1796 - Höllenbotin Helma
abgeben.
Das wollte ich nicht sehen, denn ich hatte etwas anderes zu tun. Ich glaubte nicht daran, dass man mich gesehen hatte. So rasch wie möglich zog ich mich zurück und schloss die Tür.
Danach drehte ich mich um.
Ich hatte es den beiden ersparen wollen, aber dazu war es leider zu spät. Angie und ihr Freund hatten den Toten entdeckt.
Schockstarr standen sie neben ihm und hielten sich an den Händen fest …
***
Ich sagte nichts, und sie sprachen ebenfalls nicht. Wir schauten uns nur an, und dann sah ich, dass beide zusammenzuckten, als hätten sie einen Stromstoß bekommen.
Ich nickte ihnen zu, als ich vor ihnen stehen blieb. »Es war im letzten Augenblick.«
Die junge Frau gab mir zuerst durch ein Lachen recht, danach mit Worten.
»Ja, wir leben noch, und ich hatte schon mit meinem Leben abgeschlossen. Sie ist so stark, sie ist aber auch so anders. Können Sie uns sagen, wer sie ist?«
»Nein, noch nicht wirklich.«
»Und Andy ist tot.« Sie schloss für einen Moment die Augen. »Er hat hier gearbeitet. Die Leute, die uns beide kannten, haben hin und wieder Witze über uns gerissen. Angie und Andy. Wir wären ein ideales Paar gewesen. Nur so zum Spaß. Und jetzt ist Andy tot.« Plötzlich konnte die junge Frau nicht mehr an sich halten. Sie schwankte leicht zur Seite und fing an zu weinen. Ihr Freund fing sie auf und drückte sie an sich.
Dass eine derartige Reaktion erfolgen würde, lag auf der Hand. Sie hatte Schreckliches erlebt. Hätte sie nicht ihren Freund so nahe an die Tür gezogen, wäre alles anders abgelaufen. Da hätte ich dann nichts mehr tun können.
Der Film lief weiter. Ich wusste nicht, wann er sein Ende erreicht hatte, aber ich wollte nicht, dass die beiden hier allein zurückblieben. Ich musste mich um sie kümmern.
Zudem waren sie wichtige Zeugen, die sicherlich auch etwas über die Hintergründe sagen konnten.
Der Tote war ein Problem. Er musste weggeschafft werden. Die vier tiefen Wunden deuteten darauf hin, dass er von dieser Höllenbotin ermordet worden war. Meiner Ansicht nach hatte sie auch noch längst nicht aufgegeben. Sie würde weitermachen, das stand für mich fest.
Ich holte mein Handy hervor. Es war wichtig, dass der Tote weggeschafft wurde. Alles andere würde ich erledigen.
Mein Anruf schreckte einige Personen auf. Ich hatte nicht mit meiner Dienststelle gesprochen, sondern die von meinem Freund Tanner angerufen. Den ließ ich mir noch geben und erklärte ihm alles.
»Aha. Es geht also weiter.«
»Genau.«
»So habe ich mir das gedacht, und du hast bestimmt Blut geleckt.«
»So ist es. Ich bleibe dran. Aber um den Toten kann ich mich nicht auch noch kümmern. Ich werde versuchen, die Menschen nicht nur aus dem Kino, sondern auch aus dem Haus zu bekommen. Dann haben deine Leute Ruhe.«
»Gut, ich sage ihnen noch, dass sie sich Zeit lassen können. Aber was ist mit dir?«
»Ich mache weiter.«
»Du willst dieses Phantom jagen?«
»Und ob. Ich will auch herausfinden, wer diese Helma ist. Darauf kommt es mir an.«
»Ja, das ist deine Sache. Ich bin zufrieden, wenn ich nicht in den Sog hineingezerrt werde.«
»Das wirst du bestimmt nicht.«
»Gut, wie hören wieder voneinander.«
Jetzt musste ich nur noch dafür sorgen, dass die Zuschauer das Haus verließen. Wenn der Film noch nicht zu Ende war, musste ich ihn stoppen.
Ich öffnete die Tür. Genau in dem Moment war der Film vorbei. Die letzte Musik verklang, es wurde still im Raum, denn viele Zuschauer mussten das Geschehen erst mal verdauen.
Das war meine Chance. Ich stellte mich vor die erste Reihe und hob beide Arme. Dass ich schon mal hier im Raum gewesen war, das war wohl keinem aufgefallen. Jedenfalls sprach mich niemand darauf an.
Irgendwann merkten die Leute, dass ich ihnen etwas sagen wollte. Sie hielten mit ihren Gesprächen inne, und so konnte ich reden. Ich wollte nicht mit der Tür ins Haus fallen und es auch nicht zu brutal machen, deshalb redete ich von einem Unglück im Vorraum, gab aber auch zu, dass wir es mit einem Toten zu tun hatten.
Das Erschrecken hielt sich in Grenzen, weil ich mich als Yard-Mann vorgestellt hatte. Damit waren die Leute schon mal beruhigt, und sie würden auch ruhig bleiben, wenn der Tote abgeholt wurde.
Ich riet ihnen dann, das Kino zu verlassen, was sie auch ohne Murren taten. Einige von ihnen wollten noch einen Blick auf die Leiche werfen, doch ich war dagegen und atmete schließlich auf, als die Leute das Haus verlassen hatten.
Nur der
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