1771 - Im Taumel der Nacht
nicht aufbrechen.«
Das musste auch Jane zugeben. Sie wunderte sich nur, wie cool sie noch blieb. Wie jemand, der auf eine bestimmte Gelegenheit wartet, um dann zuzuschlagen. Die Vampirin packte wieder zu und drehte Jane um. Jetzt konnten sich die beiden anschauen. Gier stand in den Augen der Blutsaugerin. Die Gier nach dem Lebenssaft der Detektivin.
Justine schüttelte den Kopf. »Ich kann es kaum glauben, so dicht an der Erfüllung meiner Wünsche zu stehen, ich werde dich bis zum letzten Tropfen leer trinken, dann sehen wir weiter...«
***
Suko und ich schauten uns an. Dann nickten wir uns zu. Es stand fest, dass wir nichts überstürzen würden, denn es war damit zu rechnen, dass die Türeindrücker nicht geflohen waren, sondern sich noch im Haus aufhielten.
Ich wollte die Tür so weit aufziehen, dass wir uns in das Haus schieben konnten, doch Suko hatte etwas dagegen. Ich schaute zu, wie er seine Peitsche zog und einmal den Kreis schlug, damit die drei Riemen aus der Öffnung rutschen konnten.
»Die Waffe ist besser, John.«
»Warum?«
»Weil sie lautlos ist.«
Da hatte er recht. Sie war lautlos, und ich dachte daran, dass ich auch eine lautlose Waffe vor meiner Brust hängend trug.
Es war das Kreuz.
Ich holte es hervor und ließ die Beretta stecken. Genau das hatte Suko gewollt, das erkannte ich an seinem breiten Lächeln und auch Nicken.
»Okay«, sagte ich, »wer geht vor?«
»Mach du das.«
Dagegen war nichts einzuwenden. Ich musste nur zusehen, dass ich durch den Türspalt passte und wollte dabei so wenig Geräusche wie möglich verursachen.
Dass sich Jane noch im Haus befand, stand für mich fest. Nur hatte ich sie bisher nicht gehört. Sie verhielt sich bewusst ruhig, was ihr bestimmt nicht gefiel. Jane Collins war eine Frau, auf die man setzen konnte. Sie wusste sich zu wehren, wenn es darauf ankam. Aber sie kannte auch ihre Grenzen. Sie wurden ihr durch starke Gegner gesetzt, und die Cavallo als auch Matthias gehörten natürlich dazu. Deshalb standen Janes Chancen schlecht.
Noch hatte wir weder Justine Cavallo gesehen noch den mächtigen Matthias, aber das konnte sich rasch ändern.
Ich drückte mich durch die Öffnung, die entstanden war und musste die schräg stehende Tür auch ein wenig aufziehen, um es zu schaffen. Es klappte wider Erwarten gut und ich holte erst mal tief Luft, als ich mich in der bekannten Umgebung befand. Dort schaute ich mich um. Ich sah nichts, was mir hätte gefährlich werden können, und so atmete ich tief durch.
In meinem Rücken hörte ich ein Geräusch. Als ich mich kurz umdrehte, sah ich Suko, der es ebenfalls geschafft hatte, sich durch den Spalt zu zwängen. Er kam zu mir. Und gemeinsam hörten wir die Stimmen, die aus der ersten Etage an unsere Ohren drangen.
Keine Täuschung. Dort sprachen Frauen.
»Das ist Jane«, hauchte ich.
Suko nickte. »Und die andere?«
»Hört sich nach der Cavallo an.«
Der Ansicht war ich auch. Für mich wurde es Zeit, in die erste Etage zu gelangen, denn dort spielte die Musik. Das dachten wir jedenfalls, aber wir hatten uns geirrt. Sie spielte auch noch woanders, und zwar ganz in unserer Nähe.
Erst hörten wir das Geräusch, dann ein leises Lachen oder Ähnliches.
Und plötzlich war er da. Der Nackte hatte in der Küche gelauert und sprang jetzt aus der Türöffnung auf uns zu, wobei er sein Maul weit aufgerissen hatte...
***
Serena wusste nicht, ob es gut gewesen war, Jane Collins gehen zu lassen. In einer Lage wie dieser wusste man aber nie genau, was wichtig oder unwichtig war.
Es würde sich ergeben. Vor allen Dingen musste sie auf Jane aufpassen, denn allein kam sie gegen die Feinde nicht an.
Also durfte sie nicht länger unter dem Dach warten. Wichtig war, dass niemand etwas hörte. Und deshalb zog Serena auch die Tür nur sehr behutsam auf.
Sie ging nur einen Schritt weiter. Jetzt hatte sie einen guten Überblick, der ihr allerdings nicht viel einbrachte. Vor ihr lag die Treppe und die war leer.
Keine Jane, auch keine Justine.
Beide konnten sich nicht in Luft aufgelöst haben. Sie mussten noch im Haus sein, und da gab es nicht zu viele Möglichkeiten.
Sie wollte es genau wissen. Sie blieb am Ende der Treppe stehen und warf einen letzten Blick nach unten, bevor sie sich in Bewegung setzte.
In der ersten Etage blieb sie stehen. Sie wollte horchen, auch schauen, um dann ihre Entscheidung zu treffen. Es war genau das Richtige, was sie sich vorgenommen hatte. Sie sah zwar nichts, aber sie hörte etwas.
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