177 - Im Reich der Hydriten
war.« Ruhig und mit fester Stimme sprach er, und keinen Schritt wich er zurück.
»Na und?« Der Wächter war es, der jetzt einen Schritt zurückwich. »Woher willst du das überhaupt wissen?«
»Sein Lehrer hat es mir erzählt.«
Der Wächter guckte verdutzt. Dann lachte er und ging zurück zu den anderen beiden. »Habt ihr das gehört? Gilamesh persönlich hat es ihm erzählt!« Er setzte sich, und sie schlugen sich die Schenkel vor Lachen. »Ein rechter Witzbold, unser Eli! Schade, dass er uns verlässt…«
Er ging in seine Hütte und schnürte seine eigenen Bündel. Es wurde dunkel, und er zündete Öllampen an.
Sorgfältig suchte er aus, was er zurücklassen und was er mitnehmen wollte. Ein längliches, in Leder geschlagenes Bündel fiel ihm in die Hände. Er wickelte den Gegenstand aus und betrachtete ihn. Ein braun angelaufener Kombacter. Er wickelte ihn wieder in das Leder, verschnürte ihn und verstaute ihn unter den Habseligkeiten, die er mitnehmen wollte.
Sechs Stunden später stand er von seinem Lager auf, um noch vor den Hirten am Tor des Nordhafens zu sein.
Er überwachte den Auszug der Herden, die er verwaltete, der Knechte und Mägde, die er beaufsichtigte, und der Esel und Kamele mit dem Hab und Gut des Mannes, für den er arbeitete.
Bei Sonnenaufgang führte sein Schüler sein Lieblingskamel ans Tor. Viele Einwohner Urs säumten inzwischen die Straße, die am Hafen vorbei aus der Stadt führte. Auf dem Lieblingskamel seines Schülers saß dessen Frau. Sie hieß Sara. »Ist alles so geschehen, wie du es geplant hattest, Eli?«, fragte ihn der Mann, für den er arbeitete und den er jede dritte Nacht auf dem Dach seines Hauses lehrte.
»Deine Herden und dein Besitz sind bereits durch das Tor gezogen, Abraham.«
»Gut, dann wollen wir Ur für immer verlassen.«
Die Menschen an der Straße und auf der Mauer winkten ihnen nach. Sie zogen um das Sumpfgebiet herum und danach entlang des Stroms Richtung Norden.
Es sollte Jahre dauern, bis sie Kanaan erreichten.
***
Quart’ol erbat sich zwei Ruhetage. Matthew wäre am liebsten sofort aufgebrochen. Die Neuigkeiten über Aruula hatten ihn aufgewühlt; er brannte darauf, sie wieder zu sehen. Aber die Höflichkeit gebot es, die zwei Tage abzuwarten, die sein Freund brauchte.
»Was wird mit uns?«, fragte die Braxton am Tag vor der Abreise. »Hier brauchen wir den Schutzanzug nicht, aber wenn wir auf andere Menschen treffen, ist die Ansteckungsgefahr hoch. Zudem müssen wir uns noch den irdischen Luftdruckverhältnissen und der Schwerkraft dieses Planeten anpassen. Wir können ja kaum in unseren Exoskeletten quer durch diesen riesigen Kontinent marschieren.«
»Nein«, sagte Matt, »natürlich nicht.« Er selbst würde sich auch etwas einfallen lassen müssen, um zum Ayers Rock zu gelangen; zu Fuß war das eine Angelegenheit von Monaten. »Am besten wartet ihr hier, bis ihr euch akklimatisiert habt.«
»Versteh mich nicht falsch«, sagte Vogler. »Die Gesellschaft der Hydriten ist zwar interessant, und wir können einen regen Erfahrungsaustausch betreiben, aber die ganze Zeit in diesen drei Kuppelräumen leben? Ich fühle mich jetzt schon eingesperrt.«
Matt Drax besprach das Problem mit Quart’ol, und schließlich einigten sie sich mit Clarice und Vogler darauf, sie auf einer Insel vor der Küste Australiens abzusetzen. Dort würden sie in einem eigens errichteten Domizil Zeit genug haben, um sich mit den ungewohnten Bedingungen auf der Erde vertraut zu machen. Eine Abordnung hydritischer Wissenschaftler, die die menschliche Sprache beherrschten, würde sie regelmäßig besuchen, und man könnte voneinander lernen. Vor allem wollten die Marsianer herausfinden, warum die hydritische Technik trotz des EMP noch immer funktionierte, und versuchen, anhand dieser Erkenntnisse eigene Stromerzeuger zu konstruieren.
Der Tag des Aufbruchs kam. Sie beluden die Qualle mit den Materialcontainern und verließen die Stadt.
Quart’ol steuerte die Transportqualle ausnahmsweise allein. Für gewöhnlich gingen Hydriten mindestens zu zweit auf Reisen.
Nach einer Tunnelröhrenfahrt von einem halben Tag erreichten sie eine Insel an der Nordwestküste Australiens. Drax kannte sie nicht, doch Quart’ol behauptete, die Menschen in den Zeiten vor
»Christopher-Floyd« hätten sie Augustus Island genannt.
Die Flutwelle nach dem Kometeneinschlag hatte sie quasi leergefegt, und sie war danach immer unbesiedelt geblieben. Auch existierte hier keine feindliche
Weitere Kostenlose Bücher