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176 - Insel der Fledermäuse

176 - Insel der Fledermäuse

Titel: 176 - Insel der Fledermäuse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael M. Thurner
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ächzte, aber es hielt. Mit gleichmäßigen Armzügen hievte sie sich in die Höhe, bis der Fackelschein unter ihr verblasste. Hier war der Kamin schmal und glatt. Also schlang sie sich das Seil zur Absicherung doppelt um den rechten Oberschenkel und stützte sich mit Beinen sowie Rücken an den gegenüberliegenden Wänden ab. Das Schwert auf ihrem Rücken klirrte verräterisch.
    Mehrere Sekunden lang hielt sie inne und lauschte.
    Stille.
    Also zündete sie eine zweite Fackel an und leuchtete nach oben. Der Kamin reichte weitere zwanzig Meter in die Höhe.
    Aruula winkte Chaang, ihr zu folgen, und bewegte sich gleichzeitig selbst weiter nach oben. Sie vermied es, das Seil allzu sehr zu belasten, und nutzte stattdessen die Enge des Kamins. Ruckartig schob sie den Oberkörper ein ums andere Mal nach oben, während sie sich mit ihren Beinen an der gegenüberliegenden Wand abstützte.
    Chaang holte rasch auf. Als sie den Ausstieg erreicht hatten, befand er sich direkt hinter ihr.
    »Das müssen mindestens fünfzig Meter Höhenunterschied gewesen sein«, sagte sie leise und spuckte einen Speichelbatzen den Kamin hinab. Das Gras in ihrem Mund war mittlerweile zu einer zähen Masse verquollen. »Siehst du Zeichen, die uns sagen, wo es noch weiter hinauf geht?«
    Sie standen am Rand einer großen Höhle, in deren Mitte ein riesiger Stalaktit von der Decke hing.
    Irgendwann würde er mit einem ebenso mächtigen Stalagmit zusammenwachsen. An den Seitenwänden, die von einer Art Weg oder Galerie unterbrochen wurden, führten mindestens zehn große und kleine Löcher ins Ungewisse. Chaang marschierte sie alle ab und zuckte schließlich ratlos mit den Schultern.
    »Fünf von ihnen sind markiert und beschreiben bestimmte Ausgänge, die zu Höhlen in den Seitenflanken des Aypayats führen. Ich habe aber leider die Orientierung verloren…«
    Aruula wollte ihn einen Dummkopf schimpfen. Sie hatten doch kaum Richtungswechsel vollzogen! Spät erinnerte sie sich daran, dass sich der Junge in einer Umgebung befand, die ihm absolut fremd sein musste.
    »Das Feuer, das wir sahen, befindet sich ungefähr hundertzwanzig Schritte oberhalb von uns, in dieser Richtung.« Sie deutete nach halbrechts. Ihre Sinne funktionierten nach wie vor ausgezeichnet.
    Chaang überlegte, marschierte von einem Durchgang zum anderen, studierte konzentriert die seltsamen Hinweiszeichen. »Hier durch!«, sagte er schließlich und deutete auf den kleinsten, der gerade mal breit genug war, um sie beide durchzulassen.
    »Bist du dir sicher?«
    »So sicher, wie man sich nur sein kann.« Er bückte sich und kroch durch die Öffnung.
    Aruula seufzte, ging auf die Knie und folgte dem Jungen. Mit seinem schmalen Knabenkörper hatte er keinerlei Probleme, vor ihr her in die Dunkelheit zu robben.
    »Bei Fridjaas Oraangenhaut«, verfluchte sie die Göttin aller weiblichen Untugenden, »könnte dieser Weg nicht ein wenig breiter gebaut sein?« Mühsam hin und her wackelnd zwängte sie ihren Hintern durch die Öffnung.
    Der Gang wurde ganz allmählich breiter, sodass sie sich kriechend vorwärts bewegen konnte. Sie hoffte, dass dieser Weg nicht im Nirgendwo endete. Es würde schwierig, wenn nicht gar unmöglich sein, den Körper in die entgegen gesetzte Richtung zu drehen.
    »Hier geht es steil hinauf«, flüsterte Chaang ihr von vorne warnend zu. »Es sieht rutschig und gefährlich aus.«
    Sein Gesicht, vom Rauch der Fackeln rußig geworden, wirkte wie eine dämonische Fratze.
    »Weiter!«, befahl sie kurz angebunden.
    Es wurde kühler und feuchter. Aruula glitt nun über schlickiges Moos dahin. Durch mehrere faustgroße Seitenöffnungen pfiff der Wind, der Kanal zog sich in der Tat schräg nach oben. Auch wenn sie ihn noch nicht sah – der Ausstieg konnte nicht mehr weit voraus sein!
    »Verdammt!«, fluchte Chaang.
    Sein Fackellicht flackerte, während er den Halt verlor und nach hinten weg rutschte. Alle Versuche, sich an den glatten Wänden zu verspreizen, schlugen fehl. Immer schneller wurde er, kam auf sie zu, während das Licht endgültig verlosch.
    Aruula riss die Arme schützend nach vorne, schützte sich vor dem Aufprall des Jungen – und wurde dennoch davon überrascht. Mit unglaublicher Wucht fuhr er herab, trieb sie beide mehrere Meter zurück, bis die Barbarin endlich Halt an einer Felsnase fand.
    »Bist du in Ordnung?«, fragte sie ihn.
    »Die Narben an meiner Brust sind aufgerissen«, keuchte er. »Sie brennen, als würde mich jemand bei lebendigem Leib

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