1789 - Der Fluch aus dem Norden
muss er sich um die neuralgischen Punkte kümmern.«
»Klar. Dann werden wir auch zu einem neuralgischen Punkt hochfahren.«
»Ich bin dabei.«
Das Schöne auf den Kreuzfahrtschiffen sind unter anderem die Fahrstühle, die ihre Gäste so schnell und bequem zu den entsprechenden Zielen bringen.
Das würde bei uns auch so sein. Auch wir wussten nicht, auf welchem Deck die Brücke lag. Oder der Weg zu ihr. Ich hielt eine junge Frau vom Bordpersonal an und fragte sie danach.
»Deck fünf, Sir.«
»Danke.«
»Keine Ursache. Aber wenn Sie sich vorgenommen haben, die Brücke zu betreten, dann muss ich Ihnen leider sagen, dass dies nicht möglich ist. Nur in ganz bestimmten Fällen.«
»Das weiß ich. Aber wir können von dort aus eine gewisse Aussicht genießen. Oder nicht?«
»Doch, das können Sie.«
»Dann ist alles klar«, sagte ich, lächelte der jungen Frau zu und bestieg wenig später die Kabine eines Aufzugs.
Und hier rochen wir es wieder.
Die Spur des tödlichen Parfüms …
***
Der Erste Offizier hieß Percy Hamilton und hatte sich zu etwas verleiten lassen, was in seiner Position eigentlich nicht erlaubt war. Er hatte sich mit einer Frau getroffen, die Infos über das Schiff haben wollte, weil sie ein Buch schreiben wollte, in dem es um eine Kreuzfahrt ging. Es sollte kein langes Interview werden, nur ein kurzes Vorgespräch, und da konnte es der Erste Offizier schon mal riskieren und die Brücke verlassen. Seine Kollegen würden ihn beim Kapitän nicht anschwärzen. Zudem lagen die Inseln jetzt hinter ihnen, und es ging in die offene See. Nach einigen Meilen würden sie den Kurs ändern und in Richtung Norden fahren.
Sie hatten sich an einer bestimmten Stelle verabredet. Dort war es recht windstill. Es standen dort Stühle, auf denen sie sich niederlassen konnten.
Sie war bereits da. Er sah sie nicht, er konnte sie riechen. Der Wind wehte ihm den Rauch einer Zigarette entgegen. Er hüstelte und hörte ein Lachen.
»Kommen Sie schon, mein Lieber. Ich stehe hier etwas geschützter.«
»Sehr gut.«
Percy Hamilton ging dem Rauch nach und sah dann die Umrisse der Frau. Er nahm auch den Duft eines Parfüms wahr und schaute zu, wie die Kippe zu Boden fiel und von einem Fuß ausgetreten wurde. »Sorry«, sagte sie.
»Macht nichts.« Er ging noch näher, aber die Frau drehte sich um und ging dorthin, wo der Schein einer Lampe sie erreichte. Das gefiel dem Mann auch besser.
Mirja war eine Frau mit Rasse und Klasse. Das dichte rotschwarze Haar umwallte ihren Kopf. In ihrem Gesicht fielen die großen Augen auf, die Percy Hamilton anschauten. Er konnte sich nicht daran erinnern, wann er zum letzten Mal mit einer derartig schönen Frau gesprochen hatte.
Hamilton musste sich erst die Kehle frei räuspern, bevor er etwas sagen konnte.
»Sollen wir über Deck gehen oder hier bleiben?«
»Ich würde gern hier bleiben.«
»Ja, auch gut.« Er schaute auf das Kleid, das die Schultern frei ließ, sodass er den Ansatz ihrer Brüste erkennen konnte. »Aber jetzt zu unserem Treffen. Was haben Sie sich gedacht? Welchen Plan haben Sie sich gemacht? Oder soll ich einfach anfangen?«
Sie lächelte ihn an. »Das wäre am besten, denke ich.«
»Okay, dann will ich mal. Also, wir gehören nicht zu den Riesenschiffen, dann stünden den Passagieren mehr Decks zur Verfügung. Wir sehen uns als mittlerer Kreuzfahrer an.« Er sagte einige Zahlen und wunderte sich dann, dass die Frau keinen Notizblock in der Hand hielt und mitschrieb.
»Und das können Sie alles behalten?«
»Ich denke nicht.« Sie zuckte mit den Schultern. »Es ist auch nicht unbedingt wichtig. Ich weiß aus Erfahrung, dass viele Leser keine Zahlen wollen.«
»Wenn Sie das sagen, muss das wohl stimmen.«
»Klar, Percy, erzählen Sie mir mehr über die Menschen. Nein, erzählen Sie von sich.«
Hamilton schluckte. Sie hatte ihn beim Vornamen genannt. Er musste kurz überlegen, wie sie hieß. Da fiel ihm der Name Mirja ein. Er lächelte etwas verlegen.
»Was soll ich denn von mir erzählen? Ich bin nicht wichtig und interessant.«
»Oh, das sollten Sie nicht sagen. Sie haben hier den Überblick und bestimmt schon zahlreiche Fahrten mitgemacht. Da muss doch auch etwas passiert sein.«
»Ist es auch.«
»Ja«, sagte Mirja lachend. »Darauf bin ich gespannt. So etwas wollen die Leute lesen. Bei aller Technik und Großartigkeit darf das Menschliche nicht zu kurz kommen.«
»Richtig.«
»Und wissen Sie da einige Geschichten?« Sie schauderte zusammen,
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