Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
18 - Orangen und Datteln

18 - Orangen und Datteln

Titel: 18 - Orangen und Datteln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
verging. Draußen wurde es still und stiller. Die Männer, welche vorhin dagewesen waren, kamen wieder, um nach uns zu sehen. Wir lagen wie vorhin. Sie glaubten uns fest zu haben und gingen wieder. Draußen geboten sie den neuen Wächtern, ja recht gut aufzupassen. Dann hörte ich zuweilen leise Schritte, welche um unser Zelt gingen; das waren die Wächter, welche vor dem Eingang saßen. Von Zeit zu Zeit unternahm einer von ihnen einen Rundgang.
    Nun wurde es Zeit. Halef mußte mich wieder losbinden, was jetzt schneller ging als vorher. Ich hatte die Hände frei und konnte mir nun den Strick von den Fußgelenken knüpfen.
    „Sihdi, wohin willst du draußen?“ fragte der Parsi.
    „Das Zelt des Scheiks suchen.“
    „Such' auch meinen Packsattel! Ich werde die Hand auf meinen Talisman der Sonne legen, den ich auf der rechten Brust trage. Er wird dich beschützen. Ormuzd mag dir seine reinen Geister zur Begleitung senden!“
    Ich kroch leise an die Hinterwand des Zeltes und zog einen der Pflöcke aus der Erde. Nun konnte ich die Leinwand heben und unter derselben hindurchkriechen. Der Himmel hatte sich mit Wolken umzogen, als ob es regnen wolle; es war so dunkel, daß man nicht sehr weit sehen konnte. Das war mir lieb, obgleich es mir dadurch schwer wurde, unser Zelt wiederzufinden. Ich schob mich also hinaus und schnellte mich dann gleich mehrere Ellen weit fort, um aus der Nähe der Wächter zu kommen. Dann legte ich mich zu Boden und kroch weiter. Ich mußte durch das ganze Lager, war aber überzeugt, daß das Zelt des Scheiks sich durch irgendwas vor den anderen auszeichnen werde.
    Weiter aufwärts brannte ein Feuer, an welchem mehrere Männer saßen, gewiß die spätere Ablösung für unsere Wächter. Ich mußte mich so halten, daß der Schein dieses Feuers nicht auf mich fiel, und kroch im Dunkel der anderen Seite weiter, jedes Zelt, an dem ich vorüberkam, so weit die Dunkelheit es zuließ, genau betrachtend. Da stand eines, welches größer als die anderen war; zwei mit Palmfaserbüscheln verzierte Lanzenspitzen ragten über demselben hoch empor. Sollte dies das gesuchte sein?
    Eben wollte ich mich vorsichtig nach der vorderen Seite desselben schieben, da hörte ich ein Geräusch. Ein Mann kam um das Zelt herum; ich befand mich gerade vor seinen Füßen und hatte keine Zeit, ihm auszuweichen. Noch ein Schritt, er stolperte über mich weg und stürzte. In demselben Augenbück kugelte ich mich so weit wie möglich fort, eilte auf Händen und Füßen fort, erhob mich dann, und huschte, so schnell ich konnte, den Weg zurück, den ich gekommen war.
    „Wacht auf, ihr Männer!“ rief eine laute Stimme, welche durch das ganze Lager klang. „Es war ein Mensch am Zelt des Scheiks!“
    Es wurde augenblicklich in den Zelten und außerhalb derselben lebendig. Jetzt war es Hauptsache für mich, schnell in das unsrige zu kommen. Ich befand mich schon in der Nähe desselben, auf der hinteren Seite der Zeltreihe, legte mich wieder nieder und kroch hin. Zum Glück für mich fiel es den Wächtern nicht ein, hierher zu sehen, oder gar zu kommen. Sie waren aufgestanden und einige Schritte nach der Richtung gegangen, in welcher das Zelt des Scheiks lag. Ich schob mich unter der Leinwand hindurch und steckte den Pflock wieder in die Erde. Dann band ich mir den Strick um die Füße, und Halef mußte mir die Hände auf den Rücken fesseln. Kaum war dies geschehen und ich lag an meinem früheren Platz, so kamen mehrere Beduinen mit der Lampe und leuchteten uns einen nach dem anderen an.
    „Die liegen sicher; von ihnen kann keiner fort“, lautete das Resultat dieser Inspektion. „Es ist kein Mensch, sondern einer unserer Herdenhunde gewesen.“
    Sie gingen fort, und es wurde nach und nach wieder ruhiger im Lager. Ich erzählte den Gefährten mit leiser Stimme, was geschehen war.
    „Mein Tilsim der Sonne hat sich nicht bewährt“, meinte der Parsi. „Mein zweites Tilsim ist ein Tilsim el Hilal, ein Talisman des Halbmondes, für Moslimin gemacht. Ich stehe also auch unter dem Nûr el Hilal, im Licht und Schutz des Halbmondes. Wagst du dich wieder fort, o Sihdi?“
    „Ja. Wir müssen unser Leben an die Freiheit wagen und zwar noch in dieser Nacht; morgen ist's wahrscheinlich schon zu spät.“
    „So werde ich, wenn du gehst, die Hand auf diesen zweiten Talisman legen, den ich auf der linken Seite der Brust trage.“
    Ich wartete, bis unsere Wächter abgelöst worden waren, machte mich wieder frei und legte ganz denselben Weg in

Weitere Kostenlose Bücher