1790 - Erst Feuer, dann Asche
geändert, denn als wir ihn sahen, da fielen uns sofort die Haare auf, die sich kaum bändigen ließen durch die Naturkrause. Der breite Mund und die hohe Stirn gehörten zu einem Gesicht, das zu einem Lächeln verzogen war. Und die grünen Irenaugen strahlten, als er Bill so hart auf die Schultern schlug, dass dieser den Mund verzog.
»Mal langsam, Sean, ich bin kein Hauklotz.«
»Egal, ich freue mich.«
»Ja, und das ist mein Kumpel John Sinclair«, sagte Bill. »Er ist auch scharf auf Vampire.«
»Super. Hauptsache, er ist selbst keiner.«
»Darauf kannst du wetten.«
»So, dann können wir losfahren.«
Ich hatte noch eine Frage. »Ist inzwischen schon etwas passiert, was auf Vampire hindeutet?«
Curtis überlegte. Nach einer Weile schüttelte er den Kopf. »Mir ist nichts aufgefallen. Aber das muss ich relativieren. Ich bin auch seit einigen Tagen nicht mehr bei ihm gewesen.«
»Das ist okay.« Bill lächelte. »Willst du ihn nicht zuvor anrufen und ihn von unserem Kommen berichten?«
»Später, wenn wir im Ort sind.«
»Mach es lieber jetzt.«
Curtis verdrehte die Augen.
»Und sag nicht wieder Korinthenkacker«, sagte Bill. »Auch ich kenne das Geschäft recht gut.«
»Alles klar.« Curtis, der etwas jünger war als wir, holte ein schmales Handy hervor. Die Nummer hatte er schnell gewählt und ging auf der Stelle auf und ab, weil er darauf wartete, dass sich die andere Seite meldete.
Das tat sie nicht. Etwas schräg grinsend ließ er das mobile Telefon sinken. »War wohl nichts. Er hat nicht abgehoben.«
»Vielleicht wäscht er gerade Leichen«, meinte Bill.
»Nein, das nicht.«
»Und was spricht dagegen?«
»Den Job hat er aufgegeben. Er macht nur noch den Küster und jagt Vampire. Dann kann er wieder die Asche sammeln.«
»Ach? Sammelt er die Reste?«
»Klar doch.«
»Und was macht er damit?«, fragte ich.
»Keine Ahnung. Vielleicht stellt er sie mal aus.« Curtis lachte. »Er ist schon ein komischer Kauz.«
Das glaubten wir mittlerweile auch, und ich wollte noch eine Frage loswerden.
»Weiß er denn, dass wir kommen?«
»Nicht unbedingt. Ich habe nur von einem Freund erzählt. Aber dass noch ein zweiter Typ dabei ist, wird Baxter bestimmt nicht stören.«
»Klar, du kennst ihn besser.«
»Wo wohnt der Mann?«, wollte ich wissen.
»In einem Haus direkt neben der Kirche.«
»Allein?«
»Ja, der ist nicht verheiratet und lebt auch in keiner Partnerschaft. Allein eben.«
»Okay.«
»Sonst noch was?«
»Ja«, sagte Bill.
»Was denn?«
»Wir können fahren.«
»Das wollte ich schon längst …«
***
Jerome Baxter hatte die letzten Tage und auch Nächte in den verschiedenen Zuständen verbracht. Mal euphorisiert, mal ziemlich down. Er wusste nicht, wie es weiterging und wer ihm den richtigen Rat geben konnte.
Da hatte er sich schließlich an Sean Curtis gewandt, und der war sofort auf ihn eingegangen. Er hatte ihm geraten, die Dinge nicht auf sich beruhen zu lassen.
»Warum nicht?«
»Weil die andere Seite nicht ruhen wird.«
»Wie meinst du das?«
Da hatte Curtis nur gelacht und sagte: »Du hast vier Vampire gekillt, das wird diese Sippe nicht so ohne Weiteres hinnehmen. Ich denke, dass man sich an dir rächen wird. Und du kannst nicht immer gewinnen.«
»Harte Worte.«
»Ja, bewusst.«
»Und weiter?«
»Ich will dich auf einen bestimmten Weg bringen, Mann, ich will, dass du dir klarmachst, wie gefährlich dein Leben geworden ist. Nichts ist mehr wie sonst. Du hast dich auf ein Gebiet begeben, auf dem du scheitern und dein Leben verlieren kannst.«
»An wen?«
»An einen Blutsauger. Ich bin davon überzeugt, dass sie kommen werden, um dich zu killen. Du hast sie gereizt, und das nehmen sie nicht so leicht hin.«
»Was können wir denn tun?«, fragte der Küster, nachdem er tief eingeatmet hatte.
»Wir müssen Hilfe holen.«
»Bei wem?«
»Ha, frage lieber gegen wen? Gegen die Vampire. Ja, da muss einer auf unserer Seite stehen.«
»Das hat doch diese Assunga getan.«
»Ja, aber auf sie kannst du dich nicht verlassen. Ich glaube nicht, dass sie plötzlich angerauscht kommt und sagt: Hier bin ich, und jetzt geht es weiter.«
Jerome Baxter überlegte. »Kennst du denn eine Alternative?«
»Ja, die kenne ich.«
»Und wen meinst du?«
»Ich werde einen Bekannten anrufen. Einen Mann, der in London lebt. Ich weiß, dass er sich für außergewöhnliche Phänomene interessiert.«
»Ist das ein Polizist?«
»Nein, ein Reporter oder Journalist.«
Baxter nickte.
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