1789 - Der Fluch aus dem Norden
Stimme, die zu mir gesprochen hatte. Ich hatte sie nur eine Weile nicht mehr gehört.
Sie passte zu einer Person, die halb Engel war und auch halb Mensch. Es war Raniel, der Gerechte …
***
Ich sah keinen Grund, weiterhin sitzen zu bleiben, zumindest nicht in dieser Haltung. Deshalb drehte ich mich um und konnte meine Füße auf den Boden stellen. So hatte ich eine bessere Position eingenommen.
Warum war er gekommen?
Ich kannte den Grund nicht, mir war aber klar, dass es einen gab, sonst wäre er nicht hier. Und er wollte mich. Er hatte mich gesucht, es war wichtig für ihn gewesen, und da war ich mal gespannt, wie die Dinge laufen würden und weshalb er überhaupt zu mir gekommen war.
Jetzt sah ich ihn auch.
Er löste sich aus einer dunklen Stelle des Zimmers und kam auf mich und das Bett zu. Hier in diesem Raum fiel er mit seiner mächtigen Gestalt besonders auf. Er schien ihn fast von einer bis zur anderen Seite auszufüllen.
»Du bist es tatsächlich«, sagte ich.
»Ja.« Er lächelte. »Oder hast du etwas anderes gedacht?«
»Kann ich dir nicht so konkret sagen. Ich bin schon überrascht.«
»Das kann ich nachvollziehen.«
»Und um was geht es? Was ist so wichtig, dass du extra nach Moskau gekommen bist, um mich hier aufzusuchen?«
»Ich möchte dich in eine Aktivität mit einbeziehen, John.«
»Du meinst einen Fall.«
»Ja.«
»Ist mir nicht neu. Und worum geht es?«
»Um eine Gestalt, die ein Feind von mir ist. Der Name lautet Andrax.«
»Kenne ich nicht.«
»Das habe ich mir gedacht. Andrax ist jemand, der von sich behauptet, den Segen der Hölle erhalten zu haben.«
»Aha, und weiter?«
»Das ist doch schon was – oder?«
Ich winkte ab. »Hör auf, Raniel, du hast doch noch etwas in der Hinterhand.«
»Ja, denn jetzt will er den Segen der Hölle an andere Menschen weitergeben.«
»Und das bedeutet?«
»Gefahr für die Menschen.« Raniel deutete auf seine Brust. »Ich bin jemand, der ihn schon lange kennt. Und ich habe auch meine Konsequenzen daraus gezogen.«
»Wie sehen die aus?«
Raniel lächelte knapp. »Ich habe mich damals gegen ihn gestellt und auch versucht, ihn aus dem Verkehr zu ziehen.«
»Ah ja, versucht.«
»Genau.«
»Ist daraus etwas geworden?« Die Frage sollte spöttisch klingen, doch irgendwie war mir das nicht gelungen.
Raniel nickte und verneinte zugleich. »Sagen wir so. Es ist mir nur halb gelungen.«
»Und was war mit der anderen Hälfte?«
»Da habe ich Pech gehabt. Ich bin mir damals sehr sicher gewesen, nur nicht sicher genug, denn ich habe mit bestimmten Bedingungen nicht gerechnet.«
»Wie meinst du das?«
»Mit dem Wetter. Oder mit der Klimaerwärmung, um es genau zu sagen. Das war mein Pech.«
Ja, ich hatte ihn gehört. Sogar jedes Wort hatte ich verstanden, aber jetzt war ich doch etwas überfragt. »Kannst du mir das genauer erklären?«
»Ungern, aber ich werde es tun. Es ist wichtig. Von der Zeit her musst du weit zurückgehen. Ich kann dir keine genaue Zahlen nennen, denn für uns Engel ist es nicht so wichtig. In diesem Fall schon, wie du gleich erfahren wirst.«
»Da bin ich gespannt.«
»Du weißt, John, dass ich ein Ruheloser bin. Ich hatte ihn mit vielen Mühen stellen können. Er wollte kämpfen, ich ließ es nicht zu. Bevor er sich versah, hatte ich schon zugeschlagen und ihn in eine Gletscherspalte gestürzt.«
»Ah, das wird ihm bestimmt nicht gefallen haben.«
»Kannst du so sagen. Er rutschte bis unten hin durch, und ich habe die Spalte noch mit Eis ausgefüllt. Nicht ganz, aber es hätte reichen müssen.«
»Und weiter?«
»Es hat leider nicht gereicht. Jetzt kannst du lachen oder nicht, aber ich sage nur einen Begriff. Erderwärmung.«
Mehr brauchte er mir nicht zu sagen. Die kannte ich selbst. Darüber hatte ich viel gelesen, aber sie auch mit den eigenen Augen gesehen.
»Daran habe ich damals nicht gedacht.«
»Verständlich, Raniel. Und nun befürchtest du, dass er wieder frei sein könnte.«
»Ja, er hat sich befreit, das weiß ich bereits. Er wird sich neu orientieren müssen, aber das wird für ihn kein Problem sein. Und wenn er anfängt, seinen Segen auszuteilen, wird es gefährlich.«
»Woraus besteht der?«
»Aus dem Tod, nehme ich an.«
Ich rechnete nicht damit, dass mein Besucher übertrieben hatte. Raniel war nicht der Typ. Er sah alles ziemlich klar. Im Gegenteil zu mir, denn ich war nicht durch eine besondere Klarsicht gesegnet, nicht in diesem Fall.
»Bist du sicher, dass er frei ist?«
»Das
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