1770 - Endreddes Gesetz
unseren Gunsten zu verschieben. Ich benötige ein paar Freiwillige."
„Wofür?" fragte die andere neugierig.
Dao-Lin-H'ay deutete auf den Holo-Würfel, der per Fernoptik eine Szene aus dem Biwak der Belagerer zeigte.
„Wir werden dort hinausgehen. Zu den Fermyyd. Schnappen wir uns eine Geisel! Für den Fall der Fälle."
„Eine Geisel?" fragte die Adjutantin ratlos. „An wen hast du gedacht?"
Dao-Lin-H'ay antwortete ruhig: „An Ten-Or-Too, den Kommandanten der Fermyyd-Polizisten."
*
Rhodan versäumte Atlans Erscheinen so gut wie nie. Er war kein sentimentaler Narr, wie viele dachten; wenn er ständig an Atlans Lager hockte, so hatte das durchaus seinen Grund. Denn der Körper des Arkoniden zeigte trotz seiner Bewußtlosigkeit immer deutlichere Reaktionen.
Atlan war eine Kämpfernatur. Seine Schweißausbrüche wurden immerheftiger, und die tränenden Augen wiesen auf eine starke innere, in diesem Fall wohl unbewußte Erregung hin.
Mit großer Sorge erlebte Rhodan, wie der körperliche Zustand seines alten Freundes sich rapide verschlechterte. 13 Stunden und eine Minute Kampf, und das jedesmal aufs neue ... Es war nicht leicht, so etwas durchzustehen.
Niemand konnte sagen, welchen Gefahren Atlan ausgesetzt war, solange er sich in seiner On-Phase befand. Es war sehr gut möglich, daß Atlan an einem unbekannten Ort täglich um sein Leben kämpfen mußte.
Dafür gab es gewichtige Hinweise. Und zwar in Form von Indra Priatar Jonos: Die Frau war nach einer der ersten Oszillationsphasen plötzlich mit tödlichen Strahlerwunden aufgetaucht. Seither wußten sie, daß man „auf der anderen Seite" sehr wohl ums Leben kommen konnte.
Rhodan und die anderen waren sehr geschockt gewesen. Er hatte damals den Leichnam zerstrahlen lassen, damit er nicht weiterhin im 13:01-Stunden-Rhythmus oszillierte.
Die Frage war nur, wie man den bewußtlosen Atlan unterstützen konnte. Ihm Ausrüstung mitzugeben, Waffen oder einen SERUN, das war nach wie vor nicht möglich. Die einzige Möglichkeit bestand darin, seinen Körper so gut wie möglich in Form zu bringen.
Notgedrungen hatten sich die Ärzte für Infusionen und Massagen entschieden. Das war's dann auch schon, für den Rest mußte Atlan in seiner On-Phase selbst sorgen.
Rhodan wartete geradezu darauf, daß der uralte Freund plötzlich die Augen aufschlug, mit den Fingern zuckte, unverständliche Worte murmelte. Aber gar nichts, die Hoffnungen trogen ein ums andere Mal.
Myles Kantor betätigte sich als wichtigster „Schlafforscher".
Vermutlich war das Problem weniger ein medizinisches, als vielmehr eines der Physik. Der Wissenschaftler pendelte regelmäßig hin und her zwischen Atlans Zelle und der von Ronald Tekener - sowie der CIMARRON, wo in ihren Kabinen Reginald Bull und die anderen lagen.
Da die Fermyyd weiterhin alle Schutzschirme unter Beschuß hielten, fiel die alte Transmitterverbindung aus. Icho Tolot hatte mit seiner HALUTA einen nicht ganz risikofreien Kurierbetrieb aufgenommen.
Kantor und der Haluter starteten unverdrossen immer wieder durch heftigstes Sperrfeuer; das allerdings aus bodengebundenen Geschützen stammte und selten wirklich gefährlich wurde.
Die meiste Zeit verbrachte Kantor bei dem Arkoniden. Atlan war ja der einzige, der aufgrund seiner körperlichen Reaktionen zu einer gewissen Hoffnung Anlaß lieferte.
„Es gibt einen Bereich seines Gehirns", erklärte Myles Kantor, „der ungewöhnlich starke Energieströme zeigt. Heftige zerebrale Aktivitäten. Bully und Tek befinden sich dagegen im tiefsten Dornröschenschlaf."
„Was für ein Teil vom Gehirn ist das?" wollte Rhodan wissen.
„Nach unseren exomedizinischen Unterlagen handelt es sich um jenen Abschnitt, in dem bei arkonidischen Gehirnen der aktivierte Logiksektor sitzt. Mit anderen Worten, Perry, es ist Atlans Extrasinn."
„Hmm ..."
„Die Mediziner sagen, daß die Aktivierung des Extrasinns in früheren Zeiten eine gängige arkonidische Technik war", folgerte Kantor weiter. „Heute jedoch nicht mehr."
„Ich weiß, ich weiß...", murmelte Rhodan. „Vergiß nicht, daß ich Atlan ein paar hundert Jahre länger kenne als du, Myles. Ich möchte nur wissen, was das zu bedeuten hat. Könnte es sein, daß es der Extrasinn ist, der ihn in diesen Zustand versetzt? Der ihm den Schweiß auf die Stirn treibt?"
Kantors wächsern bleiches Gesicht zeigte keine Regung. Er wischte nur mit penetranter Stetigkeit eine schwarze Strähne beiseite, die ihm in die Stirn
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