Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
18 - Eine Taube bringt den Tod

18 - Eine Taube bringt den Tod

Titel: 18 - Eine Taube bringt den Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Tremayne
Vom Netzwerk:
einer Tür, die sie in einen viereckigen Turm führte. Eine schmale Holztreppe wand sich um den kunstvoll geschnitzten Stützpfeiler aus Eiche. Alle fünfzehn Fuß gab es einen Treppenabsatz, der Raum genug für eine Vielzahl von Gegenständen barg. Auf den oberen Absätzen überraschten sie Ansammlungen von Kriegsgerät, Bögen und Pfeilen. Bei dem dritten dieser Treppenabsätze konnte sich Fidelma nicht länger einer Bemerkung enthalten, auch betrachtete sie einen der Köcher näher, die an der Wand hingen.
    »Schön zu sehen, dass ihr auf alle Gegebenheiten vorbereitet seid, auch wenn du Angriffe auf eure Burg vom Wasser her ausschließt. Das Meer ist eine gute Verbindungsstraße zur Außenwelt, aber nicht aller Verkehr führt nach draußen. Manchmal bringt das Meer auch unerwünschte Gäste.«
    »Das haben unsere Vorfahren zu spüren bekommen. Damals tauchte just an diesen Ufern Julius Caesar mit seiner Flotte auf. In jüngerer Zeit waren es die Kriegsschiffe der Franken, und auch mit den Überfällen der Angelsachsen an den Küsten im Süden war nicht zu spaßen. Doch bis in das Morbihan sind sie nicht gekommen. War es nicht Seneca, ein Schriftsteller von euch, der uns ein Lehrstück erteilte, indem er sagte, ein Sommer währt nicht ewig?«
    »Non semper erit aestas« , bestätigte Bruder Metellus den Ausspruch ernst.
    »Wir sind auf den Winter vorbereitet. Dabei sind die derzeitigen Übeltäter nicht darauf aus, unsereins anzugreifen; sie wissen, dass wir uns verteidigen können und fallen lieber über harmlose Handelsschiffe und einsame Reisende her.«
    Macliau stieg weiter empor. Oben angelangt befanden sie sich etwa sechzig Fuß hoch. Sie hatten einen wundervollen Rundblick, sahen auf der Landseite die Hügel und Wälder und nach Norden die Ausmaße des Binnenmeeres mit den unzähligen Inseln, so weit das Auge reichte. Viele von ihnen schienen bewaldet.
    »Das dort drüben ist Govihan«, bedeutete ihnen Macliau und wies auf einen Landstrich jenseits des Vorgebirges. Sie standen hoch genug, um erkennen zu können, dass das kleine Eiland in der Form einer weißen Bohne im Osten über einen langen Sandstrand verfügte. Der im Westen war entschieden kürzer. Am südlichen Ende war die Insel dicht bewaldet, auch ein hoher Turm aus Holz war auszumachen. »Das ist der Wachturm, der auf der kleinen befestigten Wohnanlage steht. Im Grunde genommen ist es eine alte Villa, die mein Vater Trifina als eigenen Wohnsitz übergeben hat. Ihr seht selbst, dass zwischen dem Turm dort und unserem hier keine Bewegung auf dem Morbihan unbemerkt bleibt.«
    Fidelma gab zu, dass beide Türme einen einwandfreien Überblick gewährten.
    »Aber wie benachrichtigt ihr euch gegenseitig im Falle einer Gefahr?«
    »Leuchtfeuer«, erwiderte er ohne Zögern. »Und bei klarer Sicht genügen auch unsere Banner.« Er zeigte auf einen Mast am Turm, an dessen Spitze ein großes rechteckiges Stück Seide hing. Ab und an brachte es ein Windstoß zum Flattern; dann entfaltete es sich und ließ sein Emblem erkennen. Es war die Darstellung des gleichen Vogels wie auf dem Seidenfetzen, den Eadulf in seinem marsupium hatte.
    Fidelma betrachtete das Banner, ohne eine innere Regung zu zeigen.
    »Das sieht wie eine Taube aus. Den Vogel als Wahrzeichen auf einem Banner zu haben, finde ich seltsam«, stellte sie harmlos fest.
    Macliau nahm die Bemerkung heiter auf. Sein Lachen schreckte seinen kleinen Hund auf, der zu seinem Herrchen aufschaute und leise winselte.
    »Du hast recht mit der Taube. Wenn ich erst einmal Oberhaupt der Familie bin, ändere ich das, dann nehme ich wieder das Wahrzeichen von früher.«
    »Von früher?«
    »Unsere Vorfahren gehörten zu den Venetern, wie ich schon erwähnte. Wir beherrschten das Meer in alle Himmelsrichtungen. Selbst die Römer priesen unsere Fähigkeiten. Damals war der Fischadler unser Feldzeichen, der große Jäger auf See, der Adler der Meere.«
    Es klang stolz, wie er das sagte, und auch sein Gesichtsausdruck verriet, dass er in schwärmerischen Vorstellungen schwelgte. Fidelma ließ ihm etwas Zeit, ehe sie ihre Frage stellte.
    »Das erklärt noch nicht, warum euer Banner jetzt das Wappenbild einer Taube trägt. Sie gilt als Symbol des Friedens.«
    Über sein Gesicht huschte ein Schatten. »Sie wurde zum Symbol der Schande für meine Familie«, erwiderte er bitter.
    »Schande? Wieso?«
    »Als Canao, mein Vorfahre, der zweite dieses Namens, der als kof Bro-Erech regierte, getötet wurde, übernahm Judicael von

Weitere Kostenlose Bücher