1797 - Das zweite Ich der Laura Dern
hätte nicht gedacht, dass sie ein so gutes Versteck finden würde. Hier war alles im Lot. Sie war nicht entdeckt worden, und jetzt sah alles danach aus, als ob das so bleiben würde.
Die beiden zogen sich zurück. Sie hatten sich nicht getraut, auf den Hochsitz zu klettern, und so war diese Befürchtung schon mal nicht eingetreten.
Was tun?
Noch bleiben, bis sich unten etwas getan hatte? Aber würde sich dort etwas tun?
Ja, es tat sich etwas. Die beiden Männer sprachen so laut, dass sie auch in der Höhe gehört wurden, und so bekam Laura Dern ihre Worte mit. Irgendwie schienen sie Angst zu haben oder sehr unentschlossen zu sein, denn sie konnten sich offenbar zu nichts entschließen.
Die Lage wurde für die junge Frau immer unbequemer. Auf dem harten Holz zu liegen war alles anderes als eine Wohltat. Mehrmals drangen leise Verwünschungen über ihre Lippen.
Doch dann konnte sie lächeln.
Die übrig gebliebenen beiden Kerle zogen ab.
Sie hatte es geschafft!
Am liebsten hätte sie gejubelt. Jetzt wusste sie, dass sie gerettet worden war. Die Typen zogen ab, sie würden ihr nichts mehr tun.
Obgleich sie es eilig hatte, wartete sie noch einige Sekunden, dann drückte sie sich in die Höhe und ging dabei vorsichtig zu Werke. Sie peilte über den Rand.
Ihre beiden Gegner standen noch unten. Sie riskierte nur einen kurzen Blick, dann zog sie den Kopf wieder zurück. In diesem tödlichen Spiel dufte sie nicht so unvorsichtig sein und alles in Gefahr bringen. Die Kerle waren brutal. Für sie spielten Menschenleben keine Rolle.
Aber sie gingen.
Sie schlichen weg. Hin und wieder warfen sie noch einen Blick zurück und auch in die Höhe, aber dort gab es nichts Verdächtiges zu sehen.
Dennoch wartete Laura ab, bis sie sich hinsetzte und dann sah, dass sich die beiden Kerle entfernten. Es lag schon einiges an Distanz zwischen ihnen.
Ich muss jetzt die Nerven behalten!, hämmerte sie sich ein. Ich darf nichts verkehrt machen. Ich muss mich unter Kontrolle halten. Das klappte auch. Laura duckte sich, und sie wusste, dass sie von unten nicht gesehen werden konnte.
Den Toten nahm sie hin, so wie sie auch den zweiten hinnehmen würde. Das alles lief im Moment gut.
Bevor sie die hintere Leiter als Fluchtweg nahm, suchte sie so gut wie möglich den Boden ab. Es stand kein Mensch in der Nähe, der ihr gefährlich werden konnte. Sie würde den Boden erreichen und verschwinden können.
Fast wäre sie auf den Sprossen der Leiter ausgerutscht. Im letzten Moment fing sie sich, klammerte sich fest und konnte dann ihren Weg fortsetzen.
Ein Stein fiel ihr von der Seele, als sie den Boden unter den Füßen spürte.
Es war still um sie herum.
Und sie empfand es als eine Stille des Todes, denn nicht weit entfernt in einem Gebüsch lag der nächste Tote, den die anderen Kerle nicht entdeckt hatten. In seinem Gesicht stand noch die Qual geschrieben, die er in den letzten Augenblicken seines Lebens empfunden haben musste.
Sie konnte ihm nicht helfen, und sie hätte auch keinen Sinn darin gesehen. Außerdem fühlte sie sich nicht als Mörderin, sie war jemand, der nur seinem Job nachgehen wollte.
Und sie wollte ihr Leben normal fortführen, das stand für sie auch fest. Nur keine großen Probleme mehr, die hatte sie genug gehabt. Sie hoffte, sie abgehakt zu haben.
Laura wollte wieder zu ihrem Wagen und wegfahren. Sie würde nicht bei der Polizei anrufen und die beiden Toten melden. Andere sollten sie finden.
Alles lief glatt. Es gab niemanden, der sie aufhalten wollte. Sie kam jetzt gut voran und freute sich schon, in den Wagen steigen zu können und zum Studio zu fahren.
Sie erreichte den Wagen.
Sie schloss ihn auch auf.
Aber sie kam nicht dazu, ihn zu öffnen, denn hinter sich hörte sie ein Geräusch, und der harte Schlag in den Rücken zwang sie in die Knie …
***
Wir hatten alles besprochen. Vor allen Dingen sollte niemand merken, weshalb wir dem Gelände einen Besuch abstatteten. Es sollte alles normal aussehen. Auf so ein Gelände zu gelangen, war für einen normalen Menschen fast unmöglich. Man musste schon eine Einladung haben oder zu Personen gehören, die privilegiert waren. Dazu gehörten Suko und ich.
Bill Conolly und seine Kollegin Alexandra King waren nicht bei uns geblieben. Bill hatte sich mit ihr treffen wollen, um später nachzukommen.
Als wir uns dem Gelände näherten, konnten wir nur den Kopf schütteln. Wer sich die Kinowelt stets strahlend vorgestellt hatte, der wurde hier eines Besseren
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