1773 - Das andere Jenseits
Wagen, sie wollten erkennen, was sich in ihrer Umgebung tat, denn sicher fühlten sie sich nicht. Es gab noch immer diesen Jomael, der es nicht geschafft hatte, Krista Hellsen auf dem Boden zerschmettern zu lassen.
Beim ersten Versuch.
Es konnte durchaus noch einen zweiten geben.
Ob das eintraf, wussten die Frauen nicht. Sie mussten damit rechnen, und es war Krista Hellsen, die die Veränderung zuerst sah und Maxine heftig anstieß, weil diese soeben in die falsche Richtung schaute.
»Was ist denn?«
»Sie kommen.«
»Was?« Maxine schloss für einen Moment die Augen. Das musste sie tun, um wieder Kraft zu fassen. Sie wünschte sich weit, sehr weit weg, aber sie wusste auch, dass dies nicht zu machen war, und deshalb öffnete sie die Augen wieder, um sich in der Realität zurechtzufinden, die sich nicht verändert hatte.
Sie sah nach vorn.
Und dort lief das Geschehen ab. Dort zeigte sich die geballte Macht der anderen Seite, die hier in dieser Welt das Sagen hatte.
Es war ein furchtbares Bild, und beiden Zuschauerinnen rann eine Gänsehaut über den Körper.
»Ja, das sind sie«, flüsterte Maxine.
»Und weiter?«
»Nichts weiter. Diesmal wird er sich nicht mehr ins Handwerk pfuschen lassen, denke ich mir.«
Damit hatte Maxine Jomael gemeint, der sich an die Spitze gesetzt hatte und beweisen wollte, wie sehr er das andere Jenseits beherrschte.
Er ging zwar, aber er musste den Boden nicht berühren. Er schwebte, und damit dies so blieb, bewegte er seine Flügel mit leichten Schwingungen.
Noch waren sie ziemlich weit entfernt, doch das würde sich ändern. Wahrscheinlich liebte Jomael den großen Aufzug, denn was hier geschah, das hätte auch auf einer großen Opernbühne ablaufen können.
Jomael hatte die Spitze übernommen, und hinter sich war seine geballte Macht zu sehen.
Engel!
Oder nicht?
So genau war das nicht festzustellen. Sie alle hatten Körper, aber man konnte aus dieser Entfernung nicht genau feststellen, ob sie stofflich oder feinstofflich waren. Und sie waren von einem ungewöhnlichen Licht umgeben. So klar, so hell, mit einem Stich ins Gelbliche.
Körper, die nackt waren und doch nicht so aussahen. Wahrscheinlich trugen sie keine Kleidung, aber das fiel kaum auf. Und es kam noch etwas hinzu.
Die Wesen waren nicht zu zählen. Sie drängten sich hinter ihrem Anführer zusammen und bildeten dort so etwas wie eine kompakte Masse, obwohl sie wahrscheinlich feinstofflich waren. Insgesamt war die Gruppe in ein fahles Licht getaucht, denn die andere Helligkeit verlor sich allmählich.
Und sie ließen sich Zeit.
Aber sie stoppten nicht.
Sie kamen näher und erhöhten damit ihre Drohung.
Krista schüttelte den Kopf. »Das – das – kann ich nicht glauben. Können wir nicht wegrennen?«
»Das hat keinen Sinn.«
Krista lachte krächzend. »Dann willst du hier bleiben und auf dein Ende warten?«
»Nein, so denke ich nicht«, erwiderte die Tierärztin mit leicht zittriger Stimme.
»Wie denn?«
»Es kann noch immer eine Chance für uns geben, auch wenn es nicht so aussieht.«
»Setzt du auf diesen Raniel?«
»Ja.«
Wieder musste Krista lachen. »Und wo steckt er? Weg ist er, hat sich aus dem Staub gemacht und...«
»Du solltest nicht so reden, Krista. Gerade du nicht. Ist es nicht Raniel gewesen, der dein Leben gerettet hat?«
»Schon, aber...«
»Lass das Aber weg. Bitte, reiß dich zusammen. So lange wir leben, haben wir auch eine Chance.«
Krista sagte nichts. Sie hob nur die Schultern und konzentrierte sich auf das, was sie sah. Sie wusste auch, dass sie blass geworden war, und konnte ein Zittern nicht unterdrücken. Ihr schnelles Atmen war auch zu hören und manchmal sogar ein Stöhnen.
Jomael schob sich näher. Er blieb vor seinen Helfern und berührte auch weiterhin den Boden nicht, denn die Bewegungen seiner Flügel schoben ihn vorwärts.
Eine dunkle, nackte Gestalt. Ein hässliches Gesicht. Böse Augen. Gnade kannte er nicht. Einmal hatte man ihm einen Strich durch die Rechnung gemacht. Das würde ihm kein zweites Mal passieren, was auch Krista wusste, denn sie spürte, dass etwas Fremdes mit ihr Kontakt aufnehmen wollte. Es war etwas Böses, aber sie schaffte es nicht, sich dagegen zu wehren.
»Er kommt und holt mich jetzt.«
»Woher weißt du das?«, fragte Maxine.
»Das spüre ich. Die andere Seite hat den Kontakt mit mir aufgenommen. Erst ich, dann du. Und keiner ist hier, der sich auf unsere Seite stellt. Dieses andere Jenseits wird auch zu unserem Friedhof
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