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18 - Orangen und Datteln

18 - Orangen und Datteln

Titel: 18 - Orangen und Datteln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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gehörten.
    „Wir sind fremd“, antwortete ich unbestimmt. „Unsere Väter haben nicht in der Wüste, sondern in Städten gewohnt.“
    „Wohin wollt ihr?“
    „Zu dem frommen Einsiedler auf dem Felsen von Wahsija. Du siehst, daß unsere Reise eine sehr friedliche ist.“
    Ich mußte in dieser Weise antworten, weil ich noch nicht wußte, zu welchem Stamm diese Leute gehörten.
    „Habt ihr ein Gelübde getan, daß ihr zu dem Einsiedler wollt?“ fragte er weiter.
    „Nein. Wir wollen ihm nur ein Geschenk und eine Bitte bringen. Bei welchem Stamm stehen eure Zelte?“
    „Wir gehören zum mächtigen Stamm der Alabeïde.“
    „Der Alabeïde?“ rief Halef erfreut aus. „Wo befindet sich derselbe?“
    „Nicht weit von hier am Fluß. Wir werden unser Lager noch vor Abend erreichen“, antwortete der Mann dem kleinen, unvorsichtigen Frager.
    „Dann reiten wir mit euch, denn wir sind alte Bekannte und Freunde eures Stammes!“
    „Ihr? Wieso?“
    Halef deutete auf mich und antwortete stolz:
    „Hier seht ihr den berühmten Emir Kara Ben Nemsi. Kennt ihr seinen Namen? Und ich bin Hadschi Halef Omar, sein Freund und Gefährte. Ihr seid jung und also damals nicht dabeigewesen; aber wir haben im Tal der Stufen mit euch und den Haddedihn gegen die Abu Hammed, Dschowari und Obeïde gekämpft. Das war ein sehr großer Sieg, und ihr wißt gewiß, daß ihr denselben diesem Emir Kara Ben Nemsi zu verdanken hattet.“
    Bei der Nennung meines Namens hatte die vier Reiter laute Rufe der Überraschung ausgestoßen. Sie sahen einander mit einem Ausdruck an, welcher auf freudige Bestürzung deutete, später erfuhren wir freilich, daß es etwas ganz anderes gewesen war. Als Halef seine hochtrabende Rede geendet hatte, antwortete der vermeintliche Alabeïde in jubelndem Ton: „Hamdullillah! Preis sei Allah, der uns euch hier begegnen ließ! Ja, wir gehörten damals noch nicht zu den Kriegern, aber wir haben euren großen Ruhm vernommen. Unsere Stämme verdankten euch jenen Sieg. Ihr seid uns willkommen, hoch willkommen. Wie werden sich die Unsrigen freuen, wenn wir ihnen verkünden, welche Gäste wir ihnen bringen! Emir Kara Ben Nemsi, nimm hier meine Hand! Sei unser Gast für viele, viele Tage! Willst du uns die Wonne deiner Gegenwart bereiten?“
    Ich sah seine Augen und diejenigen seiner Gefährten leuchten, ergriff seine Hand und sagte zu. Ich nahm dieses Augenleuchten als ein Zeichen der Freude; das war es auch. Aber einer ganz anderen Freude, als wir annahmen. Wir unvorsichtigen Menschen gingen ganz vertrauensselig in eine Falle, die uns noch dazu von so jungen Menschen gestellt worden war!
    Wir ritten weiter und unterhielten uns über die damaligen Kriegserlebnisse. Ganz besonders freuten sich die vermeintlichen Alabeïde darüber, daß wir damals die Abu Hammed so gezüchtigt hatten. Ich war Gefangener dieses Stammes gewesen, ihm aber entkommen; sein Scheik Zedar Ben Huli wurde dann von einem meiner Gefährten erschossen; die Abu Hammed mußten sich den Haddedihn und Alabeïde unterwerfen und den besten Teil ihrer Herden als Tribut zahlen. Dabei gaben sich die vier in einer Weise, daß bei uns kein Argwohn entstehen konnte. Sie hielten ihre Worte und Gebärden unter einer außerordentlichen Beherrschung.
    Später trennte sich einer von uns, um voranzureiten und die Ankunft so hoch willkommener Gäste zu verkündigen. Es war vielleicht eine halbe Stunde vor Sonnenuntergang, als wir die schwarzen Zelte des Stammes liegen sahen. Herden weideten, von einzelnen Hirten beaufsichtigt, rund um das Lager. Es war ein Bild des Friedens. Eine große Anzahl von Frauen und Mädchen kam uns entgegen und bewillkommnete uns mit einem vielstimmigen und oft wiederholten „Marhaba!“ Hinter diesen hielten die Jünglinge, um diesen Ruf zu wiederholen. Bei ihnen befanden sich nur wenig erwachsene Männer. Wir hatten gehört, daß die Krieger auf einem Zuge gegen die feindlichen Abu Hammed abwesend seien, aber hoffentlich übermorgen schon wiederkommen würden. Das war ein ganz außerordentliches Freudengeschrei, welches man nur bei der Ankunft von sehr lieben Gästen zu hören pflegt! Wir wurden förmlich von den Pferden gehoben und im Triumph zu den Zeltreihen geführt. Da plötzlich sah ich, daß einer der alten Krieger meinem Halef das Gewehr aus der Hand riß, im nächsten Augenblick, ehe ich nur eine Bewegung der Abwehr machen konnte, schlug er mir den Kolben desselben so gegen die Stirn, daß mir die Gedanken vergingen; noch ein solcher

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