Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
178 - Die vergessene Macht

178 - Die vergessene Macht

Titel: 178 - Die vergessene Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Seidel
Vom Netzwerk:
er.
    »Er hat was entdeckt!«, rief Edward, einer der Männer.
    Er trat hinzu, starrte Daa’tan erwartungsvoll an. Doch der rührte sich nicht, und so sah sich Edward genötigt, die Frage des Jungen zu beantworten.
    »In letzter Zeit sind unheimlich viele Leute nach Ausala unterwegs. Da muss es große Reichtümer geben! Roddy und wir wollen sie uns holen. Dafür brauchen wir das Schwert, das unbesiegbar macht«, erklärte er hastig.
    Daa’tan stemmte sich gegen den Drachenstein. Der versank, und eine Tür schwang nach innen – so leicht, als wäre sie gewichtslos. Der Junge prallte zurück, trat dabei Edward versehentlich auf die Zehen und wurde von ihm heftig zur Seite gestoßen.
    Diese Bewegung war ein Lebensretter. Aus der Dunkelheit schoss ein Eisenpfeil ins Freie. Er schrammte in Augenhöhe an Edwards Kopf vorbei.
    ***
    545 n.Chr.
    Es war die Zeit der Drachen, der Ritter und der düsteren Legenden. Die Schlacht von Camlann lag fünfzehn Jahre zurück, Schloss Camelot war verwaist, und in England tobte Krieg. Jedes der sieben Reiche Britanniens strebte nach der Krone, was die neuerlichen Vorstöße der Sachsen und Normannen noch begünstigte. Nach Artus war bereits der zweite König an der Macht, und auch er würde nicht alt werden im Amt, dafür gab es zu viele Neider.
    Den größten Konflikt aber löste das Aufeinanderprallen zweier Weltanschauungen aus, die sich nicht vertrugen: das aufblühende Christentum und die heidnische Ideologie. Viele sahen in den Druiden die wahren Heilsbringer, und das bereitete den Boden für die Artus-Sage. Das Volk erzählte sich in zunehmend bunteren Farben, der große Zauberer Merlin habe Excalibur in einem mystischen Gewässer versenkt und prophezeit, dass König Artus zurückkehren würde, um England in eine bessere Zukunft zu führen.
    Die Wahrheit hatte nichts mit Zauberei zu tun. Merlin war ein weitsichtiger, kluger Mann aus Wales. Er wusste, dass Menschen umso leichter an etwas glauben, wenn man ihnen einen »Beweis« göttlicher Zustimmung präsentiert. Deshalb verhalf er dem jungen Artus zu Excalibur – und aus dem gleichen Grund warf er nach der Schlacht von Camlann Mordreds Schwert in einen See. Nuntimor sollte nicht als Bezwinger Excaliburs in die Geschichte eingehen. Bei Artus’ Begräbnis hatte Merlin das trauernde Volk mit den Worten getröstet:
    »Eines Tages regiert erneut ein König wie Artus, und England wird wieder glücklich sein.«
    Aber fünfzehn Jahre mündlicher Überlieferung genügten, um aus diesem Zuspruch einen Zauberspruch zu machen. Er beunruhigte Mordreds Anhänger, die Artus als Landesverräter ansahen, weil er sich dem Christentum zugewandt hatte. Sie wollten gewappnet sein, falls er tatsächlich zurückkehrte, deshalb gingen sie auf die Suche nach dem verschollenen Schwert. Als sie Nuntimor fanden, machten sie eine erstaunliche Entdeckung: Es war kein Rost daran, obwohl es anderthalb Jahrzehnte im Wasser gelegen hatte!
    Niemand fand eine Erklärung dafür, und so glaubten die Menschen des sechsten Jahrhunderts, Nuntimor sei magischen Ursprungs. Das musste so sein, allein schon deshalb, weil es als einzige Waffe das verschwundene Excalibur besiegt hatte, dem man geheimnisvolle Kräfte nachsagte. Mordreds Anhänger waren überzeugt, dass heidnische Götter Nuntimor erschaffen hatten, um die alte Ordnung im Land wieder herzustellen. Zweifellos würde ein solches Zauberschwert in den richtigen Händen für immerwährendes Glück sorgen.
    Die Nachricht von dem merkwürdigen Fund verbreitete sich wie ein Lauffeuer. Als sie Schloss Tintagel erreichte, befahl der Herzog von Cornwall die sofortige Herausgabe des Schwertes. Mordreds Anhänger flohen daraufhin bei Nacht und Nebel über die Grenze nach Somerset, wo Marmion lebte, Mordreds unehelicher Sohn. Er versteckte Nuntimor in seiner Burg an der Küste – und dort, hinter windumtosten Mauern, begleitet vom Meeresrauschen und dem endlosen Geschrei der Möwen, wurde in der Nacht der Sommersonnenwende die Bruderschaft der Custoden gegründet.
    ***
    9. November 2522
    Von der freundlichen Stimmung rings um den Borabundu-Tempel war in seinem Inneren nichts mehr zu spüren. Im Gegenteil: Als Daa’tan, Crologg, Jack, Gill und Haid den Geheimgang betraten, schlug ihnen eine Atmosphäre unverhohlener Feindseligkeit entgegen.
    Die Männer hatten den widerstrebenden, blassgesichtigen Edward hinter sich her gezerrt und die Steintür geschlossen, um keinen Hinweis auf ihre Anwesenheit zu hinterlassen. Java

Weitere Kostenlose Bücher