1769 - Wenn Tote wieder da sind...
Haltestelle.
Nichts zu sehen. Auch nichts zu spüren. Ich konzentrierte mich auf mein Kreuz, aber da war nichts zu spüren. Es sandte mir keine Botschaft. Es schien so zu sein, als wäre alles in dieser Umgebung völlig normal.
Wir hatten Frühling, und da gab es noch zahlreiche Lücken im Bewuchs. Im Sommer wäre dies anders gewesen, so aber konnte ich mich über meine Sicht nicht beschweren. Ich hätte Glenda gesehen, wenn sie sich im Freien aufgehalten hätte. Ich überlegte nur, welches Haus ich mir zuerst anschauen sollte, und ich fragte mich, ob jemand da war, der mir die Türen öffnen würde.
Vielleicht hatte ich auch Glück und sie waren offen. Bestimmt sogar, denn Glenda war verschwunden. Da sie sich nicht draußen aufhielt, musste sie in einem der Gebäude sein.
Das kleine Haus oder das große?
Ich wusste es nicht, aber ich entschied mich dann für die ehemalige Leichenhalle. Als ich auf die Tür zuging, schaute ich zu Boden, weil ich nach Spuren suchte, die Glenda eventuell hinterlassen hatte. Ich fand nichts, aber ich hörte plötzlich den fragenden Ruf einer Frauenstimme.
»Suchen Sie was, Mister?«
Für eine Sekundenlänge blieb ich stehen, ohne mich zu bewegen. Dann drehte ich mich langsam um und sah eine Frau im Habit einer Schwester vor mir stehen. Ich erkannte auch, dass sie aus dem kleineren Haus gekommen war, denn die Tür zu ihm stand weit offen.
Ich wusste nicht, was ich als Antwort sagen sollte. Die Wahrheit wollte ich für mich behalten und hob nur die Schultern.
»Was wollen Sie denn?«
»Ach.« Ich winkte ab. »Mich mal umschauen.«
»Und warum?« Nach dieser Frage verschränkte sie die Arme vor der Brust und kam schlendernd auf mich zu. Ich musste sie einfach im Auge behalten und hörte wieder eine Frage.
»Kennen wir uns nicht?«
»Kann sein.«
Sie blieb stehen und wies mit dem ausgestreckten Zeigefinger auf mich, dabei lachte sie und sagte: »Ja, jetzt weiß ich es. Sie sind im Pub gewesen.«
»Das stimmt.«
»Und ich glaube sogar zu wissen, dass Sie nicht allein dort gewesen sind. Sie hatten eine Frau dabei, habe ich recht?«
»Ja.«
»Und was wollen Sie hier?«
»Ach, das ist ganz einfach. Ich habe Sie ja im Pub erlebt und nahm mir vor, Sie zu treffen und mich mit Ihnen ein wenig zu unterhalten. Man hat mir gesagt, wo ich Sie finden kann.«
»Interessant«, sagte sie.
»Und?«
Sie nickte. »Ich denke, wir sollten uns ein wenig unterhalten. Aber nicht hier draußen. Kommen Sie mit ins Haus. Da ist es gemütlicher.« Sie wartete meine Antwort gar nicht erst ab, sondern drehte sich auf der Stelle um und ging auf die offene Tür zu.
Was sollte ich tun? Mit ihr gehen oder erst mal weiterhin nach Glenda suchen?
Ich befand mich wirklich in einer Zwickmühle, doch dann entschloss ich mich. Glenda war erwachsen. Sie wusste, was sie tat. Womöglich hatte sie auch schon Kontakt zu der Schwester gehabt. Das würde ich nicht hier herausfinden, sondern im Haus, wenn ich mit der Frau redete.
»Ich komme«, rief ich ihr zu.
»Ganz wie Sie wollen.« Sie drehte sich um und verschwand in ihrem Haus. Ich setzte mich auch in Bewegung und musste ehrlich zugeben, dass ich mich nicht eben wohl fühlte...
***
Glenda fiel!
Sie sauste immer weiter in die Tiefe, von der sie nicht wusste, wo sie aufhörte und was dann mit ihr passierte. Oder fiel sie gar nicht? War alles nur eine Einbildung? Wurde sie von einer anderen Kraft gepackt und gehalten, wobei sie nach unten geleitet wurde?
Glenda konnte das nicht alles sagen. Sie wusste nicht mehr, was mit ihr passierte. Jemand oder etwas hatte sie übernommen und führte sie immer weiter in eine unbekannte Welt hinein.
Dann war Schluss!
Urplötzlich und ohne Ankündigung. Auf einmal war der Widerstand unter ihren Füßen da. Sie war sogar gut aufgekommen, sackte auch nicht zusammen, sondern konnte auf den Füßen stehen bleiben und wurde nicht angegriffen.
Sie atmete.
Ja, das konnte sie, und es war keine schlechte Luft, die in ihre Lungen gelangte. Es war kühl um sie herum, aber sie konnte nicht erkennen, wo sie war, denn alles war von einer tiefen Schwärze erfüllt, die sie nicht die Hand vor Augen sehen ließ.
Ich weiß nichts mehr!, schoss es ihr durch den Kopf. Verdammt noch mal, wo bin ich hier?
Sie konnte sich keine Antwort geben, und sie bekam auch keine. Atemholen war kein Problem, und als sie ihre Arme ausstreckte, spürte sie keinen Widerstand.
Wo bin ich hier?
Diese Frage stand ihr immer wieder vor Augen, aber sie bekam
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