Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
18 - Orangen und Datteln

18 - Orangen und Datteln

Titel: 18 - Orangen und Datteln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
ich lebe!“
    „Ich weiß, daß du beinahe als ein Sklave des Scheich betrachtet wirst und dich sehr unglücklich fühlen mußt; aber ich kann über deinen Wunsch erst später entscheiden. Kannst du schwimmen?“
    „Ja, Herr. Soll ich das Kellek herüberholen?“
    „Nein. Ihr schwimmt jetzt an das andere Ufer und versteckt euch drüben hinter das Tschinar- und wilde Biehgestrüpp (Ahorn- und Weidengestrüpp). Unterdessen reite ich zurück, um zu sehen, ob der Scheich uns folgt. Vorwärts!“
    Die beiden lenkten ihre Pferde in das Wasser, und ich kehrte um. Im Trab erreichte ich die nächste Höhe, von welcher wir gekommen waren, und von hier aus erkannte ich allerdings Melef mit seinen sämtlichen Schirwan-Kurden, welche soeben oberhalb meines Standortes in eine Schlucht einlenkten. Sie hatten einen Bogen geschlagen, um uns verborgen zu bleiben. Wenn auch ich von ihnen unbemerkt bleiben wollte, durfte ich keine Zeit verlieren. Ich ritt im Galopp wieder dem Fluß zu und nahm, als mein Hengst in das Wasser ging, die Waffen hoch empor, um sie vor der Nässe zu schützen.
    „Chodih“, rief mir der Dscheside entgegen, „verfolgen sie uns?“
    „Ja.“
    „So sind wir verloren!“
    „Inwiefern?“
    „Blicke hier empor!“
    Er deutete nach dem Höhenzug, welcher auf dieser Seite des Zab das Flußtal begrenzte. Ich erkannte einen Trupp von vielleicht dreißig Reitern, die von dort herab uns entgegenkamen.
    „Sind es Zibar-Kurden?“
    „Ja, Herr.“
    „Ich denke, die beiden Schirwani können das Lager des nächsten Zibar-Scheichs noch gar nicht erreicht haben!“
    „Sie müssen zufällig auf diesen Emdscherg (Kriegertruppe) gestoßen sein. Man hat uns bereits gesehen. Was befiehlst du, Herr?“
    „Kennst du einen sicheren Weg über die Tura Ghara-Berge nach der Feste Ara oder den Quellen des Akra-Flusses?“
    „Ja. Was willst du dort?“
    „Ich werde dort von Freunden erwartet. Wir müssen uns hier nach rechts wenden, und dann, glaube ich, können wir entkommen.“
    „Wir können ihnen nicht entgehen, Herr, denn das Tal ist dort von Felsen verschlossen, welche bis an das Wasser reichen. Kein Pferd kann sie erklimmen.“
    „Gut, so reiten wir ihnen entgegen.“
    „Und dann?“
    „Was dann zu tun ist, wird sich finden. Auf alle Fälle wirst du dich friedlich verhalten. Du bist zwar unser Führer, aber nicht ein Feind von ihnen. Dir wird nichts geschehen.“
    „Herr, seit ich weiß, daß du den Melek Ta-us hast, bin ich ihr Hemscher (Freund, Genosse) nicht mehr. Ich werde mit dir kämpfen, wenn es nötig ist.“
    „Das verbiete ich dir! Du bist, wie ich sehe, ein wackerer Mann, aber dein Messer kann uns nichts nützen.“
    „So gib mir eine Waffe von dir!“
    „Du weißt nicht, wie diese Waffen zu gebrauchen sind.“
    „So tu, was du willst; ich aber schwöre dir beim Heiligtum von Adi, daß ich nicht von deiner Seite weichen werde.“
    Der brave Dscheside war trotz meiner vorher ausgesprochenen Worte und trotz seines einfachen Messers ein nicht zu unterschätzender Verbündeter. Er hatte Mut und mußte, nach seinen muskulösen Gorillaarmen zu urteilen, wahre Bärenkräfte besitzen. Wir drei hatten dreißig Kurden vor und zwanzig hinter uns; die Situation war also eine keineswegs angenehme für uns, aber unsere Waffen waren ihnen weit überlegen, und überdies war es noch gar nicht erwiesen, ob und daß ihre Gesinnung gegen uns eine feindselige sei. Ich hatte mich oft in noch schlimmeren Lagen befunden und mich doch immer glücklich herausgearbeitet.
    Wir ritten also auf die Höhe zu, den Zibar-Kurden gerade entgegen. Als sie dies bemerkten, hielten sie an und bildeten einen Halbkreis, in dessen Mitte sich der Anführer befand. Er trug nach kurdischem Gebrauch einen riesigen Turban von fast vier Fuß Durchmesser, ein enges, türkisches Gewand, welches von einem ledernen, mit Silberplatten verzierten Gürtel zusammengehalten wurde, und darüber ein Antari (weiter Kaftan) von rot- und schwarzgestreiftem Muster. Im Gürtel hatte er ein Messer und eine alte Pistole stecken, und quer über dem Sattelkopf hielt er eine lange persische Flinte, die mir nicht den geringsten Respekt einzuflößen vermochte. Seine Begleiter waren ähnlich gekleidet und trugen meist Luntenflinten oder sehr lange Bambuslanzen. Die Pferde waren mager und abgetrieben und die Reiter machten auf mich mehr den Eindruck einer Bettler-, als einer kurdischen Kriegerschar.
    Ein rascher Blick nach rückwärts überzeugte mich, daß auch die

Weitere Kostenlose Bücher