1750 - Die Zeitmühle
gefunden, was er suchte. Es waren die starken Mühlsteine, deren Länge und Dicke ihm eine ideale Deckung boten, aus der er den Eingang beobachten konnte.
Noch war die Tür nicht so weit geöffnet worden, als dass man ihn von draußen hätte sehen können. Harry nutzte die Gunst des Augenblicks und duckte sich noch tiefer.
Er war froh, zwei Waffen zu besitzen. Beide holte er hervor und wog sie in den Händen. Es gab ihm ein gutes Gefühl, sich auf die Pistolen verlassen zu können.
Wieder bewegte sich die Tür. Behutsam wurde sie nach innen geschoben. Ein leises Geräusch war trotzdem zu hören.
Harry Stahl lugte über den Rand eines höher liegenden Mühlsteins hinweg und roch auch den Staub, der auf ihm lag. Wenn er nach unten schaute, sah er die Öffnung eines Schachts, der allerdings nicht tief in die Erde führen konnte, das war bei diesem Boden nicht möglich. Alte Säcke standen auch in der Nähe. Die meisten von ihnen waren zusammengesunken und teilweise verrottet. Auch das Mahlwerk war von einer dichten Kruste aus Staub und Schmiere bedeckt.
Der erste Verfolger schob sich in die Mühle hinein. Er ging nicht normal. Sein Kopf war nach vorn gestreckt, als wäre er dabei, etwas zu erschnüffeln, und Harry fragte sich, ob er einen Menschen wirklich riechen konnte.
Nach zwei Schritten blieb die Gestalt stehen. Es war nicht der Mann, den Harry verfolgt hatte. Dieser hier war kleiner, hatte eine Glatze und ein irgendwie bläulich schimmerndes Gesicht. Obwohl er nicht bewaffnet war, machte er einen gefährlichen Eindruck, was auch an seinem bösen Gesichtsausdruck liegen konnte.
Er bewegte den Kopf, weil er auf der Suche war. Erst als er nichts sah, hob er den rechten Arm an und winkte kurz mit der Hand. Dieses Zeichen galt den anderen Gestalten, die draußen auf ihn warteten und ihn als Vorhut losgeschickt hatten.
Der nächste Mann tauchte auf. Er war älter als sein Vorgänger. Graues Haar wuchs auf dem Kopf wie ein Mob. Er ging auf seinen Kumpan zu und flüsterte mit ihm. Verstehen konnte Harry nichts. Er musste sich auf die Gesten konzentrieren, die ihm klarmachten, dass für beide feststand, wo sie den Gesuchten finden konnten.
Harry wartete in seiner Deckung auf den dritten Verfolger. Die Sekunden rannen dahin, ohne dass sich ein Mann oder eine Frau zeigte. Sie blieben zurück und meldeten sich auch nicht. Den beiden wurde das Feld überlassen.
Harry Stahl dachte daran, dass er eine dieser Gestalten bereits erwischt hatte. Kugelfest waren sie also nicht.
Noch ließ er sich Zeit.
Die beiden Ankömmlinge waren auf der Suche. Harry hatte sogar den Eindruck, dass sie ihn erschnüffeln wollten, sich aber noch unsicher waren, wohin sie sich wenden sollten, denn sie bewegten immer wieder die Köpfe in verschiedene Richtungen.
Zu sehen bekamen sie nichts. Auch nichts zu hören, denn Harry hielt den Atem an, und er hatte sich noch tiefer geduckt, als die Blicke in seine Richtung glitten.
So blieb er.
Wieder verging Zeit. Dann wurde die Stille von Schrittgeräuschen unterbrochen. Sie wurden nicht gedämpft, der Boden vibrierte sogar.
Harry rechnete damit, dass er sich nicht für immer verstecken konnte. Man würde ihn finden, und der Glatzkopf schien etwas bemerkt zu haben, denn er bewegte sich in seine Richtung.
Für Harry stand fest, dass sein Versteckspiel vorbei war. Man würde ihn finden. Bevor das jedoch geschehen würde, wollte Harry kurzen Prozess machen. Er war kein Mensch, der etwas auf die lange Bank schob.
Hier musste gehandelt werden.
Auch er setzte auf den Moment der Überraschung und schnellte deshalb aus seiner Deckung hoch. Das geschah so schnell, dass der Glatzkopf überrascht wurde. Er war mitten in einer Gehbewegung – und blieb abrupt stehen.
Beide starrten sich an.
Nur einer hatte eine Waffe!
Und damit zielte Harry auf den Schädel des lebenden Toten. Ob die Gestalt wirklich wusste, was ihr bevorstand, war auch Harry nicht klar. Er sah nur sie, der zweite Eindringling interessierte ihn im Moment nicht. Zudem hielt der sich mehr im Hintergrund auf. Wie jemand, der dem anderen Rückendeckung geben wollte.
Harry wartete ab. Er hätte längst schießen können, doch er wollte endlich erfahren, was hier ablief. Und dafür musste er den anderen zum Reden bringen.
»Okay«, flüsterte er, »das ist weit genug. Jetzt will ich nur wissen, was du willst und was hier überhaupt abläuft. Also raus mit der Sprache.«
In den nächsten Sekunden sollte sich etwas entscheiden, aber Harry
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