1736 - Die Zombie-Bar
lange dauern wird. Richtet euch darauf ein, dass ihr noch an diesem Abend aktiv werden könnt.«
Es waren ihre letzten Worte, danach drehte sie sich um und schloss die Tür. Jetzt war der Keller nicht mehr so wichtig. Die Oberwelt zählte mehr, denn hier würde sehr bald die Musik spielen. Und sie wollte die Dirigentin sein...
***
Es war gut, dass wir Orlanda an unserer Seite hatten. Sie kannte den Weg zur Zombie-Bar, die in einer Ecke lag, in die sich kaum Touristen verirrten. Die Straßen hier waren eng. Die Fassaden rechts und links höher, Häuser, in denen Menschen wohnten, aber auch welche, die leer standen oder nur teilweise bewohnt waren.
Man roch den Kanal und weitere kleine Wasserstraßen, die für diese Ecke im Londoner Osten so üblich waren.
Wer sich hier im Freien herumtrieb, der gehörte zum lichtscheuen Gesindel, wie man so schön sagte, und selbst die Beleuchtung an den Außenseiten der Kneipen war nicht besonders hell. Zum Teil waren die gläsernen Buchstaben auch zerstört.
Dunst schwebte über den Dächern und kroch auch in die Straßen hinein wie ein riesiges Gespenst, das weder einen Anfang noch ein Ende hatte. So kam es uns jedenfalls vor. Von einem Sommerabend im Juli konnte selbst mit viel Optimismus nicht gesprochen werden.
Orlanda saß auf dem Beifahrersitz und gab Suko mit leiser Stimme ihre Anweisungen. Ich hockte hinten und musste zugeben, dass ich diese Gassen nicht kannte.
Dafür hatte ich eine Frage. »Können wir den Wagen in der Nähe abstellen?«
»Ja.« Orlanda drehte kurz den Kopf. »Da gibt es ein leeres Grundstück, das sich eignet.«
»Okay.«
»Wir haben es gleich erreicht. Du musst rechts fahren, Suko.«
»Gut.«
Wieder rollten wir in eine schmale Straße hinein, die allerdings Lücken aufwies. Oder eine große Lücke an der linken Seite. Hier hatte mal ein Haus gestanden. Jetzt war es abgerissen worden. Man hatte noch nicht den ganzen Schutt weggeschafft. Es lag noch viel auf dem Boden, was unserem Wagen nicht gut tun würde. Deshalb hielt Suko auch an, als im Licht der Scheinwerfer eine freiere Fläche auftauchte, auf der hohes Unkraut wuchs.
»Ist das gut so?«, fragte er.
»Ja, optimal.«
Wir stiegen aus. Nicht nur, dass die Luft feucht war, sie war auch irgendwie warm, und so konnten wir von einer Schwüle sprechen, die alles andere als angenehm war.
Orlanda stand neben dem Wagen und drehte sich auf der Stelle. Ich ging zu ihr.
»Suchst du was?«
»Nein, nicht direkt. Ich weiß nur, dass sich hier auf dem Grundstück manchmal Typen herumtreiben, die immer auf eine Gelegenheit oder einen schnellen Schnitt warten.«
»Ich sehe keinen.«
»Das ist gut so.«
Suko brachte nicht mehr viel Geduld auf. »Und wo finden wir die Zombie-Bar?«
Orlanda hob die Hand und deutete quer über das Grundstück auf die andere Seite. »Wir müssen dorthin, aber wir können auch die Straße nehmen.«
Ich winkte ab. »Nein, nein, das ist schon okay so.«
»Gut.«
Wir nahmen sie in die Mitte. Das Grundstück war nicht eben klein. Es zog sich hin bis zur anderen Straßenseite. Wir kletterten über die Trümmer hinweg, schaufelten Unkraut zur Seite und sahen dann die ersten Lichter auf der anderen Seite. Sie waren nicht eben hell und passten irgendwie in diese Umgebung.
Ich wollte wissen, wo genau sich die Bar befand. Orlanda nickte nach vorn. »In einem der Häuser, von denen ihr nur die Rückseiten seht.«
»Das ist doch mal eine klare Antwort.«
Sie sagte nichts mehr. Auch Suko hielt den Mund und schaute sich mit Argusaugen um. Er suchte immer nach einer Gefahrenquelle, doch wir hatten Glück.
An seinem anderen Ende sah das Grundstück ebenso aus wie dort, wo wir es betreten hatten. Nur gab es hier eine Straße, die nicht tot war. Wir hörten Stimmen, auch die Geräusche von irgendwelchen Fahrzeugen, und von rechts her erreichte ein fahler Lichtschein den schmalen Gehsteig.
»Dort müssen wir hin«, sagte Orlanda.
Sie war in den letzten Sekunden immer nervöser geworden. Wir sahen auch, dass sie ihre Lippen bewegte, ohne etwas zu sagen. Ihr Gesicht glich einer Maske. Die Augen waren groß und erinnerten an dunkle Kugeln. Auch ihr Zittern war nicht zu übersehen.
Ich legte ihr eine Hand auf die Schulter. »Bitte, Orlanda, es wird alles gut gehen...«
»Kann sein. Sie ist stark, du darfst Tabea nicht unterschätzen.«
»Das tue ich auch nicht.«
»Und sie hat noch einen Trumpf, das weiß ich genau.«
Uns war das neu. Suko und ich blieben automatisch stehen,
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