1746 - Der teuflische Jäger
glühten.
Tricia stand auf. Sie hatte einfach das Gefühl, es tun zu müssen. Vor dem Bett blieb sie stehen und fing an zu zittern. Aus ihrem Mund drangen Laute, die so ähnlich wie ein Lachen klangen, aber danach war ihr noch nicht zumute.
So hell war es bisher noch nicht gewesen. Als man ihr die Nahrung gebracht hatte, war nur ein schmaler Schein in das Verlies gesickert. Nun aber war das Licht überall, keine dunklen Wände mehr, die ihr hätten Angst machen können. Sie empfand es wie ein kleines Wunder, und das Wunder vergrößerte sich, als sie auf die Tür schaute.
Noch war sie geschlossen. Sekunden später hörte sie ein Geräusch, das sie kannte, es war ein leises Scharren, das sie immer dann gehört hatte, wenn jemand die Klappe in der Tür geöffnet hatte.
Jetzt auch wieder.
Sie konnte ihren Blick nicht von der Tür losreißen. Sie hörte sich heftig atmen. Obwohl noch nichts weiter geschehen war, ging sie davon aus, dass etwas passieren würde. Auch wenn sie sich davor fürchtete.
Und die Tür öffnete sich. Wäre Tricia ein paar Schritte nach vorn gegangen, dann hätte sie schon durch den Türspalt schauen können. Das traute sie sich noch nicht. Sie wartete ab, bis die Tür ganz aufgeschwungen war.
Dass sie schon einmal die schreckliche Fratze gesehen hatte, das hatte sie verdrängt. Im Moment zeigte sie sich nicht.
Die Tür war offen.
Tricia spürte das Zittern in ihren Beinen.
Sie schluckte einige Male, bevor sie sich langsam zur Tür hin bewegte, denn sie wollte wissen, was sich hinter ihr verbarg.
Es war dort nicht dunkel. Das empfand sie schon mal als einen Vorteil. Und es war nichts zu hören, das ihr hätte Angst einjagen können. Alles blieb ruhig.
Und so ging sie weiter. An der Tür blieb sie stehen. Sie musste den Kopf etwas drehen, um das zu erkennen, was hinter der Tür lag.
Ihre Augen weiteten sich. Das Mädchen konnte nicht glauben, was es dort sah. Das musste ein Traum sein, sie schloss die Augen und öffnete sie wieder.
Nein, es war kein Traum.
Das Bild war nicht verschwunden, es blieb, als hätte jemand dort eine Kulisse aufgebaut. Und es war das glatte Gegenteil von ihrem Verlies.
Tricias Blick fiel in einen recht großen Raum, der eingerichtet war wie ein tolles Wohnzimmer. Sie glaubte sogar, in einen Palast zu schauen. Sie sah die herrlichen Sofas, den dicken Teppich. Auf dem großen, niedrigen Tisch standen Schalen mit Obst. Es gab auch Säfte zu trinken und die Wände waren mit bunten Figuren bemalt. Manche von ihnen sahen lieb aus, andere wiederum schauten böse, aber dafür hatte sie keinen Blick, denn sie blickte zur Decke, wo eine Lampe hing, die eine Sonne darstellte. Sie schickte ihr Licht in die Tiefe, und ihre Helligkeit vermischte sich mit der der Lampen, die an den Wänden angebracht worden waren wie Sterne.
Das, was sie sah, musste Tricia erst fassen. Hinter ihr lag die Hölle und vor ihr?
Es war für sie wie ein Paradies, und noch zögerte sie, es zu betreten.
Auf der Schwelle blieb sie stehen, weil sie sich einfach nicht sattsehen konnte.
Aber es war niemand da, der sie empfing und auf sie wartete. Da musste sie alles selbst in die Hand nehmen. Sie fühlte sich schmutzig, verschwitzt. So wie sie aussah, gehörte sie nicht in diesen Raum, doch es gab keine Alternative. Sie musste es tun, und so ging sie weiter.
Schon nach dem zweiten Schritt versanken ihre Füße in dem weichen Teppich, dessen Muster aus zahlreichen Bildern bestand, die Menschen und Tiere zeigten. Auch dafür hatte sie keinen Blick, denn es hätte sie nur durcheinandergebracht. Ihr Ziel war der Tisch, auf dem das Obst lag und die Getränke standen.
Es gab niemanden, der sie störte. Dieser Raum schien auf sie gewartet zu haben. Als sie ihn langsam durchwanderte, überkam sie trotzdem das Gefühl, beobachtet zu werden. Doch so sehr sie auch die Augen verdrehte, es war niemand zu sehen.
Tricia erreichte den Tisch. Die Speisen und die Getränke lockten. Unschlüssig blieb sie stehen. Sie leckte über ihre Lippen und kam sich vor wie eine Diebin. Dann dachte sie an die Entbehrungen, die hinter ihr lagen, und sie entschloss sich, einen der Säfte zu probieren.
Als sie die fast gefüllte Kanne anhob, zitterten ihre Hände. Aber sie riss sich zusammen, fasste die Kanne so fest wie möglich und setzte sie dann an den Mund.
Danach trank sie in langen Schlucken. Es störte sie auch nicht, dass der Saft an ihren Mundwinkeln entlang über das Kinn lief. Sie trank, und sie war froh, es zu
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