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178 - Die vergessene Macht

178 - Die vergessene Macht

Titel: 178 - Die vergessene Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Seidel
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versteckt ist. Auf der Karte stand auch, wie man in den Tempel gelangt. Roddys Bruder Tom hat die Zeichen in sein Messer eingeritzt.«
    Daa’tan beschlich eine Ahnung. »War Tom ein Pirat?«
    »Nein, war er nicht«, sagte Crologg ärgerlich. »Wir haben Tom als Pirat getarnt nach Sumatra geschickt, weil wir damals dachten, das wäre der einzige Weg, ihre Schatzinsel auszukundschaften. Die Roter Bhagar ist in einem indischen Hafen geblieben, den die Piraten oft benutzen. Tom wollte dorthin zurückkehren, mit uns nach Java segeln und das Schwert holen. Aber wir haben ihn nie wieder gesehen.«
    Daa’tan horchte auf. »Ihr denkt, dass es sein Messer ist, das ich gefunden habe?« Er wandte sich an Crologg.
    »Angenommen, es wäre so. Warum sollte ich euch helfen? Bis wir heimkehren, ist Grao… äh, mein Onkel längst wieder gesund.«
    »Ist er das?«, säuselte Crologg. Seine roten Augen funkelten böse.
    Daa’tan schluckte. »Jawohl! Der Schiffsarzt kümmert sich um ihn, das habe ich selbst gesehen. Und Kapitaan Bell hat gesagt, er ist sehr gut.«
    Crologg blickte auf seine Fingernägel. »Ach weißt du, das spielt in diesem Fall keine Rolle.« Er grinste Daa’tan an. »Warum ging es deinem Onkel nach dem Essen so schlecht? Na? Wir haben ihn vergiftet, Kleiner! Man könnte ihn natürlich retten, schließlich gibt es ein Gegengift. Aber das kriegt er nicht. Es sei denn, wir kehren rechtzeitig zurück. Also schlage ich vor, du setzt dich schleunigst in Bewegung.«
    »Oh, und damit wir uns nicht missverstehen«, fügte er lässig hinzu. »Roddy Bell wird mit dem Gegengift auf uns warten. Sollten wir die Roter Bhagar erreichen und ich halte Nuntimor nicht in der Hand, wirft er die Flasche über Bord. Es ist die Einzige, die wir haben. Mach also keinen Fehler, Daa’tan!«
    ***
    Bäume und üppiges Strauchwerk, so weit das Auge reichte. Sanfte Hügel, deren Spitzen im Dunst verschwanden. Eine Grasfläche, groß wie hundert Schiffe. Friedliche, magisch anmutende Stille ringsum, und mittendrin der Tempel von Borabundu.
    Daa’tan staunte, als er das kolossale Bauwerk sah. Es war älter als die Zeit (ca. 800 n.Chr. erbaut), mit vier gleichen Seiten von je hundertzwanzig großen Schritten und neun Stockwerken darauf, die sich nach oben verjüngten. Daa’tan kannte keine Stufenpyramiden, aber genau so sah der Tempel aus. Früher hatte man ihn Borobudur genannt – den Berg der Tausend Buddhas – doch das wusste heute niemand mehr. Es interessierte auch keinen. Daa’tan und seinen fünf Begleitern stellte sich eine viel wichtigere Frage.
    »Verdammt! Wie kommen wir da rein?« Crologg wanderte stirnrunzelnd an der Grundmauer entlang, die einmal Kamadhatu geheißen hatte und ein großes, umlaufendes Wandrelief war. Es zeigte Tausende von Menschen in Aktion, und wäre Crologg tatsächlich ein frommer Mönch gewesen, hätten ihm viele der abgebildeten Handlungen die Schamesröte ins Gesicht getrieben. So aber stutzte er nur gelegentlich.
    Daa’tan hingegen war fasziniert. Er nahm an, dass Borabundu als Fruchtbarkeitstempel diente, denn die steinernen Primärrassenvertreter demonstrierten hier, wie ihr Zeugungsakt verlief. Warum sie dabei solche Verrenkungen machten, verstand der Zwölfjährige nicht.
    Es gefiel ihm aber.
    Eine Kopfnuss beendete Daa’tans freudige Erregung.
    »Was glotzt du so? Du sollst den Eingang finden!«, herrschte Crologg ihn an.
    Daa’tan zeigte auf das große Tempeltor. Aus der Dunkelheit schimmerten achtlos übereinander gestapelte Kisten und Statuen. »Wie wäre es damit?«
    »Sehr witzig«, knurrte Crologg und fügte hinzu, weil der vermeintlich dumme Junge so verständnislos dreinblickte: »Hier muss es irgendwo eine Geheimtür geben. Roddy Bell hat gesagt, dass Nuntimor in einem gesicherten Versteck liegt. Der Piratenschatz da drüben kann es wohl kaum sein, er liegt viel zu offen herum.«
    »Hmmm.« Daa’tan schlenderte an der Wand entlang und strich dabei sacht über das Relief. Zwischen den lebensgroßen Figuren gab es eine Armee kleiner Verzierungen, in der Regel Blumen und Schnörkel. Aber hin und wieder tauchten auch unerwartete Motive auf.
    Ein Drache zum Beispiel. Nicht als Bild, nur als grober Umriss. Daa’tan erkannte ihn sofort: Er war das erste Zeichen auf seinem Piratenmesser gewesen. Der Junge legte seine Hand an den Stein. Als er merkte, dass das Reliefbild eine Winzigkeit nachgab, wandte er sich an seine Begleiter.
    »Was habt ihr mit dem Schwert eigentlich vor?«, fragte

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