18 - Orangen und Datteln
mehr seine Ungeduld zu beherrschen. Als Krüger-Bei jetzt in stolzer, aufrechter Haltung vor uns stand und mit einer unbeschreiblichen Handbewegung zur Aufmerksamkeit winkte, war ich vollständig überzeugt, daß er etwas weit Besseres leisten werde als vorhin im Deutschen. Er begann: „Hört mich an, ihr Ältesten der Ferkah Uëlad Sebira, und du, o Scheik Ali en Nurabi, schenke mir auch dein Ohr! Hier stehe ich, ein treuer Diener des Propheten und ein Schirm und Schild meines Gebieters, der sich Mohammed es Sadak Pascha nennt. Wer wagt es, eine Hand gegen mich zu werfen oder ein Wort gegen mich zu reden? Hier sitzest du, o Scheik; Hunderte von Kriegern gehorchen deinem Wort, und Tausende von Seelen zählen zu den Deinigen. Dein Wort ist wie ein Schwur, und an den Spitzen deines Bartes klebt kein unerfülltes Versprechen. Hier sitzt ein junger, wackerer Krieger deines Stammes. Ich habe heut seinen Namen gehört; er lautet Achmed es Sallah Ibn Mohammed er Raham Ben Schafei el Farabi Abu Muwajid Khulani. Sein Dolch ist scharf wie der Strahl der Sonne und seine Kugel sicher wie die Gerechtigkeit des jüngsten Tages. Er hat großes Gut aus fremden Landen geholt, besitzt die Achtung seines Freundes, der ein berühmter Emir aus Dschermanistan ist, und hat heut einen Feind getötet, der euch berauben wollte. Ali en Nurabi, dieser tapfere Streiter deines Stammes hat sein Herz geschenkt an Mochallah, die Schönste der Schönen, die aus deinen Lenden geflossen ist. Er will den Preis bezahlen, den du von ihm verlangtest, und wird die Tochter deines Alters ehren, wie einst Abraham sein Weib Sarah ehrte. Ich höre, daß du ihn von dir gewiesen habest, aber meine Seele glaubt nicht daran, denn das Wort eines Sebira ist fest und sicher wie el Aresch, der Thron Gottes, den achttausend Säulen und dreimalhunderttausend Stufen tragen, eine jede von der Höhe einer vollen Tagesreise. Ich stehe hier an seiner Statt und werbe für ihn um die Hand deiner Tochter. Seine Ehre ist meine Ehre, und seine Schande sei meine Schande! Dein Herz wurde heut in die Tiefen der Betrübnis getaucht, aber Achmed es Sallah ist der rechte Mann, deine Seele mit Freuden zu erleuchten. Er wird dir alles wiedergeben, was du verloren hast, wenn du ihm die zum Weib gibst, die er sich erst erkämpfen muß. Bedenke das, o Scheik! Bedenke auch, daß jedes deiner Worte, das du ihm sagest, auch mich treffen muß! Du bist mein Freund, und ich bin der deinige. Allah gebe, daß wir Brüder bleiben! Du hast meine Rede vernommen, und ich bin bereit, nun auch die deinige zu hören!“
Er hatte geendet und setzte sich wieder nieder. Ich konnte nicht anders, ich mußte ihm voll Dankbarkeit die Hand drücken. Er hätte gar nicht besser sprechen können; er hatte die Sache Achmeds geradezu zu der seinigen gemacht, und nun war eine Abweisung beinahe zur Unmöglichkeit geworden. Das fühlte der Scheik. Eigentlich hätte er sich sofort erheben müssen, um seine Antwort zu geben, aber er wandte sich vorher an mich: „Sihdi, ist er es wirklich ganz allein, der den Räuber zu verfolgen vermag?“
„Er hat es versprochen“, antwortete ich. „Kennst du einen andern, der es fertigbringt?“
„Ja.“
„Wer ist es?“
„Du selbst bist es, denn er hat es erst von dir gelernt.“
„Du hast recht, aber ich sage dir, o Scheik, daß auch ich eine Bedingung habe. Du wolltest sehen, ob mein Hengst so schnell ist wie deine Stute, und ich verzichtete auf die Wette, da ich deine Seele nicht betrüben wollte. Nun aber sollst du erfahren, daß ich mich nicht zu fürchten brauchte. Deine Stute wird beim Anbruch des Tages einen Vorsprung von einigen Stunden haben, aber ich werde sie dennoch erreichen, wenn ich will. Soll ich für euch die Fährte lesen, so begehre auch ich Mochallah zum Lohn, aber nicht für mich, sondern für Achmed es Sallah. Wähle schnell, denn ich sage dir, es ist keine Zeit mehr zu verlieren.“
Da erhob er sich endlich. Er legte die Hände an den Bart und sagte: „Ich schwöre hiermit bei dem heiligen Koran, bei dem Barte des Propheten, bei den Bärten aller Kalifen und auch meiner Väter und auch hier bei meinem Bart, daß Achmed es Sallah Mochallah zum Weibe haben soll, sobald er sie mir mit der Stute und dem Hedschihn übergibt. Tut er das aber nicht, so hat er keinen Teil an ihr. Ihr alle habt meine Worte gehört! Sie sind gesprochen!“
Jetzt war der Bann gelöst. Wir alle reichten ihm die Hand, und der Oberst der Mamelucken meinte fröhlich zu mir:
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