1771 - Der Tempel der Mondgoettin
war. In ihnen ging es nicht nur darum, die Verdienste der Gäste zu würdigen, sondern auch die Göttlichkeit Dan-Sandins herauszustellen und auf seine kosmische Bestimmung hinzuweisen.
Michael Rhodan landete mit einem Beiboot der MONTEGO BAY, der von Marfin Kinnor, dem zweiten Piloten und Navigator, gelenkt wurde. Der Ertruser war ein Klon aus der Jahrhundertserie, die sich Monos alle 100 Jahre selbst zum Geburtstag geschenkt hatte. Kinnor trug zwei Bartzöpfe und kleidete sich in einen prachtvoll verzierten, halblangen Mantel, den er über seinen SERUN gestreift hatte. Neben Mike, der nicht nur seinen Dreispitz aufgesetzt, sondern sich auch ein weißes Spitzentuch um den Hals gebunden und sich ein weiteres Tüchlein in den Ärmel gestopft hatte, machte er ein gutes Bild.
Connemar Djouston sah dagegen in seinem SERUN vollkommen unscheinbar aus. Der Antizipator war überrascht gewesen, als Michael ihn hatte wissen lassen, daß er einen Techniker dabeihaben wollte, der sich mit Syntroniken und der Kommunikation auskannte, und daß er an der Mission Taklott teilnehmen sollte. Er hatte ihm einen tragbaren Medosyn zugeteilt, der sie für Notfälle begleiten sollte. Djouston hatte die Aufgabe, über das Gerät zu wachen. Neben diesen drei Männern waren noch siebzehn weitere Besatzungsmitglieder der MONTEGO BAY im Beiboot.
Als die vier Kleinraumschiffe in unmittelbarer Nähe des hufeisenförmigen Tempels landeten, ging die Sonne gerade unter. Als blutroter Ball stand sie am Horizont. Schwarz und düster hob sich das nach oben hin pyramidenförmig verjüngende Gebäude des Tempels davor ab.
Zehntausende von Pilgern stauten sich vor der gewaltigen Anlage. Vom Landeplatz der Beiboote zum Tempel hin bildeten sie eine breite Gasse, durch die etwa fünfzig Priester feierlich aufzogen, um die Gäste aus dem All zu empfangen.
Schockiert blickte Michael auf das Gebäude. Er erinnerte sich daran, daß er es vor sich gesehen hatte, als er mit Coram-Till gesprochen hatte. Mitten im Gespräch war dieses Bild vor seinem geistigen Auge erschienen und hatte ihn so abgelenkt, daß er dem Cryper nicht mehr zugehört hatte.
Bis zu diesem Zeitpunkt hatte er nicht gewußt, um was für ein Gebäude es sich handelte. Jetzt fragte er sich, wie es möglich war, daß dieses Bauwerk vor seinem geistigen Auge erschienen war.
Hatte irgend jemand auf parapsychischem Wege Einfluß auf ihn genommen?
Nein! Das hielt er für ausgeschlossen. Er war mentalstabilisiert und auf diesem Wege nicht angreifbar.
Wieso war ihm dieses Bild aber dann erschienen? Wie konnte es ihn derart ablenken, daß er mitten im Gespräch den Kontakt zu seiner realen Umwelt verlor?
„Was ist das?" fragte Assyn-Stey neben ihm. Seine Stimme wurde durch die Atemmaske leicht gedämpft. „Ich bin noch nie hier gewesen, aber diesen Tempel kenne ich. Es ist noch nicht lange her, daß ich ihn gesehen habe. Und ich habe gedacht, ich träume!"
Michael, der wie alle anderen auch eine Atemmaske trug, reagierte nicht. Um ihn nicht zu beunruhigen, wollte er dem Vista-Cryper nicht sagen, daß er ein ähnliches Erlebnis gehabt hatte.
Seine innere Anspannung stieg, und er achtete nur noch am Rande auf Radan-Mech.
Der Oberpriester begrüßte sie im Namen des göttlichen Dan-Sandin. Fast eine halbe Stunde lang redete er, ohne wirklich etwas zu sagen, bis er ihnen endlich eröffnete, daß sie während der bevorstehenden Konferenz alle in den Räumen des Tempels wohnen sollten. Danach begleitete er sie würdevoll zum Tempel.
Michael fiel auf, daß keiner der Priester gekleidet war wie der andere. Alle unterschieden sich mehr oder minder deutlich - vor allem durch die farbliche Gestaltung ihrer Kleidung. Dabei trugen fast alle dunkle Umhänge aus einem sehr dünnen, seidigen Stoff, darunter hatten sie Blusen, Jacken oder Hemden angelegt, die mit den unterschiedlichsten Farben und Mustern versehen waren. Bei Radan-Mech überwogen die violetten Farben. Darüber hinaus waren seine Hosen an den Seiten mit geflochtenen roten und grünen Streifen verziert. Coram-Till hatte den Terraner bereits darauf aufmerksam gemacht, daß Farben Auskunft über die Bedeutung der Priester gaben, hatte sich jedoch nicht in der Lage gesehen, dies genauer zu definieren.
Michael fiel auf, daß bestimmte Priester und Tempeldiener deutliche Abstände voneinander einhielten, und versuchte, aus den Farben ihrer Kleidung entsprechende Schlüsse zu ziehen, doch das gelang ihm nicht. Es schien kein System in den Farben
Weitere Kostenlose Bücher