1739 - Justines grausamer Urahn
wehtat...
***
Sie hatte erst nach ihrer Antwort gelacht, und so hatte ich sie gut verstanden. Es hieb mir zwar nicht die Beine unter dem Körper weg, aber mit allem Möglichen als Antwort hatte ich gerechnet, nur damit nicht. Das war wie ein Schlag ins Gesicht und zugleich noch ein Treffer in den Unterleib.
Da die Cavallo mich anschaute, sah sie auch meine Reaktion. Sie fing wieder an zu lachen, nur hörte es sich diesmal leise und zugleich kichernd an.
Sie hatte ihren Triumph, und ich konnte nichts daran ändern. So überrascht worden war ich selten. Aber ich drehte nicht durch, sondern wartete ab, bis sich die Vampirin wieder eingekriegt hatte. Ein paar letzte Lacher noch, dann war sie still und blieb in einer schrägen Sitzhaltung vor mir hocken.
Ich musste mich erst mal sammeln. Dann kam ich wieder darauf zu sprechen, was ich gehört hatte.
»Du hast von einem Urahn gesprochen?«
»Das habe ich.«
»Und du bist sicher, dass du dich nicht geirrt hast?«
»Traust du mir das zu?«
»Eigentlich nicht. Ich bin nur überrascht. Bisher bin ich davon ausgegangen, dass Vampire einen anderen Ahnherrn haben, mit dem alles begonnen hat.«
»Graf Dracula?«
»Ja.«
»Ach, vergiss ihn. Ich habe mit ihm nichts zu tun. Dafür aber mit dem, den du siehst.«
»Und er hat bestimmt einen Namen.«
»Was weiß ich.«
Ich war überrascht. »Dann hat er keinen?«
»Vielleicht – vielleicht auch nicht. Aber ich weiß, dass er so etwas wie ein Beschützer ist und dass ich mich auf ihn verlassen kann.«
»Pardon, wenn ich das anders sehe«, erwiderte ich spöttisch. »Bisher hat er dir nicht zur Seite gestanden.«
»Das sagst du.«
»So meine ich das auch. Hätte ich dir drei Kugeln in den Schädel gejagt und dich mit dem Kreuz attackiert, wäre er bestimmt nicht gekommen, um dir zu helfen.«
»Daran glaubst du?«
»Ja.«
»Du kennst ihn nicht. Er will nicht, dass ich vernichtet werde. Er ist so etwas wie ein Beschützer, und das schon seit urlanger Zeit.«
»Und wen beschützt er?«
»Das sucht er sich selbst aus.«
Ich hatte jetzt einiges gehört, aber es war trotzdem zu wenig gewesen. Außerdem glaubte ich ihr nicht jedes Wort, und so sagte ich: »Er ist da, das sehe ich. Aber er ist nicht in der Form vorhanden wie du. Ich kann ihn nicht anfassen, ich würde keinen Körper spüren. Es ist ein Bild, eine Projektion. Möglicherweise ein uraltes Wesen, das sich in einer anderen Dimension aufhält und sie nun verlassen hat. Kann sein, dass es sich auch um ein Überbleibsel aus der Vampirwelt handelt, das ist alles möglich. Aber Furcht macht er mir nicht, und ich werde dir auch beweisen, wie leicht es ist, ihn auszuschalten.«
»Willst du ihn vernichten?«
»Das hatte ich vor.«
»Dann schaue ich zu.«
Die Antwort passte mir nicht. Justine hatte sie mit einer so sicher klingenden Stimme gegeben, und ich dachte daran, dass das dicke Ende noch nachkam.
Als ich mich umdrehte, fragte die Vampirin: »Was willst du tun, Geisterjäger?«
Ich holte meine Pistole hervor, was sie zum Lachen brachte.
»Geweihtes Silber? Das ist lächerlich. Du weißt, dass ich dagegen resistent bin, und er ist es bestimmt auch.«
»Darf ich es auf einen Versuch ankommen lassen?«
»Bitte, wenn du dich lächerlich machen willst.«
Das wollte ich zwar nicht, aber meine eigene Aktion konnte mich nicht wirklich überzeugen. Ich wollte aber nichts unversucht lassen und erst mal klein anfangen.
Groß zu zielen brauchte ich nicht. Das Ziel war einfach nicht zu verfehlen.
Zwei Sekunden später schoss ich...
***
Bill Conolly saß in dem geliehenen Polo und fuhr durch die Nacht. Er hatte den Ort bereits hinter sich gelassen. Sein Ziel war die Kirche, die mal ein Dämonen-Dom gewesen war. Jetzt war das nicht mehr der Fall, das zumindest hoffte er, aber er hatte eine Aufgabe vor sich. Er wollte zwei Personen abholen. Zum einen war es sein Freund John Sinclair, zum anderen die Vampirin Justine Cavallo, die sich bei dem Geisterjäger aufhielt und nicht in der Lage war, größere Strecken allein zu laufen. Sie war geschwächt, denn sie hatte das falsche Blut getrunken. Eigentlich ein Unding, aber Bill hatte mal wieder erlebt, dass das Leben voller irrer Überraschungen steckte.
Er und seine Frau Sheila hatten nur Urlaub machen wollen. Dabei war ihnen die Vampirin aufgefallen, und dass eine Cavallo Urlaub machte, daran glaubte keinen von ihnen. Die hatte etwas vor.
Sie hatte sich schlau gemacht, gut recherchiert und war so in die Höhle
Weitere Kostenlose Bücher