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18 - Orangen und Datteln

18 - Orangen und Datteln

Titel: 18 - Orangen und Datteln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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(Morgengebet) herangerückt. Der Morgen rötete sich im Osten, und die Beduinen sanken neben ihren Pferden auf die Knie, um, das Gesicht gegen Mekka gerichtet, ihr erstes Gebet zu verrichten.
    Nun war es Zeit, uns zu überzeugen, ob der Krumir auch wirklich die vermutete Richtung eingeschlagen habe.
    „Wir werden Ihnen dieses anfangen, um es janz jenau sehen und behaupten jekonnt zu dürfen?“ fragte mich Krüger-Bei.
    „Nichts leichter als das!“ antwortete ich. „Sehen Sie die Trinkstelle neben dem Zelt des Scheiks. Sie hat zwei Abteilungen, die eine für das Lieblingspferd und die andere für das Lieblingskamel des Herrn, denn ein Rassepferd trinkt nie gern aus dem selben Gefäß, aus welchem bereits ein Dschemmel (Kamel) getrunken hat. Durch das verschüttete Wasser nun ist der Boden feucht geworden, und die Hufe der Tiere haben sich in demselben eingedrückt. Sehen Sie?“
    „Ich jestehe sehr jern, alles dieses jenau erkennen zu dürfen.“
    Ich entnahm meinem Verbandszeug eine Schere und zog das nötige Papier aus der Tasche. Dann fuhr ich fort: „Jetzt schneide ich mir diese Spuren genau in Papier aus und zeichne das innere Bild der Hufe mit dem Stift nach – so! Nun steigen Sie auf das Pferd, und kommen Sie mit mir. Achmed mag uns begleiten.“
    Wir drei stiegen auf und verließen das Lager. Ich ritt voran und galoppierte gerade nach Süden und auf die Schlucht zu, von welcher der Krumir gesprochen hatte. Wir erreichten sie in fünf Minuten, trotzdem sie eine volle halbe Stunde vom Duar entfernt lag. Ich stieg ab und untersuchte das Terrain. Bereits nach zwei Minuten hatte ich gefunden, was ich suchte.
    „Steigen Sie vom Pferd, Oberst, und treten Sie näher!“ bat ich. „Sehen Sie sich doch einmal diese Stelle an!“
    „Ich sehe Gras, welches niedergedrückt jewesen zu scheinen jesonnen ist.“
    „Es war allerdings niedergedrückt, und zwar im Viereck; ein geübtes Auge kann die Ränder desselben noch ziemlich deutlich verfolgen. Und hier, nahe an der anderen Seite des Vierecks?“
    „Da scheint jemand im den Gras jescharrt und etwas suchen jewesen jehabt zu haben.“
    „Nun sehen Sie: Hier hat eine viereckige Decke am Boden gelegen; auf derselben hat ein Mann geruht. Seine Füße langten über die Decke hinaus, und so hat er bei jeder Bewegung mit den Sandalen in dem Gras gerieben. Verstehen Sie das?“
    „Da Ihnen es mich jesagt haben, so scheint es mich einzuleuchten sehr deutlich jeworden zu sein.“
    „Natürlich ist dieser Mann nicht allein hier gewesen; es steht vielmehr zu vermuten, daß er die Pferde bewachen sollte, welche dem Krumir und seinen Uëlad Hamema gehörten. Wo werden diese Pferde gewesen sein?“
    „Dieses zu sagen, kann sich mein Jeist nicht träumen lassen so schnell vermuten.“
    „Wer Pferde zu bewachen hat, wendet ihnen auf alle Fälle sein Gesicht zu. Sie werden also in derselben Richtung gestanden haben, in welcher er seine Füße liegen gehabt hat, also wohl bei den Büschen dort, die meist nur aus Baten (Terebinthe) bestehen. Kommen Sie! – Da, sehen Sie, daß der Boden niedergestampft ist und mehrere Zweige zu Schlingen gedreht sind? Diese Schlingen haben zur Befestigung der Zügel gedient; es sind ihrer sieben, also dürfen wir auf ebenso viele Pferde schließen. Leuchtet Ihnen auch dieses ein?“
    „Erlauben Sie mich, Sie zu diesem unjeheurem Scharfsinn meine Gratulation erjebenst hinnehmen und entjegenjebracht zu mögen! Aber wie wollen Sie Ihnen nun auch dat Kamel, der Stute und dem jeraubten Mädchen finden werden?“
    „Vielleicht gelingt mir auch das. Die Räuber sind jedenfalls inmitten der Schlucht geritten, wo der feste, steinige Boden keine Spuren hinterlassen hat. Aber es steht sehr zu vermuten, daß sie die Stute und besonders das Kamel erst gehörig getränkt haben, ehe sie ihm die Sänfte aufschnallten. Hier kann dies nicht geschehen sein, weil die Ufer des Baches zu hoch sind. Gehen wir also weiter. Ich bin überzeugt, daß wir Spuren finden werden, sobald wir eine Stelle erreichen, wo die Ränder des Baches nicht hoch über dem Wasser stehen.“
    Meine Vermutung bestätigte sich schon in ganz kurzer Zeit. Der Bach schlug einen ziemlich eben liegenden Bogen, der eine kleine Halbinsel umrandete, auf welcher sich von der Zeit der Frühlingsüberschwemmungen her ein grober, mit einzelnen Steinbrocken untermischter Sand abgelagert hatte. Dazwischen war ein spärlicher, schmalhalmiger Graswuchs zu sehen. Diese Art Boden war natürlich

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