1790 - Erst Feuer, dann Asche
blieb immer ein schwaches Grau bestehen.
Auch in der Kirche selbst war es dunkel. Das lag an den recht kleinen Fenstern in den Wänden, durch die ebenfalls nicht viel Licht ins Innere fiel.
Vor dem Eingang blieb er stehen. Wenn er den Kopf nach links drehte, war er in der Lage, an einer Seite der Kirche vorbeizuschauen. Dann glitt sein Blick zuerst über einen leeren Vorplatz und erreichte dann eine Mauer, die von Pflanzen bewachsen war. Hinter der Mauer gab es den kleinen Friedhof mit Gräbern, auf denen hellgraue Grabsteine standen.
Der Küster hatte nicht vor, den Friedhof direkt anzusteuern. Er wollte nur seine Runde drehen und sich in der Gegend umschauen. Das tat er seit geraumer Zeit jeden Tag, denn er fühlte sich zwar nicht verfolgt, doch die Vernichtung der vier Vampire hatte bei ihm ein Umdenken bewirkt. Jerome Baxter war kein Dummkopf. Für ihn stand fest, dass die andere Seite die Dinge nicht einfach so hinnehmen würde. Sie wusste, wer ihr da Probleme bereitet hatte, und deshalb musste sie etwas tun.
Jerome Baxter hatte sich innerlich darauf vorbereitet. Er wollte nicht wegrennen, wenn die Blutsauger kamen. Er würde sich ihnen stellen, das hatte er sich fest vorgenommen.
Er warf noch einen letzten Blick zur Friedhofsmauer hin – und war froh, es getan zu haben, denn plötzlich sah er die Bewegung direkt an der Mauer.
Zuerst dachte er an ein Tier. Dann verwarf er den Gedanken wieder, denn Tiere waren in der Regel kleiner und hatten vier Beine und nicht nur zwei.
Jemand war an der Mauer.
Jemand hatte sich geduckt.
Und dann war dieser Jemand weg!
Alles war sehr schnell gegangen. Nun stand Jerome Baxter da und dachte an nichts mehr. Für einen Moment war sein Gehirn leer, und er fragte sich, ob er die Gestalt nun gesehen oder ob er sie sich nur eingebildet hatte.
Er ging davon aus, dass er sie gesehen hatte. Und weil dies so war, musste sie ja irgendwo hingelaufen sein. Die Richtung war ihm nicht unbekannt und so entschloss er sich, sie ebenfalls einzuschlagen. Dass er die Gestalt gesehen hatte, gefiel ihm ganz und gar nicht. Sie hatte hier nichts zu suchen. Er wollte sie vertreiben, das zumindest.
Baxter war ein recht großer Mann. Er konnte sich entsprechend bewegen und ging mit raumgreifenden Schritten. Man sah seinem Gesicht an, dass er wütend war.
Er erreichte die Friedhofsmauer recht bald. Dort musste er sich nach rechts wenden, doch da war nichts zu sehen. Nur ein freies Gelände.
Irgendwo musste die Gestalt ja stecken. Geflüchtet war sie bestimmt nicht, sondern in Deckung gegangen, und die zu finden war bestimmt nicht einfach.
Er ging weiter. Rechts von ihm ragte die Wand der Kirche in die Höhe. Links war das Gelände frei. Zwischen dem kleinen Friedhof und dem Ort gab es Ackerland. Erst danach waren die Häuser zu sehen.
Noch befand er sich in Höhe der Kirche, und er dachte daran, dass es nicht nur einen Eingang gab. Man konnte sie auch von der Seite aus betreten. Dieser Zugang war später geschaffen worden. Der Grund war dem Küster unbekannt.
Da der Pfarrer sich einen Urlaub gönnte und sein Vertreter sich das Bein gebrochen hatte, lag die Aufsicht voll und ganz in den Händen des Küsters. Er trug die Verantwortung gern. Wenn er hier war, dann trieb sich kein Gesindel in der Kirche herum, wie es schon mal vorkam. Den Haupteingang hatte er verschlossen, der an der Seite aber war offen, denn den Menschen musste die Gelegenheit gegeben werden, die Kirche betreten zu können.
Das wollte er auch. Die Tür an der Seite war schnell erreicht, und als er sie sich genauer anschaute, da stellte er fest, dass sie nicht richtig geschlossen war. Man konnte sie einfach aufdrücken und die Kirche betreten.
Hatte die Gestalt das getan?
Er wusste es nicht. Es konnte sein, dass sie sich ein Versteck in der Kirche gesucht hatte.
Beinahe hätte er laut gelacht. Wenn die Gestalt ein Blutsauger gewesen war, dann sah er es als unmöglich an, dass sie sich in einer Kirche versteckt hielt, denn Kirchen waren Orte, die Vampire hassten.
Oder …?
Jerome Baxter wollte es genauer wissen. Er ging davon aus, dass eigentlich alles möglich war.
Baxter zögerte keine Sekunde länger. Er zog die Seitentür auf und lauschte dem hellen Knarren, das von den Angeln stammte. Er war gespannt, er dachte an sein Kreuz und auch an die Nägel, die in seiner Tasche steckten. Er würde sich schon zu wehren wissen, wenn es darauf ankam.
Im Moment brauchte er das nicht. Es gab niemanden, der ihn angriff oder
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