177 - Im Reich der Hydriten
dachte Martok’aros, vernichtet, vergangen, aus!
Doch es war nicht vorbei.
Die Kraft spuckte ihn in helles Licht und warmes Wasser, und unter einem gleißenden blauen Himmel fand er sich in den Wogen eines fremden Ozeans wieder.
Frische Luft blähte seine Lungen auf. Er tauchte und saugte seine Kiemen mit frischem Wasser voll. War das die Vernichtung? War das der Friede der Schöpfer?
Er tauchte. Unter Wasser blickte er um sich und stieß den Pfiff aus, mit dem er früher seinen Kampffisch zu rufen pflegte; früher, als es noch Kampffische gab in den faulenden Wassern des Rotgrundes. Und siehe, die Silhouetten großer Fische schälten sich aus der Dunkelheit der Meerestiefe unter Martok’aros.
Thurainas, zahme Thurainas! Er packte die Rückenflosse des Leitbullen und schwang sich hinter sie auf den Rücken des Großfisches.
Ein ganzes Licht und eine ganze Finsternis lang glaubte Martok’aros, der Schreckliche Kriegsmeister der Patrydree, der verfluchte Vernichtungsstrahl hätte ihn auf geradem Weg in den Frieden der Schöpfer geschleudert. Nach und nach erst begriff er, dass er noch am Leben war – in einer anderen Welt, in einer Welt mit guter Luft und frischem Wasser. Und Martok’aros, der Schreckliche Kriegsmeister der Patrydree, fing ein zweites Mal zu leben an…
***
Dies sind weitere Aufzeichnungen des Großen Ramyd’sam, die er im Auftrag des Hochrates von Ork’huz (uns bekannt als
»Erde«) im sechshundertvierundfünfzigsten Ork’huzumlauf nach der großen Weltenwanderung dem Buch der Chroniken hinzufügte .
Möge Ork’huz’ Wärme euch erfreuen, die ihr dies erfahrt, und möge das Lachen und die Geduld der Schöpfer niemals von euch weichen, so wie sie auch von mir niemals gewichen sind, seit der Große Gilam’esh, der Weltenwanderer, mich erwählte, um ihm und euch in diese neue Welt voranzugehen.
Was nun die meisten meiner Zeitgenossen betrifft, so fürchte ich leider, sie haben die Geduld und den Humor der Schöpfer überstrapaziert und längst in Zorn und Trauer verwandelt. Oder was soll ich anderes mutmaßen, wenn ich ihr Treiben in den warmen Meeren dieser schönen neuen Welt beobachte? Einer missgönnt dem anderen Rang, Jungmutter und Ehre. Sie verfolgen einander mit Hass, Intrigen und Verleugnung. Eine Forschungsgruppe geifert gegen die andere, eine Stadt erhebt sich gegen die nächste, eine Sippe raubt die Fischweiden der anderen aus. Ihre Tandrumdrüsen sind auf ein Dreifaches der üblichen Größe angeschwollen, weil fast alle zu unmäßiger Fischfresserei neigen. Es fehlt nicht viel, und sie werden den grausamen Patrydree auch noch zum Gipfel der Widerwärtigkeit nachfolgen und das Fleisch der eigenen Gattungsgenossen fressen.
Soll ich meinen verehrten Lehrer, den Großen Gilam’esh, noch länger bedauern, weil er diese schöne Welt nur in seinem Geist und nicht mit eigenen Augen sehen durfte, oder soll ich ihn fortan beneiden, weil er das böse Treiben der Hydree nicht miterleben braucht?
Ich habe beschlossen ihn zu beneiden, denn die meisten Hydree sind zu einer Schande geworden, zu einer Schande für ihre eigene Gattung, zu einer Schande für die Lehren des Großen Gilam’esh!
Ach, wenige sind es noch, die sein Andenken in Ehren halten und seiner Lehre anhängen! Zu wenige, um die Schöpfer zum Lachen zu bringen, und es scheint mir nur eine Frage von wenigen Umläufen zu sein, bis ein Berufener diesem Buch der Chroniken einen Bericht über den Ausbruch einer vierten Kriegszeit hinzufügen muss.
Möge die Geduld der Schöpfer mit mir bleiben und verhindern, dass ich es sein werde, dem diese Bürde aufgeladen wird.
Doch genug der Klage und des Jammerns, und stattdessen Erstaunen und Verwunderung über die Gunst, welche die Schöpfer der Gattung der Hydree mitten im Verfall der Weisheit, des Friedens und der Wahrheit erweisen. Eine gute Nachricht nämlich ist es, die ich heute dem Buch der Chroniken hinzuzufügen haben: Die Gattung der Hydree wird nicht aussterben und für immer aus dem Licht des Daseins verschwinden, sie wird vielmehr leben und sich fortpflanzen und die Meere dieses schönen Planeten bevölkern.
Wie groß war der Schrecken unter den Wissenschaftlern, als im zweiundfünfzigsten Ork’huzumlauf nach der Weltenwanderung sämtliche Fische starben, die wir vom Rotgrund mit in das Zeittunnelfeld nahmen, um sie hierher, in die Zukunft des dritten Planeten Ork’huz zu bringen. Sämtliche Thurainas und Wulrochs, die durch den Strahl gegangen waren,
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