1747 - So schmeckt der Tod
Sie war von einer Szene fasziniert, die sich vor ihr abspielte. Uns war die Sicht darauf versperrt, doch wir ahnten, dass dort etwas Schlimmes geschah.
Davon zeugten auch die Geräusche, die an unsere Ohren drangen. Da wehte uns das widerliche Schmatzen entgegen, in das sich das schmerzvolle Stöhnen eines Menschen mischte.
Wir gingen jetzt schneller. Ich konnte einen ersten Blick auf den fast nackten Mann werfen, der auf dem Rücken lag und von zwei Halbvampirinnen traktiert wurde.
Die dritte schaute zu.
Und sie nahm ich mir vor.
Sie hörte nicht, wie ich mich an sie heranschlich, bis sie den Druck der Waffenmündung an ihrem Hinterkopf spürte und meinen Befehl hörte.
»Sag deinen beiden Freundinnen, dass sie den Mann in Ruhe lassen sollen, sonst schieße ich dir eine Kugel in den Schädel...«
***
Ich hatte hörbar und deutlich genug gesprochen, aber die Schwarzhaarige reagierte nicht. Das galt auch für die beiden anderen Frauen, die nicht von ihrem Opfer lassen wollten.
Ich war nicht allein gekommen. Suko hatte mir nur den Vortritt gelassen. Er merkte sehr schnell, dass die Dunkelhaarige nicht auf mich reagierte.
Er griff ein.
Zuerst erwischte es die Person, die über dem Bein des jungen Mannes lag. Der harte Tritt schleuderte sie von ihrem Opfer weg. Sie kippte zur Seite, zeigte dabei ihre blutigen Lippen und landete auf dem Boden.
Die andere Halbvampirin fühlte sich gestört. Sie hob den Kopf an. Irgendetwas wollte sie tun, was sie nicht mehr schaffte, denn Suko war schneller. Diesmal trat er nicht. Mit der freien Hand packte er die Frau an den Haaren und zerrte sie hoch, bevor er sie zur Seite und ins Stroh schleuderte, wo sie liegen blieb. Dann bückte er sich und riss den Knebel aus dem Mund des Mannes.
Das alles war sehr schnell gegangen. Vor mir stand noch immer die Schwarzhaarige und bewegte sich nicht. Wir hörten nur die jammervollen Schreie des Verletzten, und wir sahen jetzt auch die Frauen von vorn.
Sie trugen tatsächlich die schwarzen Kreuze auf den Stirnen. Was sie zu bedeuten hatten, wusste keiner von uns, aber wir würden es herausfinden.
Ich nickte Suko zu, und der verstand meine Geste. Er packte die blonde Halbvampirin und hielt sie mit der linken Hand fest. Seine Waffe drückte er gegen die Stirn, und zwar dort, wo sich das Kreuz abmalte.
Mir brannten die Fragen auf der Zunge. Ich musste sie loswerden. Im Moment drohte keine Gefahr.
»Okay«, flüsterte ich der Dunkelhaarigen ins Ohr. »Jetzt wird abgerechnet.«
»Meinst du, Sinclair?«
Ich war leicht überrascht, dass sie meinen Namen kannte. »Du kennst mich?«
»Ja, man hat mir von dir und dem Chinesen erzählt.«
»Wie schön. Wer ist es denn gewesen?«
»Kannst du dir das nicht denken?«
»Ach. Etwa Justine Cavallo?«
»Wer sonst?«
Ich musste lachen. »Auf sie kannst du nicht mehr zählen. Sie ist außer Gefecht gesetzt. Und das wird noch für eine Weile so bleiben. Vielleicht sogar für immer. Für euch heißt das, dass ihr ohne Anführerin dasteht. Das kann ich mir schon denken, dass euch das nicht passt.«
»Hör auf. Es wird sich alles richten.«
»Auch für euch?«
»Sicher!«
»Und warum sehe ich Kreuze auf euren Köpfen? Was ist da passiert? Wer hat es getan?«
Die Halbvampirin musste sich erst überwinden, um mir eine Antwort geben zu können. Und die überraschte mich.
»Das haben wir uns selbst angetan. Wir wollten unsere eigenen Wege gehen, da wir uns im Stich gelassen fühlten, denn Justine hat keinen Kontakt mehr zu uns aufgenommen.«
»Und weiter?«
»Wir wollten uns von unserem Fluch befreien und haben uns die Kreuze eingebrannt.«
Ich konnte nicht mehr an mich halten und musste lachen. »Wie naiv muss man denn sein, um zu glauben, dass so etwas möglich ist.«
»Das weiß ich jetzt auch.«
»Dann werdet ihr bis zu eurem Ende weiterhin das Blut der Menschen trinken müssen. Pech für euch, denn du weißt selbst, dass es Grenzen gibt. Wenn die Cavallo euch etwas über uns gesagt hat, dann ist dir auch bewusst, dass wir die Grenzen ziehen werden.«
»Willst du mich töten?«
Ich musste lachen. »Was würdest du denn an meiner Stelle tun?«
»Ich weiß es nicht. Aber wir haben alles versucht, um den Fluch loszuwerden.«
»Dein Pech.«
»Aber du solltest es anerkennen.«
»Was?« Ich tat ahnungslos.
»Unsere Versuche.«
»Und weiter?«
»Ja, deshalb wäre es nicht so schlecht, wenn ihr euch zurückzieht. Nur für ein paar Minuten. Wir sind dann weg, und ich verspreche dir, dass
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