1786 - Katzenhölle
sie allein hier lebte, abgesehen von den Katzen. Bisher hatte nichts darauf hingedeutet, dass es anders war, und doch traute ich dem Frieden nicht. Ich hatte nicht vergessen, dass mir bei meinem ersten Besuch in dieser Gegend ein Mann begegnet war. Auch zusammen mit den Katzen. Und ich ging davon aus, dass die beiden so etwas wie ein Paar bildeten.
»Dann hast du ein schlechtes Gewissen«, hielt ich ihr vor. »Du weißt von den beiden Toten, und ich denke, dass du sicherlich noch mehr weißt.«
»Und wenn …«, sie fügte ein Lachen hinzu, »… dann muss es dich nicht interessieren.«
»Es interessiert mich trotzdem.«
»Zu spät.«
Ja, da mochte sie recht haben, und ich schaute mich noch mal in meiner Nähe um. Oder schickte den Blick mehr nach vorn, wo sie lauerte. Aber nicht nur sie, sondern auch die Katzen. Und die durfte ich auf keinen Fall unterschätzen.
Ich wusste nicht, wann ich es wagen sollte, von hier zu verschwinden. Da musste zunächst ein Anfang gemacht werden, aber den hatte ich verpasst, denn Kitty Lavall erinnerte sich wieder an ihre Helfer, und das waren nicht wenige.
Erneut schnalzte sie mit der Zunge.
Die Katzen gehorchten ihr sofort. Und sie waren schnell. Schneller als ich …
***
Ich hatte noch überlegt, ob ich die Beretta ziehen sollte oder nicht. Ich ließ sie stecken, allerdings nicht freiwillig, sondern weil die andere Seite schneller war.
Die Tiere reagierten blitzschnell. Sie huschten von verschiedenen Seiten auf mich zu, und plötzlich spürte ich sie auch. Mit ihren Körpern pressten sie sich gegen meine Beine. Sie strichen an den Wänden entlang, aber es gab auch welche, die vor mir hockten, den Kopf in den Nacken gelegt hatten, um mich belauern zu können.
Sie würden sofort reagieren, wenn ich etwas tat, was ihnen nicht passte. Sie würden an mir hochspringen und brutal zuschlagen. Sie hatten bereits bewiesen, dass sie so etwas konnten. Immer mehr dachte ich darüber nach, dass die beiden Männer von Katzen umgebracht worden waren.
»Na, worüber denkst du nach?«
»Das ist meine Sache.«
»Weiß ich. Aber du solltest dich vorsehen. So manches kann ins Auge gehen.«
»Ach ja?«
Sie nickte. »Meine Katzen sind lieb und nett. Aber auch bei ihnen gibt es Grenzen, und die sind erreicht, wenn Menschen sich anders verhalten, als es ihnen gefällt. Daran solltest du denken.«
»Ich tue nichts.«
»Das sehe ich, aber du denkst darüber nach. Du bist ein Bulle. Und als ein solcher trägst du auch eine Waffe bei dir. Wenn du sie ziehst, wirst du erleben, was passiert. Meine Freunde haben dich unter Kontrolle. Sie achten auf jede Bewegung.«
Das glaubte ich ihr sogar. Mir war längst klar geworden, dass sie es ernst meinte. Sie wollte mich hier auf ihrem Hof behalten, was mir ganz und gar nicht gefiel.
Ich startete einen Versuch. Er glich mehr einem Test als einer Aktion. Ich bewegte meine rechte Hand, und es sah so aus, als sollte sie sich meiner Schulter nähern. Ich hatte es fast erwartet, aber nicht mit fieser Heftigkeit.
Es griff nicht nur eine Katze an, sondern gleich alle, die sich in meiner Nähe befanden. Die meisten von ihnen sprangen in die Höhe. Ihre Krallen griffen zu. Plötzlich hingen sie bis zur Brust an meiner Kleidung. Ich spürte ihre schweren Gewichte an mir, ich hörte ihr bösartiges Fauchen. Wenn ich meinen Blick senkte, dann starrte ich in die Katzengesichter mit den funkelnden Augen, die kein Pardon kannten.
Dann sprach wieder Kitty Lavall. »Okay, beweg dich ruhig weiter. Tu alles, was dir durch den Kopf schwebt, ich habe damit keine Probleme. Das kannst du mir glauben …«
Sollte ich? Sollte ich nicht? Ich war davon überzeugt, meine Waffe berühren zu können, aber das war auch alles, mehr würde ich nicht mehr tun können, denn der Weg bis zu meinem Kopf war für die Katzen nicht weit.
Abstoßen und springen, das war kein Problem für sie, und ich wollte mir nicht das Gesicht zerkratzen lassen oder in Kauf nehmen, dass es noch schlimmer kam.
Mein rechter Arm fiel wieder nach unten. Auf meinem Gesicht erschien sogar ein Lächeln.
»Alles klar?«, fragte Kitty.
»Wie man es nimmt.«
»Das spielt keine Rolle. Du wirst bei mir bleiben. Du wirst eine Nacht auf dem Katzenhof erleben, es wird uns gut gehen, denke ich …«
»Ist dir noch nie in den Sinn gekommen, dass man mich vermissen könnte?«
»Das ist mir egal. Ich denke mehr an mich. Und an meinen Weg, den ich gehen werde.«
»Klar, und du gehst ihn ganz allein,
Weitere Kostenlose Bücher