1787 - Maras Blutlust
verstrichen, ich könnte mich schon wieder laben.«
»An meinem Blut?«
»Ja. Meine Blutlust kann ich bei dir stillen. Das hätte ich schon längst gekonnt, denn du hast mir vertraut. Du hast es mir abgenommen, dass Justine und ich verfeindet sind, das war unser Plan. Tatsächlich aber sind wir das Gegenteil, nämlich Verbündete. Wir haben nur nach einer Möglichkeit gesucht, dich in eine Falle zu locken, und das ist uns gelungen.«
»Ich weiß«, gab ich lässig zurück. »Aber eine erkannte Falle ist keine mehr.«
»Wie – erkannt?«
Lässig winkte ich ab. »Ich wusste schon längst, was du vorhattest. So dumm bin ich nicht, und auch die Cavallo hätte es wissen müssen. So konnte die Falle einfach nicht zuschnappen, und ich habe dich an der langen Leine laufen lassen.«
»Das kann ich nicht glauben.« Sie deutete in die Runde. »Du bist doch freiwillig hergekommen. Das hättest du nicht getan, wenn du gewusst hättest, dass eine Falle auf dich wartet.«
»Man kann sich wunderbar darauf einstellen, damit der andere nichts merkt.«
Sie ging zwei Schritte zurück, um aus meiner Reichweite zu gelangen. Das gab ihr Zeit, die Waffe zu ziehen, die ich schon vermisst hatte.
Plötzlich hielt sie den Pfahl in der Hand, und ich schaute genau auf dessen Spitze.
»Ist er für mich?«
»Ja!«, flüsterte Mara. »Justine will, dass du durch den Pfahl stirbst. Deshalb hat sie ihn mir überlassen.«
Beinahe hätte ich gelacht. Das tat ich aber nicht und schüttelte nur den Kopf. »Ich habe nicht gedacht, dass sie so naiv sein kann. So toll ich den Pfahl finde, aber Justine muss doch wissen, dass eine Kugel schneller ist.«
»Bestimmt.«
»Und warum hält sie dann an diesem Plan fest? Ich werde gleich meine Waffe ziehen und dir eine Kugel durch den Schädel jagen, und danach ist der Vampir am Schreibtisch an der Reihe.«
»Gut gedacht. Aber Justine ist besser.«
»Wieso?«
Sie sagte nichts mehr. Auch traf sie keinerlei Anstalten, mit dem Pfahl nach mir zu stechen. Sie gab sich sogar gelangweilt, und das hatte seinen Grund, den ich jetzt zu hören bekam.
»Ich bin auch noch da, John.«
Den Satz hatte Justine Cavallo gesagt!
***
Also doch!
Sie war da und sie hatte alles gehört. Demnach musste sie irgendwo in der Nähe lauern, war aber zu feige gewesen, sich zu zeigen.
»Aha, ich dachte es mir doch. Du hast deine Helferin nicht allein lassen wollen.«
»Ja, das trifft zu. Ich muss alles im Auge behalten. Wir haben dir gemeinsam die Falle gestellt. Es war gar nicht mal schwer, wie du selbst zugeben musst.«
»Nein, denn ich fühle mich nicht wie in einer Falle. Ich denke, dass ich mich noch immer wehren kann. Zwar bedroht man mich mit dem Pfahl, aber ich weiß, dass meine Kugel schneller sein wird. Da hat deine Mara keine Chance.«
»Ja, so hätte ich an deiner Stelle auch gedacht.«
»Und was spricht dagegen?«
»Ich!«
»Ho!« Beinahe hätte ich gelacht. »Du denkst, du hast mal wieder alles im Griff, wie?«
»Habe ich auch, und ich will ehrlich zu dir sein, John. Was interessiert es mich, was mit Mara passiert? Es geht hier um das Große und das Ganze. Und das ist bereits in die Wege geleitet worden.«
»Oh – das sind ja ganz neue Töne.«
Die Cavallo lachte kichernd. »Muss ich dir denn sagen, wie flexibel ich bin?«
»Nein, nein, das musst du nicht. Ich kenne dich ja. Ich habe dich oft genug erlebt. Du kannst dich immer auf neue Situationen einstellen. Und Mara bedeutet dir also nichts?«
»Sie war ein gutes Mittel zum Zweck.«
»Und jetzt?«
»Sie wird mit dir gemeinsam sterben.«
Das waren harte Worte, aber besonders für Mara. Sie hatte voll und ganz auf die blonde Bestie gesetzt, die sich auch jetzt nicht zeigte. Wie groß musste ihre Enttäuschung sein, zu hören, was Justine wirklich von ihr dachte.
Mir war kein Wort der Cavallo entgangen, aber ich hatte auch Mara nicht aus dem Blick gelassen. Ihre lockere Überheblichkeit und der Wille zu siegen, beides war verschwunden. Sie zeigte sich verunsichert, das sah ich auch an ihren Gesten. Sie bewegte sich auf der Stelle, ihr Blick hatte die Überheblichkeit verloren und begann zu flackern.
»Hast du es gehört?«
Sie nickte.
»Hast du wirklich gehört, was die Cavallo über dich denkt?«
Ich goss erneut Öl ins Feuer. »Bist du dir darüber im Klaren? Es war alles umsonst, was du dir ausgemalt hast. Du bist auf dem falschen Weg. Du hast dich mit deinem eigenen Tod verbündet, und jetzt musst du die Folgen tragen. Sie wird dir nicht
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