hätte sie ihn fragen können. Aber Benny war unterwegs, und so musste sie allein eine Entscheidung treffen.
Wieder sah sie das Gesicht vor sich. Es kam ihr nicht mehr so blass vor. Jetzt sah es mehr aus wie Asche, aber das waren nur Nebensächlichkeiten.
Sie hatte sich entschieden. Sie musste ihren Mann ins Haus lassen, dann würde sie weitersehen. So wie er wirkte, brauchte er sicherlich Hilfe.
Mit der Hand gab sie ihm Zeichen, damit er verstand, was sie vorhatte. Dann drehte sie sich um und verließ den Wohnraum, um zur Tür zu gehen. Auch ihre Knie zitterten. Sie musste sich immer wieder zusammenreißen. Bevor sie die Tür öffnete, blieb sie stehen und atmete erst mal tief ein.
»Hoffentlich mache ich alles richtig«, flüsterte sie, dann zog sie die Tür auf, die nicht verschlossen war. Die warme Abendluft traf ihr Gesicht. Die umstehenden Häuser warfen Schatten in den Hinterhof hinein. Etwas weiter entfernt gaben zwei Lampen ihr Licht ab.
Ihr Mann war noch nicht da.
Fiona schüttelte den Kopf. Sie war darüber schon ein wenig verwundert, gab jedoch nicht auf, sondern rief seinen Namen mit halblauter Stimme. Er musste doch etwas gesehen und auch jetzt gehört haben.
Ja, er kam.
Sie sah ihn noch nicht. Dafür hörte sie seine schlurfenden Schritte von der rechten Seite her. Fiona drehte den Kopf und ging dabei einen Schritt vor.
Er kam.
Er schwankte.
Er stolperte und hatte große Mühe, sich auf den Beinen zu halten. Sie wollte ihm schon die Arme entgegenstrecken, um ihn zu stützen, als er die Haustür erreichte.
Vor seiner Frau hielt er an. Auch diesmal geriet er ins Schwanken. Fiona fasste nach ihm, um ihn zu halten, und als sie ihn berührte, da spürte sie, dass seine Haut eiskalt war. Sie hatte damals beim Leichnam ihrer Mutter das Gleiche gefühlt. Deshalb erschauderte sie auch. Und doch riss sie sich zusammen, um ihren Mann ins Haus zu ziehen.
Er ging. Er schwankte weiter. Aber er blieb noch im Flur stehen, nicht weit von der Deckenleuchte entfernt, die ein glasiges Licht verbreitete.
Er wollte nicht mehr weiter und sich einfach nur ausruhen. Er kippte nach hinten, fand für einen Moment Halt an der Wand, an der er dann nach unten rutschte und in der Hocke sitzen blieb.
Fiona hörte ihren Mann keuchen und auch schluchzen. Plötzlich tat er ihr leid. Er musste sich mit riesigen Problemen herumschlagen, die ihn bedrückten und die er nicht von sich aus preisgeben wollte. Offenbar wartete er erst auf die Frage seiner Frau.
»Was ist los, Gary?«
Er musste sich sammeln, um die Antwort zu keuchen. »Ich bin wieder da.«
»Ja, das sehe ich.«
»Aber ich bin nicht mehr der, den du kennst. Ich bin nicht mehr wie sonst.«
Das verstand Fiona nicht. »Warum nicht, Gary? Was ist denn passiert, zum Teufel?«
Wieder quälte er sich die Antwort ab. Es fiel ihm jedes einzelne Wort schwer.
»Man – man – hat – ahhh...«
»Bitte!«, flüsterte Fiona scharf, die vor ihm stand und auf ihn nieder schaute.
Gary Ross hob den Kopf etwas weiter an. Auch das geschah mühsam. Dann hatte er sich wieder gefangen und wiederholte das, was er hatte sagen wollen.
»Man – man – hat mich verflucht...«
***
Es gibt immer wieder Termine, die sich Jahr für Jahr wiederholen. Das war bei mir nicht anders als bei anderen Menschen auch. Dazu gehörte der sommerliche Besuch bei meinen Freunden, den Conollys. Man konnte auch von einer kleinen Gartenfete sprechen, zu der sie eingeladen hatten.
Natürlich an einem Wochenende, aber diesmal hatten die Conollys etwas Pech gehabt.
Suko und Shao waren zu einer Hochzeit eingeladen. Jemand aus Shaos Computer-Klub heiratete, und Suko musste mit, was ihm nicht so recht passte.
Jane Collins konnte nicht. Sie war von einer Sommergrippe erwischt worden und lag flach.
Ich kam gern, aber allein wollte ich auch nicht zu den Conollys. Zum Glück hatte Glenda Perkins zugesagt, und so würden nur wir beide Gäste der Party sein.
Es ließ sich nicht anders machen. Die nächsten Termine waren bei den Conollys besetzt, und so fuhren Glenda und ich als Paar hin. Wir nahmen den Wagen. Es stand noch nicht fest, ob wir
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