1754 - Blutige Tränen
wir Silvester machen werden.«
»Das weiß ich auch nicht.« Nach dieser Antwort trank ich mein Glas leer. »Ich kann ja nicht darauf setzen, dass die andere Seite eine Ruhepause einlegt. Auf eine Feier will ich mich nicht einstellen.«
»Das verstehe ich. Aber wir haben auch ein Problem.«
»Welches?«
»Unser Gast.«
Bill brauchte nichts weiter zu sagen. Mir war schon klar, wen er damit meinte. Serena, die Frau mit dem Blut einer Heiligen im Körper, war auch weiterhin Gast der Conollys. Sie störte zwar nicht, das Haus war groß genug, sodass man dem Besuch aus dem Weg gehen konnte, wenn es sein musste.
Ich nickte Bill zu. »Und weiter?«
»Nichts weiter.«
Da musste ich lachen. »Du hast doch ein Problem. Du weißt nicht, wie du die Frau wieder loswerden kannst.«
»So ähnlich, John.«
»Hast du denn mit ihr über das Thema gesprochen?«
Bill senkte den Kopf und gab zu, dass er es nicht getan hatte.
»Das solltest du aber.«
»Weiß ich. Ich kann es nicht ändern. Ich bin zu feige gewesen, denke ich.«
»Und was sagt Sheila dazu?«
Da hob Bill seine Augenbrauen und dachte erst mal über die Antwort nach. »Sie ist nicht begeistert, kannst du dir ja vorstellen. Aber den richtigen Dreh hat sie auch noch nicht raus.« Bill goss sich etwas Weißwein nach. »Man kann Serena nicht mal einen Vorwurf machen. Sie ist der ideale Gast. Sie verhält sich einfach wunderbar. Sie stört überhaupt nicht. Ich denke nicht, dass Sheila sie unbedingt als Last ansieht.«
»Und was ist mit Serenas Gegnern?«
»Haben sich hier noch nicht blicken lassen, John.«
»Wartet sie denn darauf?«
»Keine Ahnung.« Bill blies die Luft durch seine gespitzten Lippen aus. »Es ist alles etwas seltsam bei uns geworden. Das Leben läuft zwar normal weiter, dennoch habe ich das Gefühl, dass es einen Bremsklotz gibt. Wer das ist, kann ich dir nicht sagen.«
»Und über einen Abschied oder einen Abschiedstermin habt ihr noch nicht gesprochen – oder?«
»So ist es. Das haben wir außen vor gelassen. Aber irgendwann muss sie verschwinden. Ich werde sie auch mal fragen, John.«
»Das ist gut.«
»Ja, und ich habe mir gedacht, dass ich das heute tue. Oder hast du was dagegen?«
Mein Lächeln fiel breit aus. »Nein, ich habe nichts dagegen. War eine gute Idee von dir, mich einzuladen.«
»Du kennst sie ja auch. Wir können ihr mal etwas auf den Zahn fühlen. Sie muss doch an sich denken, und sie will doch eine Zukunft haben.«
»Das sollte man meinen.«
»Die kann sie unmöglich hier finden.«
Da waren wir uns einig.
Egal, wie wir die Dinge auch drehten und wendeten, wir kamen nicht daran vorbei, mit Serena ein ernstes Wort zu reden. Und das würde noch heute der Fall sein.
Ich wollte von Bill wissen, wie Sheila dazu stand. Mein Freund nickte, bevor er die Antwort gab.
»Sie überlässt es uns. Aber sie ist nicht dagegen.«
»Wie hat sich Serena denn verhalten?«, wollte ich wissen. »Hat sie noch geblutet?«
»Nein, eigentlich nicht. Darüber bin ich auch froh gewesen. Wenn sie blutete, dann war das immer so etwas wie eine Botschaft, dass was anderes oder Böses unterwegs war. Oder habe ich das falsch ausgedrückt?«
»Nein, Bill, das haben wir selbst erlebt. Euer Urlaub in Tirol hat hier schon etwas Bleibendes hinterlassen.«
»Das kann man wohl laut sagen. Noch ein Bier?«
Ich schüttelte den Kopf. »Lass mal. Vielleicht beim Essen. Es gibt doch was – oder?«
»Aber sicher doch. Das lässt sich Sheila nicht nehmen. Sie hat so kleine Pizzen gebacken. Die kennst du ja.«
»Ja, und ich weiß, wie gut sie schmecken.«
»Johnny wird auch da sein.« Bill nickte. »Und ich denke, dass wir beim Essen auch das Thema Serena anschlagen können.«
»Macht, was ihr wollt.«
»Super.«
Es klopfte gegen die Tür des Arbeitszimmers, in dem Bill und ich uns aufhielten. Sofort danach wurde die Tür geöffnet, und Sheila Conolly betrat den Raum.
Wir brauchten keine großen Menschenkenner zu sein, um zu wissen, dass etwas geschehen war. Das sahen wir Sheila an, die sich noch immer sammeln musste.
»Himmel, was ist denn passiert?«, rief Bill mit halblauter Stimme. »Was hast du?«
»Wir haben Besuch bekommen. Johnny hat eine junge Frau mitgebracht.«
Bill winkte ab. »Ach so, eine Freundin.«
»Nein, nein, keine Freundin. Er kennt sie auch nicht.«
»Und warum hat er sie dann ins Haus gebracht?«
Sheila lehnte sich gegen die Lehne eines hohen Sessels. »Weil sie jemanden besuchen wollte.«
»Ach. Und wen?«
»Uns
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