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18 - Orangen und Datteln

18 - Orangen und Datteln

Titel: 18 - Orangen und Datteln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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unsicher.
    Halef und ich hatten uns ganz besonders vor den Abu Hammed zu hüten, denn wir waren vor Jahren mit dabeigewesen, als sie von den Haddedihn besiegt und tief gedemütigt worden waren. Wenn wir ihnen in die Hände gerieten, hatten wir nicht Gutes zu erwarten. Darum hielten wir die Augen offen.
    Was unseren Begleiter, den Parsi Alam betrifft, so war ich mit seiner Anwesenheit vollständig ausgesöhnt; er war zwar jung, unerfahren und wohl auch unvorsichtig, dabei aber für mich eine sehr interessante Persönlichkeit. Er hatte einen Parsi zum Vater und war in Bagdad von einer mohammedanischen Mutter geboren worden; infolgedessen bekannte er sich äußerlich zum Glauben seines Vaters und hielt es doch innerlich mit demjenigen seiner Mutter. Halb Sonnen- und Feueranbeter und halb Moslem, war er doch keines von beiden; dabei besaß er eine durstige Seele, rang nach Licht und Wahrheit und hatte doch weder das eine noch das andere zu finden vermocht. Er fühlte die Fesseln des Aberglaubens, unter welchem er stand, wollte gern frei von ihnen sein und konnte doch nicht loskommen.
    Es war gar kein Wunder, daß er in dieser inneren Bedrängnis das Gespräch auf die Religion brachte. Er hatte mich für einen Moslem gehalten; als er dann hörte, daß ich Christ sei, wurde er noch offener, als er vorher gewesen war und legte mir eine Menge Fragen vor, welche ich alle beantworten sollte. Es fiel mir nicht ein, mich nun sofort als Missionar zu gebärden; das wäre ein unverzeihlicher Fehler gewesen; ich erwähnte meinen Glauben und seine Lehren mit keinem Wort, sondern schlug den wenn auch indirekten aber um so sichern Weg ein, ihm durch kurze, klare und überzeugende Bemerkungen zu beweisen, daß der seinige haltlos sei.
    Vom Morgen bis zum Abend sprachen wir von fast nichts anderem; er wurde nachdenklicher und immer nachdenklicher, so daß ich überzeugt war, daß meine Worte fest in seinem Innern hafteten. Auf diese Weise hatte ich auch meinen Halef bekehrt, der mich partout zum Mohammedaner hatte machen wollen. Der kleine, treue Mann hörte unseren Wechselreden schweigend zu, konnte sich aber, als ich gelegentlich einmal neben ihm ritt, nicht enthalten, heimlich zu mir zu sagen:
    „Sihdi, erinnerst du dich noch daran, daß ich dich damals zum Islam bekehren wollte, du mochtest wollen oder nicht?“
    „Ja.“
    „Und nun ist mir dein Glaube lieber als der unsrige, obgleich ich dies noch niemand sagen mag. Ich bemerke, daß dieser Parsi eines Tages ebenso denken wird wie ich, trotz der Talismane, welche er bei sich trägt.“
    Er hatte also an Alam ganz dieselbe Beobachtung wie ich gemacht. Nebenbei mag hier bemerkt werden, daß der Begleiter des Parsi ein junger Mann war, welcher jetzt in seinem Dienst stand und früher eine Art Hausierhandel unter den Beduinen getrieben hatte, die Gegend und deren Bewohner also einigermaßen kannte und darum als jetziger Begleiter nicht schlecht gewählt worden war. Für mich freilich konnte dieser einfache und vollständig harmlose Mann nicht die mindeste Bedeutung haben. Er ritt auch immer sehr bescheiden hinter uns her.
    Der Tharthar hat im Sommer wenig oder fast gar kein Wasser; dann gibt es nur an seinen Ufern etwas Grün; in der Steppe aber sind die Pflanzen vollständig abgestorben, und die Beduinen halten sich mit ihren Herden in der Nähe des Tigris oder suchen den westwärts fließenden Euphrat auf. Jetzt gab es Wasser in dem Flüßchen, doch nicht so viel, daß uns der Übergang schwer geworden wäre. Wir konnten, wenn es notwendig war, in jedem Augenblick hinüber und wieder herüber, ganz wie es unsere Sicherheit erforderte.
    Bis jetzt hatten wir keine Begegnung gehabt; heute aber, als die Sonne vielleicht drei Viertel ihres Laufes vollendet hatte, sahen wir vier Reiter, welche südwestlich aus der Steppe kamen und auf den Fluß zuhielten, an welchem sie mit uns zusammentreffen mußten. Als sie uns bemerkten, hielten sie für kurze Zeit an, um sich zu besprechen; dann setzten sie ihre Pferde in Galopp und kamen auf uns zu. Wir ritten unseren Schritt weiter, da wir vier Männer jedenfalls nichts zu fürchten hatten. Erst als sie uns ganz nahe waren, hielten wir, wie uns die Höflichkeit gebot, an. Sie sahen grad so aus wie alle Beduinen; es gab nichts an ihnen, was uns hätte mißtrauisch machen können. Sie grüßten uns höflich und wir dankten ihnen. Sie waren jung; der älteste von ihnen konnte fünfundzwanzig Jahre zählen. Er fragte uns, zu welchem Stamm wir

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