1764 - Die Killerin
blieb ich stehen und schaute zum Himmel oder auf die Dächer. Sie wurden nicht mehr vom Schein einer Wintersonne vergoldet, denn vor sie hatten sich Wolken geschoben.
Wenn der Luftdruck sank, würde es schneien. Die brutale Kälte hatte sich zurückgezogen. Es gab auch keine Meldungen mehr von Menschen, die in der Nacht erfroren waren.
Das alles war okay, brachte uns Jane Collins aber nicht zurück. Ich stand vor einem Rätsel. Auf der Fahrt hierher hatte ich es auf dem Handy versucht, aber auch dort nichts erreicht.
Ich dachte wieder daran, diese Etage und dann auch das Haus zu verlassen, als ich etwas spürte, was ich nicht einschätzen konnte. Es war wie ein leichter Druck, der mich wie eine Klammer umgab.
Ich spürte zuerst die schwache Strömung an meinem Nacken, danach die Gänsehaut und wusste, dass beides nicht von ungefähr gekommen war. Es gab einen Grund.
Ich war nicht mehr allein.
Jemand hielt sich in meiner Nähe auf. Er oder es waren gekommen, ohne dass ich es entdeckt hatte.
Aber wo?
Ich drehte mich um – und starrte in das in der Luft starr stehende Auge...
***
Das war es also!
Da ich schon vorher so etwas wie eine Warnung gespürt hatte, war ich nicht zu sehr überrascht. Und doch hatte mich der Anblick schon leicht schockiert.
Das Auge war da. Es verschwand auch nicht. Es blieb stehen, als würde es an einem Band hängen.
Eine schwarze Pupille. Darum herum verteilt die rote Farbe der Hölle. Man konnte wirklich von einem bösartigen Gruß sprechen. Aber was wollte das Auge hier? Wem gehörte es? Zeigte sich so dieser Mentalist, der Mann im Hintergrund, oder wer immer er sein mochte?
Es war da, und ich sah es nicht nur. Ich bekam es auch zu spüren, denn an meiner Brust reagierte das Kreuz. Es strahlte Wärme aus, die wie ein Geist über meine Brust hinweg fuhr.
Ich dachte nach. Ich hätte meine Waffe ziehen und auf das Auge schießen können. Aber das ließ ich erst mal sein, denn ich wollte wissen, was das Auge wollte. War es erschienen, um sich Jane Collins zu zeigen oder nur uns?
Das stand alles in den Sternen, aber ich merkte dann die Veränderung. Jemand wollte etwas von mir. Er suchte einen Zugang. Er wollte in meinen Kopf, um dort etwas zu übernehmen. Meine Psyche sollte verändert werden, und ich merkte, dass ich große Probleme bekam, mich diesem Angriff zu widersetzen.
Etwas stach in mein Gehirn. Es war keine fremde Stimme, auch wenn es mir so vorkam. Es wollte meine Niederlage, sogar meine Vernichtung, und ich hörte so etwas wie wütende Laute, die mich quälten.
Es waren keine Worte. Erst recht keine Sätze, die gesprochen wurden, aber sie galten mir. Dieser seltsame Angriff versuchte, meine Gedanken zu zerreißen, damit ich ein willenloses Opfer für die andere Seite wurde.
Das wollte ich nicht.
Ich kämpfte dagegen an, ich schüttelte den Kopf, und ich wich dem Blick des Auge aus.
Das war am besten. So konnte ich mich dem Angriff entziehen und wieder klar denken.
Von unten her hörte ich Suko, der meinen Namen rief. Ich achtete nicht darauf und konzentrierte mich weiterhin auf das Auge.
Einer sieht alles!
So war es aufgetreten, und ich hatte bisher noch keine Chance gehabt, es zu vernichten.
Hier auch nicht?
Am Anfang war ich skeptisch gewesen, ob ich die Waffe ziehen sollte oder nicht. Das hatte sich nun geändert. Ich würde meine Waffe ziehen, ich würde das Auge bedrohen, dann abdrücken und...
Es klappte – und es klappte nicht.
Irgendwas hinderte mich daran. Meine Glieder waren schwer geworden. Das doppelte und dreifache Gewicht schien auf ihnen zu lasten. Da war die fremde Kraft, die ich nicht sah, sie aber schon zu spüren bekam. Ich schaute auf meine rechte Hand, deren Finger den Griff der Beretta umschlossen, ich musste die Pistole nur anheben und auf das Ziel richten.
Es gelang mir nicht.
Dafür erlebte ich die Reaktion der Gegenseite. Sie wollte mein Denken verhindern, um dann meine Reaktionen auslöschen zu können oder sie in ihre Richtung zu lenken.
Beide strengten wir uns an. Das Auge wollte nicht aufgeben, ich auch nicht, und so lieferten wir uns einen verbissenen Kampf.
Hätte ich jetzt abgedrückt, die Kugel hätte sich vor mir in den Boden gebohrt.
»John...?«
Die Stimme meines Freunden war jetzt deutlicher zu hören. Wahrscheinlich kam er die Treppe hoch.
Ich wollte ihm eine Antwort geben, war dazu aber nicht in der Lage. Dafür kam Suko näher, er betrat auch das Zimmer unter dem Dach – und stieß einen Fluch aus, was ich
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